Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bluterde

Bluterde

Titel: Bluterde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Praxmayer
Vom Netzwerk:
viel zu sehen, rollte sie das Seil, das einmal ihre Fessel gewesen war, auf. Ein Stein, den sie beim Graben gefunden hatte, komplettierte das Arsenal. Sollte er nur kommen, dieses Mal war sie vorbereitet. Sie würde die Tür die ganze Nacht im Auge behalten. Dachte sie zumindest. Aber sie hatte die Rechnung ohne Morpheus gemacht. Schon wenig später sank ihr Kinn an die Brust. Ein zischendes Geräusch riss sie aus dem Schlaf. Intuitiv griff sie nach dem Messer und ging in die Hocke. Sie lauschte angestrengt in die Dunkelheit, die jetzt vom silbrigen Mondlicht gemildert wurde. Da war es wieder, dieses Zischen. Vorsichtig richtete sie sich auf und starrte zur Tür. War da jemand? Leise tastete sie sich die Bretterwand entlang, um besser sehen zu können. Tatsächlich, die Tür öffnete sich Millimeter für Millimeter. Lea umfasste das Messer fester. Ihre Knie waren weich wie gekochte Spaghetti. Eine Hand tauchte auf und plötzlich schob sich Rana durch den schmalen Spalt. Lea atmete erleichtert aus. Die Frau wedelte hektisch mit der Hand, bedeutete ihr, zu folgen. Mit zwei Schritten war Lea bei der Strohmatte, raffte schnell Seil, Wasser und ihre kargen Vorräte zusammen. Dann schlich sie zurück zu Rana, die nach ihrer Hand griff und sie fest umklammerte. Lea spürte, dass sie zitterte. Die beiden Frauen quetschten sich durch die schmale Öffnung und drückten sich in den Schatten der Hütte. Schulter an Schulter standen sie da und warteten, aber nichts rührte sich. Die Baracken sahen aus wie schwarze Quader, die in mehreren Reihen um den Platz standen. Nirgends brannte Licht, keine Stimmen waren zu hören. Rana schlich barfuß vor ihr her, darauf bedacht, keinen Lärm zu machen. Am Rande des Camps blieb sie stehen und deutete mit ihrer Hand nach links.
    »Garde!«, flüsterte sie Lea ins Ohr.
    Lea nickte. Dann zeigte Rana nach rechts.
    »Jungle.«
    Lea hatte verstanden. Sie würde nach rechts und damit der Wache aus dem Weg gehen. Lea umarmte ihre Freundin ein letztes Mal und schlüpfte leise in den Wald. Keckern, Gurren und Zirpen umfingen sie in der Dunkelheit. Das Messer fest in der Hand, zwang sie sich, tiefer in den Dschungel zu gehen. Etwas streifte ihr Gesicht, nur mit Mühe konnte sie einen Aufschrei unterdrücken. Weiter!, ermahnte sie sich selbst. Vorsichtig setzte sie die Sohle ihres Wanderschuhs auf den weichen Boden. Nur auf keinen Ast treten! Plötzlich schnitten laute Rufe durch die Stille. Lea hörte Türen knallen, das Trampeln von Füßen, Männer, die durcheinanderbrüllten. Sie erkannte die bellende Stimme des Preisboxers. Ein Scheinwerfer schickte seinen Finger in die Dunkelheit. Lea war wie elektrisiert. Sie hatten ihre Flucht bemerkt! Ohne eine Sekunde nachzudenken, rannte sie tiefer in den Wald. Sie fiel, rappelte sich wieder auf, lief weiter. Dornen zerkratzten ihr das Gesicht, mit ihrer Schulter touchierte sie einen Baumstamm und ein stechender Schmerz fuhr ihr in den Arm. Sie achtete nicht darauf. Schneller, schneller, schrillte es in ihrem Kopf. Sie drehte sich um und sah das grelle Licht des Scheinwerfers in ihre Richtung kriechen. Mist, sie hatten sie gehört. Ihre Lungen brannten, aber sie zwang sich, weiterzulaufen. Der Boden unter ihren Füßen wurde fester, ebenmäßiger. Ein Weg! Sie mobilisierte ihre letzten Reserven. In ihrem Rücken tauchte ein helles Geräusch auf – es klang wie ein aggressives Insekt. Aber dafür war es zu laut. Sie riskierte einen Blick nach hinten und sah ein kleines Licht auf und ab hüpfen. Egal! Weiter! Schwer klatschten ihre Füße auf den Boden, der Atem dröhnte in ihren Ohren. Sie strauchelte, konnte aber den Sturz in letzter Minute abfangen. Das metallische Surren kam näher. Schlagartig wurde es so hell, dass sie den Pfad deutlich vor sich sehen konnte. Bevor ihr klar wurde, was das bedeutete, traf sie ein Stoß in den Rücken. Sie schlug so hart der Länge nach hin, dass es ihr die Luft aus den Lungen trieb. Es stank nach Auspuffgasen. Lea stemmte sich auf die Knie und sah ein Motorrad, das ihr wie ein wütender Stier gegenüberstand. Sie konnte den Fahrer nicht erkennen, zu stark blendete sie der Scheinwerfer. Lea versuchte, die Entfernung bis zum Unterholz abzuschätzen. Ihre einzige Chance, dorthin konnte er ihr mit dem Motorrad nicht folgen. Ohne den Blick von ihrem Verfolger zu nehmen, zog sie langsam einen Fuß nach vorne. Mit einer schnellen Bewegung stieß sie sich vom Boden ab und sprintete der Dunkelheit entgegen. Das Motorrad röhrte

Weitere Kostenlose Bücher