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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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hundert Metern bog die Via Gunels rechts nach Champfer ab. Dort war der erste Halt der Jagd vorgesehen, der Gourmet-Tempel Talvo. Bevor die Teilnehmer dort eine Stärkung zu sich nehmen konnten, mussten sie zunächst bei eisigen Temperaturen den Fluss durchqueren. René kannte die Stelle genau. Er verließ die Straße nach links, überquerte ein Schneefeld und hielt wenige Meter vor der Böschung.
    »Ideal für ein Foto!«, rief er Thien nach hinten zu. »Hier drüben kommen sie in ein paar Minuten aus dem Wald.«
    Thien stieg vom Quad und nahm mit dem mittleren Teleobjektiv auf der Kamera Stellung.
    Es dauerte tatsächlich nicht lange, und die ersten roten Flecken schimmerten durch die Bäume auf der anderen Seite des Flussufers. Der Fuchs war immer noch nicht eingeholt, und da Paul Wyss seine Hausstrecke kannte und sein Pferd offenbar kein Problem mit dem fast bauchtiefen Eintauchen in winterlich kaltes Flusswasser hatte, machte er hier weiteren Boden gut. Thien drückte den Auslöser und konzentrierte sich darauf, von jedem Reiter möglichst ein gutes Einzelbild zu bekommen. Die ersten Pferde des Hauptfeldes sprangen ebenfalls ohne zu zögern in den Inn, machten darin vier bis fünf Sätze und kamen wenige Meter von Thien, René und dem Quad entfernt wieder ans Trockene. Dann preschten sie weiter in Richtung der Verpflegungsstation, deren weithin bekannte Auszeichnung mit Gault-Millau-Punkten den Reitern eine erfreuliche Pause versprach. Thien erkannte die berühmte ehemalige Tennisspielerin sowie die amtierende Miss Schweiz in der Führungsgruppe; beide, so hatte er im Internet recherchiert, waren sehr gute Reiterinnen. Es folgten ein deutscher Bankenvorstand aus Frankfurt am Main, der Erbe eines italienischen Nudelfabrikanten und ein deutscher Schlagersänger, der seinen Wohnsitz bereits in den achtziger Jahren in die steuerlich günstigere Schweiz verlegt hatte. Auch sie meisterten die Durchquerung.
    Dann kam das letzte Drittel an die Schlüsselstelle. Ein Schimmel scheute vor dem Wasser und warf seine Reiterin beinahe über den Hals nach vorn ab. In letzter Sekunde konnte sie sich halten. Thien hatte alles auf Bild, auch wie sich einige Pferde schlicht weigerten, die Hufe ins Wasser zu setzen. Die Teilnehmer mussten ihre Tiere über die kleine Brücke weiter rechts führen. Irgendwann schienen alle Pferde an ihnen vorbei zu sein, denn aus dem Wald war schon lange niemand mehr herausgeritten. Jemand fehlte Thien. Wo war die Prinzessin mit dem seltsamen Namen? Nein, etwas Rot- und Pinkfarbenes war in der letzten Viertelstunde, die sie hier standen, nicht durchgekommen. Das hätte er gesehen. Zur Sicherheit schaute er auf dem Monitor der Kamera die vielen Fotos durch, die er bereits gemacht hatte. Aber darauf entdeckte er die Farbe Pink nicht. War Prinzessin Myulalami II. aus dem Rennen ausgeschieden, irgendwo abgestiegen?
    »René, wir müssen die Prinzessin mit der Startnummer dreizehn suchen. Sie ist nicht durchgekommen.«
    »Warten Sie, ich frage beim Chef nach, ob sie bei der Pausenstation steht.« René zückte sein Handy und wusste eine Minute später, dass auch vor dem Gourmet-Restaurant niemand mit pinkfarbener Ausrüstung eine heiße Suppe schlürfte, die dort im Einweckglas direkt ans Pferd gebracht wurde.
    Thien und René fuhren über die kleine Brücke, über die vor wenigen Minuten die kleineren Pferde und die Verweigerer geritten waren, zurück in den Wald und schlugen den Weg ein, den die Pferde gekommen waren.
    Kaum dass sie dreihundert Meter in den Wald eingedrungen waren, stand da ein Rappe mit pinkfarbenen Gamaschen und einer pinkfarbenen Decke unter dem hellbraunen Sattel. Eine Reiterin saß nicht auf dem Pferd. Es lief nicht vor ihnen weg, es stand einfach zwischen den Bäumen und schaute sie neugierig an. Sie ließen es stehen und fuhren langsam den Waldweg weiter. Rechts oder links würde gleich eine rot bejackte Person im Schnee liegen, da war sich Thien ganz sicher. Er starrte zwischen den Bäumen hindurch und suchte den Boden ab. René tat dasselbe. Er war es, der einen Steinwurf vom Hauptweg entfernt etwas Rotes entdeckte. Es lag nicht am Boden. Es baumelte in der Luft. Unter dem roten Fleck hingen zwei Beine in weißen Reithosen und rotbraunen Jagdstiefeln. Als sie näher kamen, sahen sie, dass Prinzessin Myulalami II. mit dem Hals in einer Astgabel hing. Ihre Augen waren weit aufgerissen und schauten in Richtung Fluss. Ihr Mund war halb geöffnet, und die blau gefärbte Zunge hing

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