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Bluteis: Thriller (German Edition)

Bluteis: Thriller (German Edition)

Titel: Bluteis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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einem Jahr wieder beim nächsten Osterbach-Treffen dabei sein zu dürfen und unter Umständen Bericht erstatten zu müssen.
    Die Männer des Harten Kerns standen pünktlich um 19 Uhr im großen Salon der Präsidentensuite des Steigenberger Grandhotel Belvédère Davos. Keiner fehlte. Niemand musste extra anreisen, denn sie alle waren ohnehin auf dem Weltwirtschaftsgipfel. Er war ihre Bühne, auf der sie zeigen konnten, dass sie alle an Wohlstand und Frieden interessiert waren. Albert Sonndobler wurde erst da gewahr, dass er nicht nur im Lenkungsausschuss, sondern im Harten Kern aufgenommen worden war. Eine solche Aufnahme geschah ganz einfach durch Einladung seitens des Vorsitzenden. Aufnahmerituale, Zeremonien oder Urkunden gab es in dieser verschworenen Gesellschaft nicht. Hier hatte man für dergleichen keine Zeit.
    Die Männer des Harten Kerns plauschten in kleinen Grüppchen miteinander. Der Vorsitzende des Lenkungsausschusses, der Deutsch-Amerikaner Axel Kayser, von allen Vertrauten nur Lex gerufen, was seinen Entscheidungen den Nimbus einer lex kayser verlieh, war noch nicht erschienen. Jeder einzelne der zwölf Anwesenden wunderte sich wahrscheinlich genauso wie Sonndobler, warum Kayser dieses Meeting einberufen hatte. Doch darüber zu sprechen verbot sich. Männer dieses Kalibers gaben nie eine Unsicherheit oder gar ihr Unwissen über irgendetwas vor anderen zu. Und außerdem würden sie in wenigen Minuten wissen, was Sache war. Eine außerordentlich anberaumte Sitzung des Harten Kerns war eine Angelegenheit, die eine ernste Lage nicht nur andeutete.
    Drei Minuten nach sieben öffnete sich eine Tür in der Bücherwand. Axel Kayser betrat den Raum. Seine Tritte wurden von der hochflorigen Auslegeware geschluckt. Kayser kam allein. Kein Assistent und kein Sicherheitsmann begleiteten ihn. Er war kleiner als die meisten Männer, die ihn in einem Halbkreis umringten. Sein schneeweißes Haar war nach dem Stil der amerikanischen Militärfrisur hinten hochrasiert und streng gescheitelt. Der Anzug aber verriet höchste italienische Schneiderkunst. Seine Krawatte trug eines der feinen und unaufdringlichen Muster, das Hermès verwendete. Und doch gab es dieses Muster nur einmal auf der Welt. Nachdem eine der Banken, die seinem Versicherungskonzern gehörte, die Hausbank der Familie Hermès war, lieferte ihm das Luxusunternehmen Einzelanfertigungen. Seine Schuhe stammten entsprechend vom König der Schuhmacher aus London, John Lobb – ebenfalls einem Hermès-Unternehmen.
    »Einen schönen guten Abend, Gentlemen«, sagte er in seinem Englisch, das eher der Herkunft seiner Schuhe als seiner Frisur entsprach. Nur selten hörte man die sprachlichen Wurzeln seines amerikanischen Vaters. »Ich freue mich, dass Sie es einrichten konnten. Es tut mir sehr leid, dass ich Ihre Terminpläne durcheinandergebracht habe. Aber ich verspreche Ihnen, dass Sie in spätestens sechzig Minuten diesen Raum wieder verlassen können. Es erübrigt sich, Sie darauf hinzuweisen, dass nichts von dem, was hier besprochen wird, jemals außerhalb dieser Wände erwähnt werden darf.«
    Eine Antwort der Umstehenden war nicht vorgesehen. Kayser zog eine kleine schwarze Plastikbox aus seiner rechten Hosentasche und drückte einen Kopf. Daraufhin erschien auf dem großen TV-Bildschirm, der an der Stirnseite des Salons in die Wand eingelassen war, der einfache Osterbach-Schriftzug. Axel Kayser ging aus der Mitte der Männer nach rechts zur Wand und stellte sich vor dem Bildschirm auf. Sie drehten sich zu ihm um und lauschten gespannt.
    »Gentlemen, wir haben ein Problem«, begann er. »Dieses Problem heißt Kisi.« Axel Kayser klickte auf den Knopf des Kästchens in seiner Hand. Auf dem Bildschirm erschien das Bild eines halbwüchsigen und sehr hübschen afrikanischen Mädchens.
    Einige Männer räusperten sich. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass ein junges afrikanisches Mädchen ein Problem für sie darstellte.
    Axel Kayser fuhr fort. »Die junge Dame, die Sie auf diesem Bild sehen, ist nicht Kisi. Das Bild stammt aus einer Bildagentur. Wir wissen nicht, wie Kisi heute aussieht. Aber das spielt keine Rolle. Denn Kisi ist eigentlich tot.«
    Ein Raunen erhob sich innerhalb der Zuhörer. Was sollte dieses seltsame Referat?
    »Sie kam um, als vor neunundzwanzig Jahren ihr Dorf in Ghana von Prospektoren der niederländischen Firma PalmCorp dem Erdboden gleichgemacht wurde. Ein bedauerlicher Zwischenfall einer unerfahrenen Crew. Wie dem auch sei, die

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