Bluteis: Thriller (German Edition)
irgendeinen Hinweis gibt, dann bekommen wir sofort Bescheid, das weißt du.«
»Sie sind seit mindestens zwei Wochen aus dieser verdammten Höhle weg. Keine Spur von denen. In welches Loch haben sie sich diesmal verkrochen?«
»Nicht in eine der winterbewarteten Hütten in der Schweiz, Österreich oder Italien. Wenn sie das getan hätten, hätte uns der jeweilige Alpenverein verständigt.«
»Ja, ja, Alpenvereinshüttenwarte. Wenn die jetzt schon Terroristenjäger sind, dann Prost!« Thien nahm einen großen Schluck von seiner Apfelschorle.
»Sie sind sicher über irgendeinen Weg nach Italien. Da versteckt es sich meinem Gefühl nach am leichtesten«, sagte Markus Denninger, und das auch bestimmt schon zum hundertsten Mal.
»Dein Gefühl in Ehren … Mein Gefühl sagt mir, dass sie zu den Osterbachern unterwegs sind, um sich dort reinzuhauen, irgendwie.«
»Schwachsinn. Sie sind alle offiziell für tot erklärt.«
»Warst du auch mal.«
»Bin ich immer noch.«
»Das ist ja mal endlich eine Neuigkeit.« Thien staunte nicht schlecht. »Dann weiß niemand, dass du Markus Denninger bist?«
»Niemand außer dir.«
»Und wenn ich das jemandem erzählt hätte?«
»Hätten sie dich für verrückt erklärt.«
»Mit Freunden wie dir braucht man keine Feinde, Markus.«
»Davon haben wir auch schon genug, findest du nicht?«
»Darauf noch mal: Prost!«
Samstag, 6. April, 19 Uhr 30
Hotel Schloss Osterbach
»Alles wunderbar gelaufen.« Sonndobler kam gerade aus der Dusche, als Annemarie Käppli durch die Verbindungstür zwischen ihrem einfachen Zimmer und seiner Suite trat. Sie war bereits fertig umgezogen für das große Galadiner, das um 20 Uhr im Konzertsaal des Hotels stattfinden sollte.
»Das freut mich. Auch die Russen?«, fragte Käppli nach.
»Die Amis, die Russen, die Chinesen. Alle wollen mich unterstützen. Die New Yorker haben wohl tatsächlich Wort gehalten und ihre Leute überall auf der Welt instruiert. Es ist eigentlich nur noch Formsache, dass sie mich beim Diner ausrufen.«
Sie ging zu ihm, zog ihm das Handtuch von den Hüften und nahm seinen Penis in die Hand, der sofort in Habtachtstellung halb erigierte. »Mein Held«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
»Jetzt nicht, ich muss in einer Viertelstunde unten sein.«
»Das schaffst du doch locker, mein Liebling«, gurrte sie und grub die Fingernägel in sein anschwellendes Teil.
»Lass es uns lieber später und in aller Ruhe machen. Heute stehe ich nicht bis um drei Uhr an der Bar, wir müssen morgen ja früh raus.« Er nahm ihre Hand von seinem Gemächt und verschwand in der Ankleide.
»Du hast recht, ich bin eh frisch geduscht und geschminkt.« Sie setzte sich ein wenig pikiert auf eine Couch, schlug die Beine übereinander und wartete, bis er in Hemd und Smokinghose aus dem begehbaren Schrank zurückkehrte.
Er band sich seine schwarze Schleife, schloss den Kummerbund und schlüpfte in die schwarz glänzenden Lackschuhe, die in der Garderobe standen. Dort hing auch die Jacke, die er überstreifte, um sich dann mit einem »Wie sehe ich aus?« vor Käppli aufzubauen.
»Wie der Chef der Osterbacher. Der Herr der Welt, des Sonnensystems und des Universums.«
Sonndobler lachte. »Ja, wenn’s nur so wäre.«
»Was würdest du dann tun, Albert?«
Sonndobler drehte sich um und blickte lange in den Spiegel, der neben der Garderobe hing. Schließlich sagte er: »Ich würde die Ungerechtigkeit aus der Welt schaffen. Ich würde dafür sorgen, dass kein Kind mehr verhungert auf dieser Welt.«
»Warum tust du es nicht?«
Wieder brauchte Sonndobler eine gerüttelte Zeitspanne, um seine Gedanken zu ordnen und eine Antwort zu finden. »Ganz ehrlich? Weil ich nicht weiß, wie man es anstellt. Das menschliche Dilemma. Je besser es den Menschen geht, desto stärker vermehren sie sich. Und dann reicht es nicht mehr für alle. Das ist bei allen Populationen so. Überbevölkerung führt in die Katastrophe. Stichwort Lemminge. Auch wenn widerlegt ist, dass sie Massenselbstmord begehen, in dem sie von Klippen springen, so führt ihre hohe Vermehrungsrate doch zu Massenwanderungen, auf denen sie sterben. Beim Menschen ist es das Gleiche. Sollen wir also mit Medizin und Hygiene dafür sorgen, dass jedes Kind in Afrika und Asien überlebt? Oder, ganz hart gesagt, sollten wir froh sein über jedes Leben, das vergeht, bevor es weiteres Leben in die Welt setzt?«
»Ich habe dich gefragt. Gegenfragen sind nicht erlaubt.«
Er drehte sich wieder zu ihr um. »Ich kenne
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