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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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schienen Bleigewichte zu hängen. Meine Haut war krebsrot und glänzte. Alles an mir fühlte sich kalt-klebrig an. Vielleicht eine Creme, die meinen Sonnenbrand lindern sollte? Vorsichtig rieb ich mir übers Gesicht. Irgendetwas war in meiner Armbeuge. Als ich den Arm ausstreckte, entdeckte ich ein Pflaster. Anscheinend hatte mir jemand eine Spritze gegeben. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Warum? Wer? Fernán? Wer sonst? Hatte sie mir helfen sollen aufzuwachen oder mich länger ins Reich der Träume schicken?
    Die Läden vor den Fenstern waren geschlossen, trotzdem konnte ich durch die Spalte das Gleißen der Sonne … Joaquín! Wenn es möglich war, saß ich noch ein Stück senkrechter. Ich wäre nicht hier, wenn sie ihn nicht auch nach Santa
Reyada gebracht hätten, oder? Und wenn Fernán bei mir gewesen war, hatte er sich bestimmt auch um Joaquín gekümmert. Blut. Überall …
    Ich hatte mich bereits halb aus dem Bett geschoben, als mir bewusst wurde, was ich tat: Ich wollte mich selbst davon überzeugen, dass er hier war; wollte wissen, wie es ihm ging. Die Füße schon auf dem Boden, hielt ich inne. War das tatsächlich mein Ernst? Mein ganzes Leben war ich davongelaufen. Vor ihm davongelaufen. Und jetzt machte ich mir Sorgen, wie es ihm wohl ging? Das konnte … das war absolut … verrückt. Okay, bis gestern war ich der Meinung gewesen, Tante María wäre tatsächlich meine Tante und wir wären die ganze Zeit nur auf der Flucht gewesen, weil sie mich vor ihm und den anderen Hexern der Hermandad beschützen und verstecken wollte, und heute … wusste ich nicht mehr, was ich diesbezüglich glauben sollte. Aber das änderte nichts an einer ganz bestimmten Tatsache: Er brauchte mein Blut, wenn er nicht noch mehr Nosferatu werden wollte. Oder endgültig. Ich war seine Sanguaíera, seine Blutbraut. Und das war letztlich die alles entscheidende Tatsache. Selbst wenn der Rest meines Lebens eine Lüge war, DAS war FAKT.
    Aber allein bei dem Gedanken, er – oder irgendein anderer, der war wie er – könnte seine Zähne in meinen Hals schlagen, um mein Blut zu trinken, nahm mir diese nur zu vertraute Panik die Luft. Ob ich wollte oder nicht, ich … hörte Tante María schreien, hörte sie betteln, sah wie der andere ihr die Fänge in die Kehle schlug, wieder, wieder … Alles in mir krümmte sich, wimmerte. – Ich konnte es nicht. Daran hatten auch die Stunden gestern im Tal nichts geändert. Auch die davor oben in seinem Laboratorium nicht. Oder all die anderen Gelegenheiten.
Ich. Konnte. Es. Nicht. ICH KONNTE ES EINFACH NICHT! Ich saß ja jetzt schon vollkommen verkrampft auf der Bettkante und umklammerte mich selbst mit den Armen. Es war verrückt. In meinem Verstand war mir klar, dass es verrückt war. Aber ich konnte es nicht abschalten. Konnte die Angst nicht abschalten. Und allein der Gedanke, er könnte … würde … Ich drückte die Arme fester gegen meinen Bauch, presste die Lider aufeinander. Aber trotzdem wollte ich mich vergewissern, dass mit ihm zumindest halbwegs alles in Ordnung war. So wie er an dieser Mauer gelehnt hatte … Hastig verdrängte ich das Bild, schob die Decke von meinem Schoß und stand auf.
    Ich stellte fest, dass meine Füße nackt waren, als ich die Ecke des Korridors fast erreicht hatte. Blass und schmal lugten sie unter meinen Jeans hervor. Unschlüssig blieb ich stehen. Sollte ich zurückgehen und mir Schuhe anziehen? Andererseits: Wofür brauchte ich Schuhe? Wie lange nagte ich eigentlich schon an meinem Daumen? Es war warm. Überall lagen Teppiche. Meistens zumindest. Es war eigentlich vollkommen unnötig … Das Klacken einer Tür ließ mich erstarren.
    »Und?« Rafaels Stimme. Er war also tatsächlich schon zurück.
    »Wie geht es ihm?« Cris. Offenbar standen beide vor Joaquíns Zimmer.
    »Den Umständen entsprechend. Die Wunden sind tief, waren aber nicht genug von den Krallen infiziert, als dass ich die Infektion nicht noch hätte stoppen können.« Blut. Da war so viel Blut gewesen. Überall. »Es tut weh. Entsprechend gereizt ist er. Aber ich werde den Teufel tun und ihm etwas gegen die Schmerzen geben. Anders bekommt man gewisse Dinge ja anscheinend
nicht in seinen Schädel. Dass ich ihm gesagt habe, er soll es die nächsten Tage locker angehen lassen, hat ihm auch nicht unbedingt gepasst.« Fernán. Ruhig und irgendwie angespannt zugleich. »Das Ganze wird meiner Einschätzung nach ohne Probleme abheilen. Es sollte ihm nur jemand mit den Verbänden zur Hand

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