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Bluterde

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Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
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Weg. Um sich wieder auf Kurs zu bringen, griff Lea nach einer wissenschaftlichen Veröffentlichung über evolutionäre Anthropologie, die sie schon lange durcharbeiten wollte. Prompt musste sie den ersten Absatz zwei Mal lesen, bevor ihr Gehirn die Arbeit aufnahm. Gerade als sie anfing, mit dem sperrigen Thema warm zu werden, klingelte das Telefon. Nicht jetzt, dachte sie und schielte mit einem Auge auf das Display. 00243 … ein Anruf aus dem Kongo! Sie riss den Hörer aus der Station.
    »Femi!«
    Knistern und Knacken drang an ihr Ohr, dazwischen ein leises »Hallo Lea«.
    Seine Stimme klang wie aus einem anderen Universum.
    »Schlechte Nachrichten. Crocodiles Männer haben drei unserer Gorillas getötet.«
    Obwohl die Verbindung schwach war, konnte Lea ihn atmen hören.
    »Lea, bist du noch dran?«
    Sie versuchte, ihre Gedanken zu sammeln. Eine Frage lag ihr auf den Lippen. Sie hatte Angst vor der Antwort.
    »Wen haben sie erwischt?«
    »Kimbangu und Kono …«
    Er machte eine Pause.
    »Und Milla.«
    Das Blut in Leas Ohren rauschte wie ein Orkan. Ihr Gehirn schaltete auf Leerlauf. Im Vakuum ihres Denkens tauchte das versonnene Gesicht von Milla auf. Ihrem Patenkind. Sie durfte damals den Namen für die kleine Gorilladame aussuchen. Eine nette Geste von Femi. Leas Augen brannten. Sie brauchte eine halbe Ewigkeit, um ihre Stimmbänder wieder in Bewegung zu bringen.
    »Oh Gott, Femi!«
    »Ich erspare dir die Details. Eine Kopie meiner Videoaufnahmen und ein Bericht sind schon auf dem Weg zu euch. Du kannst es dir selbst ansehen, wenn du in der Verfassung dazu bist.«
    Femis nüchterne Art überraschte sie, aber half ihr, den Schock etwas abzuschütteln.
    »Was ist mit Kivu?«
    »Wir wissen es nicht. Er war nicht bei Milla. Gut möglich, dass sie ihn verschleppt haben.«
    Lea schob den Unterkiefer nach vorne.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Ich war bereits bei Vitale Matete von der Parkaufsichtsbehörde. Er ist unser Freund – eigentlich.«
    »Was heißt das?«
    Sie hasste es, wenn sie Femi alles aus der Nase ziehen musste.
    »Nichts. Er wird uns nicht helfen. Das Eisen ist ihm zu heiß!«
    Lea schlug mit ihrer Faust so heftig auf den Schreibtisch, dass Stifte, Tasse und die Ladestation des Telefons einen Satz machten.
    »Das kannst du doch nicht einfach so akzeptieren! Schließlich geht es hier um Gorillas, die in seinem Park getötet wurden!«
    »Verdammt, Lea, wir sind hier im Kongo! Vitale steht bei einigen Leuten ganz oben auf der Abschussliste – und das meine ich wörtlich. Er muss höllisch aufpassen.«
    »Dann sag mir endlich, was wir tun können, und nicht, was wir nicht tun können«, brüllte sie in den Hörer.
    »Besorg mir zusätzliche Ranger und Waffen. Das macht das Leben für uns und die Gorillas sicherer.«
    Lea dachte nach. Messner hatte bei ihrem letzten Gespräch angedeutet, dass Movia eventuell bereit wäre, das Gehalt für einen weiteren Wildhüter zu übernehmen. Wenn sie es klug anstellte, konnte sie ihm vielleicht auch zwei aus dem Kreuz leiern.
    »Okay. Ich tu, was ich kann. Aber Milla und Kivu hilft das auch nicht mehr. Was ist mit der Armee?«
    »Welche meinst du? Die Blauhelme? Oder die kongolesische Armee?«
    »Ich denke nicht, dass die UN-Truppen wegen ein paar toter Gorillas im Kahuzi-Biega-Nationalpark einmarschieren werden, oder? Natürlich meine ich die kongolesische Armee!«, gab Lea zurück.
    »Habe ich kurz darüber nachgedacht. Aber das ist zu gefährlich. Viele Befehlshaber der kongolesischen Armee haben verdammt gute Verbindungen zu den Rebellen und machen mit ihnen gemeinsame Sache.«
    »Wie hältst du es in diesem Land nur aus, Femi?«
    Anstelle einer Antwort kam ein monotones Rauschen aus dem Hörer. Lea hatte das Gefühl, in Treibsand zu versinken. Sie wäre am liebsten nach Hause gegangen und unter ihre Bettdecke gekrochen. Ein unangenehmes Jucken in der rechten Handfläche lenkte sie ab. Lea entdeckte einen roten Fleck am Daumenballen. Ihr Mund wurde trocken. Was war das? Mit einem feuchten Reinigungstuch säuberte sie panisch ihre Hand, das Telefon, die Schreibtischplatte und ihre Computertastatur. Der Dreck in der Großstadt machte sie verrückt. Aber das Wischen über die Tastatur brachte sie auf eine Idee. Sie würde Ian McAllister eine eMail schreiben. Wenn nicht die Environmental Crime Unit von Interpol helfen konnte, wer dann? Drei tote Gorillas waren in ihren Augen ein Umweltverbrechen und sollten demnach in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Sie schrieb eilig

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