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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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einmal mehrere Sekunden an, bevor er endlich sprach.
    »Zuallererst: Du bist nicht meine Gefangene! Und ich bedaure sehr, dass du dich offenbar im Moment als solche fühlst.«
    »Du hast mich entführen lassen, aber ich bin nicht deine Gefangene? « Ich konnte mir das beißende Schnauben nicht verkneifen.
    »Dass Rafael dich hierhergebracht hat, war nicht meine Idee.«
    »Ja, natürlich. Welchen Vorteil hat er wohl davon, dass ich hier bin?« Er konnte den Spott in meiner Stimme gar nicht überhören. Ich wischte abfällig mit der Hand durch die Luft. »Okay. Meinetwegen. Schwamm drüber. Aber wenn ich nicht deine Gefangene bin, warum lässt du mich nicht einfach gehen, sondern hältst mich gegen meinen Willen hier fest? Obwohl ich dir schon mehrfach gesagt habe, dass ich nicht hier sein will?«
    »Weil du nur hier auf Santa Reyada sicher bist. – So leid es mir tut, aber es ist besser, wenn du dich damit abfindest.«
    »Sicher vor wem? Ich bin bisher sehr gut allein klargekommen. Genau genommen eigentlich bis zu dem Zeitpunkt, als Rafael in mein Leben geplatzt ist und mich hierhergezerrt hat.«
»Bis zu diesem Zeitpunkt wussten die anderen auch nicht, dass es dich noch gibt.«
    »Welche anderen? Was soll das heißen, › wussten sie nicht, dass es dich noch gibt ‹?«
    »Die anderen Hexer der Hermandad. – Und vermutlich auch die des Ordre des Sorciers.« Er rieb über die Tätowierungen an seinen Unterarmen. »Jeder von uns kann eine Blutbraut fühlen. Sie sind wie Leuchtfeuer. Manche nur klein, andere … größer. Du aber, mi flor, warst bis zu jenem Tag, als Rafael dich in Boston aufgespürt hat, für keinen von ihnen existent. – Seitdem kommst du allerdings einem Waldbrand gleich.«
    Das hatte Rogier also damit gemeint, dass ich so ›gründlich verschwunden‹ gewesen wäre, als hätte jemand eine ›Verborgene‹ aus mir gemacht: Irgendjemand hatte offenbar tatsächlich bis jetzt verhindert, dass die anderen mich finden konnten.
    »Ob es dir gefällt oder nicht, Lucinda: Du bist eine Moreira. Die letzte. Solange du dich nicht an einen von uns gebunden hast, werden sie hinter dir her sein wie der Teufel hinter einer verlorenen Seele.«
    Plötzlich war mir alles andere als wohl in meiner Haut. »Und was ist an mir so besonders?«
    »Ich dachte, María hätte dir all die schrecklichen Dinge über uns haarklein erzählt?«
    »Und wenn. – Ich will es noch mal von dir wissen.« Warum eigentlich? Er würde mir doch garantiert nicht die Wahrheit sagen.
    »Kein Hexer, der mit einer Blutbraut deiner Familie verbunden war, ist jemals Nosferatu geworden. Ganz egal wie mächtig er war und ganz egal wie alt er wurde.«
    »Du meinst … bei anderen … ist das doch vorgekommen?«

    »Sehr, sehr selten zwar nur, aber … manchmal. Sí.«
    »Und ich bin die letzte Moreira?« Ich zog die Schultern hoch.
    »Soweit wir wissen.«
    Oh, mein Gott. »Und warum … Rogier hat gesagt … Er hat gesagt, er würde mich töten, wenn ich nicht …«
    »Er hat … was?« Seine Augen hatten sich jäh zu Schlitzen verengt. »Er hat wörtlich gedroht, er würde dich töten?«
    Warum wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich mit einem Ja ein Todesurteil aussprechen würde? »Nein!« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, er sagte, wenn ich für seine Familie nutzlos wäre, würde er mich vielleicht an den verkaufen, der am meisten für mich zahlt – oder mich ganz einfach verschwinden lassen.«
    »›Verschwinden lassen‹, ›töten‹ – es läuft auf dasselbe hinaus.« Die Worte waren eigentlich nur ein Knurren tief in seiner Kehle. Sie ließen mich schaudern.
    »Aber wenn ich so … so wertvoll bin, warum … Hätte er es wirklich getan?« Ich hatte Angst vor der Antwort.
    »In der Hermandad heißt es ›jeder gegen jeden‹. Loyalität gibt es unter den einzelnen Hexer schon lange nicht mehr – noch nicht einmal innerhalb der Familien –, nur Angst vor denen, die mächtiger sind. Dass wir jetzt darüber nachdenken, zumindest kurzfristig zusammenzuarbeiten, ist nur aus der Not heraus geboren. Und wo kann man uns leichter treffen als an unserer größten Schwäche: unseren Blutbräuten.« Er beugte sich ein Stück weiter vor, sah mich eindringlich an. »Eins muss dir klar sein, Lucinda: Wer dich tötet, besiegelt auch mein Todesurteil. Es ist allgemein bekannt, dass für mich nur eine Einzige als Blutbraut infrage kommt: du. – Theoretisch hätte es genügt, dich einfach nur wegzusperren und abzuwarten. Ohne
dich sind meine Tage

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