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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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hier los, während ich weg war?«
    Joaquín ließ den Kopf wieder nach hinten gegen die Wand fallen. Die Bewegung wirkte müde. »Nichts.«
    Einen Moment schwieg Rafael. Sein Blick wanderte durch die Halle. Bis er unvermittelt aufstand. Hastig duckte ich mich tiefer in den Schatten. Wortlos ging er zu der Stelle, an der Joaquín und Cris vorhin gestanden hatten, bückte sich und fuhr mit dem Finger über etwas auf dem Fußboden, leckte es ab. Dann kehrte er zu Joaquín zurück und kauerte sich erneut vor ihn. »Ich will dir sagen, was während deines ›nichts‹ passiert ist: Nachdem du diese kleine Sintflut da draußen heraufbeschworen hast, musstest du trinken. Dringend. Da das Blut da auf dem Boden von Cris ist, es aber zu wenig ist, als dass ihr euch geprügelt haben könnt, nehme
ich an, du warst an seiner Vene. – Auch wenn ich das nicht ganz nachvollziehen kann, nachdem das ja eigentlich Lucindas Job wäre, aber meinetwegen; das ist euer Ding. – So wie du aussiehst, hat er dich bei Weitem nicht genug nehmen lassen. Habe ich recht?«
    Joaquín nickte nur.
    Rafael stieß ein Grollen aus. Doch als er dann wieder sprach, war sein Ton verwirrend sanft. »Dann nimm von mir, was du brauchst, Bruder.«
    »Das ist …«
    »… wahnsinnig nett von dir, Rafael? – Ja, ich weiß, man muss mich gernhaben. … nicht nötig? – Aber klar. Schau dich an.« Er beugte sich ein Stück weiter zu Joaquín. »Du kannst jetzt vielleicht Nein zu mir sagen. Aber vergiss eins nicht: Wenn du die Kontrolle verlierst, was glaubst du, an wessen Kehle du gehen wirst? Genau. An Lucindas. Was du ja im Moment offenbar noch zu vermeiden versuchst. Und noch etwas.« Er zog den Ärmel hoch, löste das Lederarmband mit dem Tribal-Muster von seinem Handgelenk und hielt es Joaquín hin, Innenseite nach oben. »Du gibst mir von deiner Macht, wann immer ich sie brauche. Dir im Gegenzug dafür auch einmal etwas von meinem Blut zu geben, ist da in meinen Augen nur fair. – Also komm schon.« Er drückte sich aus der Hocke hoch, packte Joaquíns Handgelenk und zog ihn ebenfalls in die Höhe. Dass der dabei zusammenzuckte, ignorierte er. Stattdessen ging er ins Wohnzimmer, setzte sich auf das Sofa und lehnte sich locker zurück.
    Joaquín war ihm gefolgt. Langsam. Beinah widerstrebend. Jetzt trat er ebenso langsam hinter die Lehne, hinter Rafael. Der legte den Kopf zur Seite und bot Joaquín seine Kehle an. Doch
im Gegensatz zu Cris tat er es ohne auch nur den Hauch von Abscheu oder Verachtung. Joaquín stützte sich zu beiden Seiten seiner Schultern auf der Lehne ab, beugte sich vor. Zögerte wieder. Rafael sagte etwas, zu leise, als dass ich es hätte verstehen können, blickte zu Joaquín auf, griff hinter sich, legte ihm die Hand in den Nacken. Und zog seinen Kopf zu sich herab, seinen Mund auf seinen Hals. Ich konnte sehen, wie Joaquín zubiss. Schnell. Und trank. Rafael schloss die Augen. Entspannte sich scheinbar vollkommen. Nur seine Hand blieb unverrückbar in Joaquíns Nacken.
    Er gab ihn erst dann wieder frei, als er der Meinung war, Joaquín hätte genug.

31
    A ls ich am Morgen die Läden vor den Fenstern aufstieß, stürmte es zwar nicht mehr, es regnete aber noch immer wie aus Kübeln. Der Himmel war grau und trüb, seltsam dunkel und die Wolken hingen so tief über der Sierra, dass es aussah, als würden sie kaum mehr als ein paar Handbreit von den Bergen in der Ferne trennen. Keine Spur von Flimmern. Dafür schien der Boden sich diesmal in einen echten See verwandelt zu haben.
    Auch wenn mein Magen es mir gestern nicht übel genommen hatte, dass ich ihn den ganzen Tag vernachlässigt hatte, heute erinnerte er mich an seine Existenz. Nachdrücklich. Also hastete ich ins Bad, um wenigstens zu duschen, ehe ich in die Küche hinunterging, um mir etwas zu essen zu machen.
    Doch als ich dann in meinem Kleiderschrank stand und nach etwas suchte, das sich mit meinen Jeans ebenso vertrug wie mit dem Wetter und meinem Sonnenbrand, hielt ich irgendwann mitten in der Bewegung inne, die Arme bis zu den Ellbogen in Shirts vergraben: Heute war der Tag, an dem ich von hier fortgehen würde. Der Gedanke war wie ein Eimer eiskaltes Wasser. Oder nein, viel eher ein Schlag über den Kopf, so … benommen, wie ich mich plötzlich fühlte. Ich würde von hier fortgehen. Heute. Für immer. Wohin? Nach Boston zurück konnte
ich ja schlecht, oder? Aber wohin dann? Natürlich hatte ich immer wieder darüber nachgedacht. Aber nur kurz, flüchtig. Das alles

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