Bluterde
darin verwickelt sein sollte, war neu für ihn.
Er konzentrierte sich wieder auf das Verhör.
»Schon gut. Und der hier?«
McAllister legte ein weiteres Foto vor Nbeli auf den Tisch. Der Geschäftsführer biss sich auf die Unterlippe und schwieg.
»Strapaziere nicht unsere Geduld, mein Freund«, sagte Christopher Sikibi, ohne Nbeli auch nur anzusehen.
»Also? Wer ist das?«
Nbeli fegte genervt das Bild vom Tisch.
»General Basabo. Ihm gehört die Intermet in Bukavu.«
»Ihm alleine?«, hakte McAllister sofort nach.
Nbeli setzte ein trotziges Gesicht auf und zuckte mit den Schultern.
»Glauben Sie, die haben mir alles verraten? Ich bin in dem ganzen Spiel nur ein kleines Licht. Haben Sie ja selbst gesagt.«
Ein selbstgefälliges Grinsen erschien auf seinen Lippen.
»Ist Reinharz euer größter Abnehmer für Coltan?«, änderte McAllister sofort seine Strategie. Nbeli wirkte überrascht von dem schnellen Themenwechsel. Seine Fuchsaugen flitzten zwischen den Männern hin und her.
»Ja.«
In seiner Stimme lag Verunsicherung.
»Kauft Reinharz das Erz ganz offiziell? Oder gibt es hier auch spezielle ›Verbindungen‹?«
»Alles ganz legal. Können Sie in meinen Büchern nachlesen. Schneider hat die Firma irgendwann angeschleppt. Seither ist Reinharz Kunde. Mehr weiß ich nicht.«
Das erste Mal, dass Nbeli ohne Zögern Auskunft erteilte. Für McAllister ein Indiz, dass er möglicherweise die Wahrheit sagte. Schneider, immer wieder Schneider. Hatte er sich bei seinen Ermittlungen auf den falschen Mann konzentriert? Schneider spielte bestimmt eine wichtige Rolle, aber sein Instinkt sagte ihm, dass Messner der Kopf der Kobra war.
McAllister lag auf dem Hotelbett, die Flasche Bier in seiner Hand war halb leer. Er war todmüde und gleichzeitig seltsam aufgekratzt. Sein Kopf summte wie ein Bienenstock. Er kannte dieses Phänomen schon von seinen Einsätzen in Südamerika. Schlafentzug hatte immer diese Wirkung auf ihn. Er starrte auf das Handy, das neben ihm auf der Bettdecke lag. Waterman, sein Chef, erwartete seinen Anruf. Er nahm noch einen Schluck Bier gegen den trockenen Mund, dann gab er sich einen Ruck und griff nach dem Telefon.
»Sie haben mich lange warten lassen. Wie ist es gelaufen?«
Mit knappen Worten schilderte McAllister seinem Chef die Befreiung von Lea.
»Ist Dr. Winter noch in Kigali?«
»Sie wird heute Abend nach Deutschland ausgeflogen.«
McAllister gab Waterman einen kurzen Überblick über die Durchsuchung bei Avomex und das Verhör mit dem Geschäftsführer.
»Sie lagen also mit Ihrer Vermutung über Messner richtig.«
»Sieht danach aus. Aber die Sache ist komplizierter, als ich dachte. Bisher hatten wir nur Messner im Visier, Schneider ist eine neue Figur in diesem Spiel.«
»Schneider?«
»Vorstand Einkauf von Movia, und wie ich mittlerweile weiß, auch Geschäftsführer der Convia.«
»Convia? Ich dachte, wir sprechen über Movia? Klären Sie mich auf, Ian!«
»Convia ist eine hundertprozentige Tochter der Movia.«
»Wieso habe ich vorher noch nie etwas von Convia gehört?«
McAllister grinste. Ihm war es heute Nachmittag genauso ergangen. Seine Ermittlungen hatten sich bisher auf Messner konzentriert. Der Marketingvorstand spielte keine Rolle bei Convia, also war die Tochterfirma nur routinemäßig überprüft worden. Mit dem Auftauchen von Schneider hatte sich die Situation schlagartig verändert.
»Raten Sie mal, was Convia so treibt.«
»Ist das hier ein Bericht oder ein Quiz?«, fragte Waterman ungehalten. McAllister ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und nahm noch einen Schluck aus der Flasche. Es war sein Moment und er wollte ihn auskosten. Seine Müdigkeit war plötzlich wie weggeblasen.
»Convia produziert Kondensatoren und elektrische Bauteile, die an Movia und andere Unternehmen verkauft werden.«
Er machte eine kurze Pause.
»Zufällig steuert Schneider sowohl den Einkauf von Movia als auch Convia.«
McAllister konnte beinahe hören, wie Watermans Gehirn auf Hochtouren arbeitete. Das Kratzen im Hintergrund verriet ihm, dass sich sein Chef Notizen machte.
»Damit ich das alles richtig verstehe: Messner und Schneider gehört Avomex. Und Avomex schmuggelt Blutcoltan aus dem Kongo und wäscht es in Ruanda weiß.«
»Korrekt.«
»Und in Deutschland entscheidet Schneider für Convia, bei wem Coltan eingekauft wird?«
»In gewisser Weise. Coltan selbst kann Convia nicht verarbeiten, sie brauchen für ihre Kondensatoren Tantal, das daraus gewonnen
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