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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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schmal. »Er hat dir tausendmal gesagt, dass es keine Absicht war; dass er jederzeit mit dir tauschen würde, wenn er könnte; er hat wie ein Besessener nach einer Möglichkeit gesucht, das Ganze rückgängig …«
    »Ja, klar. So getan hat er.«
    Rafael fletschte die Zähne. »Dein Bruder hat sich mit dem Zombie-Meister von New Orleans eingelassen, weil das Gerücht ging, Jean-Marc wüsste etwas darüber – «
    Cris grunzte verächtlich. »Die beiden kennen sich schon seit Jahren.«
    »Jemanden kennen und mit ihm einen Deal aushandeln … da gibt es einen Unterschied.«

    Cris schnaubte.
    Rafaels Grollen wurde dunkler. »Deinetwegen ist er beim Ordre zu Kreuze gekrochen. Hat darum gebeten, in die Archive in Rouen zu dürfen, um in den alten Aufzeichnungen aus den Anfängen nachsehen zu können, ob sie damals einen Weg kannten, um es rückgängig zu machen. Weißt du, was sie dafür wollten? Den Codex Sagradis. Sie haben sich auf eine Abschrift davon und auf Joaquíns Meisterstück geeinigt. Eine Abschrift, die sie anfertigen. Er hat den Codex Sagradis aus der Hand gegeben. Deinetwegen. Und er weiß nicht mit Sicherheit, ob er ihn tatsächlich jemals zurückbekommt. Deinetwegen ist er zum Verräter an der Hermandad geworden. Weißt du, was passiert, wenn das rauskommt?«
    »Ich habe ihn nicht darum gebeten …« Er verstummte mit einem Stöhnen, als Rafael seinen Arm noch ein bisschen mehr verdrehte.
    »Du elende kleine Ratte hast es immer noch nicht kapiert, oder? Man muss deinen Bruder nicht um solche Sachen bitten. Er …«
    »¿Qué diablos …? ¡Suelta!« Joaquín stand im Durchgang. Anscheinend alles andere als wirklich wach. Zumindest starrte er zu den beiden hinüber, als überlegte er, wo er in seinem Traum gerade falsch abgebogen war. Was nichts daran änderte, dass er unübersehbar wütend war. »¡Apártense! – Was ist hier los?«
    Abrupt ließ Rafael Cris los, hob die Hände und trat zurück. Kam vollkommen gelassen wieder zu mir herüber und nahm mir seinen Teller ab. »Nichts. Cris und ich sind klar miteinander. «
    Der hatte sich nicht minder abrupt aufgerichtet und umgedreht.
Ärgerlich funkelte er Rafael an. »Elender Bastard«, zischte er.
    Rafaels Lächeln war reine Liebenswürdigkeit. »Die Tatsache ist in diesem Haus allgemein bekannt, niño.« Er spießte ein Stück Speck auf und schob es sich in den Mund.
    Verwirrt blickte ich erst Cris, dann Rafael an. Bastard?
    Joaquíns Knurren zog mir den Magen zusammen. »Noch einmal: Was ist hier los?« Seine Stimme war sehr, sehr leise.
    »Nada.« Rafael hob die Schultern, während er sich das nächste Speckstück vornahm. »Nicht wahr, Cris?«
    Cris’ Antwort war ein mörderischer Blick, ehe er kehrtmachte und sich an seinem Bruder vorbei aus der Küche drängen wollte. Dessen Hand auf seiner Brust stoppte ihn. »Nein. Du bleibst!«, fuhr Joaquín ihn an, dann sah er zu mir. Der Ausdruck in seinen Augen schien zu sagen: ›Ich will mich jetzt nicht darum kümmern müssen, was auch immer es ist.‹ So verrückt es war: Plötzlich hatte ich Mitleid mit ihm. »Ich möchte mit dir reden, Lucinda. Würdest du bitte im Wohnzimmer auf mich warten? Nur einen Moment.« Ich glaubte das ›Ich muss hier vorher leider noch zwei Schädel gegeneinanderschlagen‹, zu hören, obwohl er es nicht aussprach.
    Eine Sekunde sah ich von einem zum anderen. Schließlich nickte ich: »In Ordnung«, stellte meinen Teller auf die Spüle, ging an Joaquín und Cris vorbei und aus der Küche. Ganz kurz überlegte ich, ob ich versuchen sollte, zu lauschen. Doch ich verwarf den Gedanken. Immerhin konnte ich mir denken, worum es gehen würde – nicht, dass ich sowieso besonders viel von dieser Unterhaltung verstehen würde, wie Joaquíns Stimme mir gerade bewies, die hinter mir aus dem Durchgang drang: Er sprach spanisch. Ebenso wie Rafael, als der antwortete. Und
ganz nebenbei kam ich mir seltsam schäbig dabei vor. Ich hatte in der vergangenen Nacht schon mehr als genug Dinge gesehen, die nicht für meine Augen bestimmt gewesen waren.
    Trotzdem ließ ich die Türen zum Wohnzimmer offen. Die rote Kerze war erloschen, in der Nacht fast vollkommen heruntergebrannt, das Wachs beinah über den ganzen Tisch geflossen. Die Bruchstücke eines Glases lagen darauf. Ich trat gerade zum Fenster, um dem Regen zuzusehen, als das Gebrüll losging. Mit einem bitteren Lächeln schaute ich zur Tür. Sie hatten überraschend lange gebraucht, um dieses Stadium zu erreichen. Offenbar brüllten

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