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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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drehte er sich wieder zu seiner Pfanne um. Während er versuchte zu retten, was noch zu retten war, wandte ich mich dem Kühlschrank zu. Beim Anblick der Tortenreste änderte ich meinen Plan.
    Ich holte einen Teller aus dem Schrank, schnitt mir ein Stück ab, fischte mir eine Gabel aus der Schublade, ging zur Tür nach draußen und öffnete sie. Ein Schwall kühler, feuchter Luft wehte
mir entgegen. Ich lehnte mich an den Rahmen – in letzter Minute erinnerte ich mich an meinen Sonnenbrand – und sah nachdenklich in den Regen hinaus, während ich in meinem Kuchenstück stocherte. Unter den Büschen neben dem Weg hatte das Wasser Furchen in den Boden gegraben.
    Nach einem Moment kam Rafael zu mir und lehnte sich an die andere Seite des Rahmens. Der Duft seines Specks wehte zu mir herüber. Schweigend sahen wir in das Prasseln hinaus.
    »In San Isandro heißt es, wenn es über Santa Reyada regnet, dann weinen die Engel über die verlorenen Seelen der Hexer dieser Familie«, sagte er irgendwann unvermittelt leise in unser Schweigen hinein.
    Ich sah ihn an. »Und? Ist es so?«
    Er hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich bin kein Engel.«
    Auch wenn er mit seinem Aussehen einem verdammt nahekam. »Wie lange kennst du Joaquín schon?«
    »Acht oder neun Jahre?« Er spießte ein Stück Speck auf.
    »Und wie habt ihr euch kennengelernt?« Ich tat das Gleiche mit einem Bissen Torte.
    Rafael neigte den Kopf zur Seite. Musterte mich. Der Speck schwebte ein paar Sekunden in der Luft, bevor er ihn sich in den Mund schob und kaute. Irgendwie … nachdenklich.
    »Estéban hat mich von einer seiner Suchen nach dir mit nach Hause gebracht«, erklärte er mir nach einem weiteren Moment.
    Überrascht runzelte ich die Stirn. »Das klingt, als wärst du ein streunender …« Ich verschluckte den Rest des Satzes.
    »… Hund gewesen?« Rafael legte den Kopf ein wenig mehr zur Seite. Seine Lippen zuckten in einem spöttischen Lächeln. »So was Ähnliches.«

    »Muss ich das verstehen?« Ich schob mir den Tortenbissen in den Mund.
    Er lachte. »Nein.«
    Aber offenbar hatte er auch nicht vor, es mir zu erklären. Ich schluckte das Stück hinunter. »Aha. Dann ist es ja gut.« Und musterte ihn meinerseits. »Was hatte das letzte Nacht eigentlich mit diesem ›Blut eines No…«
    »Guten Morgen.«
    Wir drehten uns gleichzeitig um. Cris durchquerte die Küche, auf dem Weg zur Kaffeemaschine.
    »Hältst du mal bitte, Lucinda?« Rafael legte die Gabel auf seinen Teller und drückte ihn mir in die Hand, noch ehe ich meine eigene richtig weglegen konnte. Ich griff einfach nur zu, sah zu, wie er auf Cris zumarschierte, ihn packte und umdrehte. Im nächsten Moment lag Cris bäuchlings mit dem Oberkörper auf der Arbeitsplatte neben dem Herd, einen Arm nach hinten zwischen die Schulterblätter verdreht, das Gesicht von Rafaels Ellbogen in seinem Nacken auf den Granit gepresst. Mir blieb der Mund offen stehen. Das Ganze war so schnell gegangen, dass Cris noch nicht einmal Zeit zu einem empörten Schrei gehabt hatte. Geschweige denn, um sich zu wehren.
    »Was zum …«
    Rafael erstickte Cris’ Protest, indem er den Druck seines Ellbogens ein wenig erhöhte.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, du elende Ratte. Noch so ein Ding wie letzte Nacht und wir beide unterhalten uns mal ernsthafter miteinander.«
    Cris’ Blick zuckte zu mir. »Ich habe keine Ahnung …«
    »Oh doch. Du kennst die Einzelheiten und ich auch.« Wie vertraulich beugte Rafael sich weiter über ihn. »Wir müssen sie
nicht noch mal erörtern. Weder hier noch zu einem späteren Zeitpunkt. Aber das eins klar ist: Wenn Joaquín dich das nächste Mal um einen solchen Gefallen bittet, wirst du kein Theater machen. Du gibst ihm, was er braucht. Und damit basta.«
    »Hat er dich geschickt?« Cris krallte mit der freien Hand nach hinten, versuchte, Rafael zu fassen zu bekommen. »Du kannst mich. Und mein Bruder genauso. Ich schulde ihm nichts. Gar nichts!«
    »Wie war das?« Mühelos wich der aus, verstärkte den Druck in Cris’ Nacken noch, bis er keuchte und würgte. Rafaels Stimme war zu einem Grollen geworden. Ich stand da und sah den beiden fassungslos zu. Die Teller nach wie vor dämlich in den Händen.
    »Du hast mich schon verstanden«, quetschte Cris gegen die Arbeitsplatte hervor. »Ich schulde ihm gar nichts. Immerhin habe ich es ihm zu verdanken, dass ich der Witz der Hermandad bin.«
    Abermals beugte Rafael sich näher zu Cris hinab. Seine Augen waren plötzlich gefährlich

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