Bluterde
fahren ins Präsidium. Bin gespannt, ob Okito noch etwas Brauchbares gefunden hat.«
Im Polizeipräsidium zogen sich die drei Männer sofort in das Büro des Polizeichefs zurück. Okito schloss die Tür und stellte das Telefon um. Seine Laune hatte sich sichtlich gebessert und wurde im Verlauf des Gespräches noch besser. Als Femi seinen Bericht abgeschlossen hatte, faltete Okito seine Hände über dem Bauch.
»Sehr schön! Ich glaube, dieses Mal haben wir wirklich eine heiße Spur.«
Er machte eine übertrieben lange Pause und schien es zu genießen, McAllister auf die Folter zu spannen. Jetzt war er am Drücker. Er wusste, dass er nach Okitos Regeln spielen musste, also hielt er den Mund.
»Übrigens«, begann Okito beiläufig, »war in dem Buch kein Eintrag über eine Lieferung nach Ruanda heute Morgen zu sehen.«
Er zog einen Mundwinkel nach oben und ein schiefes Grinsen erschien auf seinem Gesicht.
»Der Vorarbeiter muss sich wohl getäuscht haben.«
Gerade als McAllister nachhaken wollte, hob Okito die Hand, wie ein Dirigent, der von seinem Orchester ein piano einfordert.
»Was mir beim Durchblättern allerdings aufgefallen ist: Intermet hat einen Kunden in Ruanda, an den sehr regelmäßig kleinere Mengen Coltan geliefert werden. Avomex, wenn ich mich recht erinnere.«
McAllister war wie elektrisiert.
»Avomex? Sind Sie sich ganz sicher, Jean-Paul?«
»Was heißt hier sicher? Ich konnte in der Kürze doch nicht alle Einträge im Detail überprüfen. Sie waren doch dabei!«
Okito schaute ihn entrüstet an.
»Aber Avomex ist mir ins Auge gestochen, weil dieser Firmenname als einziger in Großbuchstaben geführt wird. Und er ist auf jeder Seite mehrfach auftaucht.«
McAllisters Hirn arbeitete auf Hochtouren. Da war sie, die Nadel im Heuhaufen, und blitzte ihn verführerisch durch die Halme an.
»Was mich irritiert«, hob Okito noch einmal an, »sind diese lächerlich kleinen Coltanmengen, die Intermet an Avomex liefert.«
Femis dröhnendes Lachen brachte ihn aus dem Konzept, er verstummte.
»Milchmädchenrechnung. Der Kerl will Exportsteuer sparen. Außerdem hat er keinen Bock, dass jemand etwas über seinen Handel mit illegalem Coltan aus dem Nationalpark herausfindet. Er schafft den größeren Teil der Lieferung bei Nacht und Nebel über die Grenze – mit dem Boot über den Kivu-See oder mit LKWs auf dem Landweg.«
Okito schickte einen skeptischen Blick in Richtung McAllister.
»Er hat recht«, bestätigte der Engländer Femis Ausführung.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass AVOMEX mehr Coltan nach China, Deutschland und sonst wohin aus Ruanda exportiert, als sie offiziell aus dem Kongo einführt. Sie werden diese Differenz damit begründen, dass sie hauptsächlich mit Coltan handeln, das in Ruanda geschürft wird, und nur winzige Mengen aus dem Kongo zukaufen.«
McAllister machte eine Pause.
»Dummerweise gibt es in Ruanda nur kleine Coltanvorkommen.«
Der Satz hing wie eine reife Frucht, die jede Sekundein pathologisches Misstrauene zerplatzen konnte, über ihren Köpfen. Okitos Blick wanderte irritiert vom einen zum anderen, als ob er nicht recht glauben mochte, was er da hörte.
»Sie wollen uns doch nicht weismachen, dass Sie diese Praktiken nicht kennen?«, wandte sich Femi an den Polizeichef. Seine Stimme hatte einen lauernden Unterton angenommen. McAllister hatte mittlerweile gelernt, dass Femi ein pathologisches Misstrauen gegenüber Uniformträgern hatte.
»Wie auch immer, die Information bezüglich Avomex ist extrem wertvoll.«
Er lächelte Okito an und stand auf. Bis zu seinem Meeting mit dem deutschen Sonderkommando blieben ihm noch knappe zwei Stunden und er hatte noch jede Menge Anrufe zu erledigen.
Zur selben Zeit griff ein paar Kilometer entfernt eine Hand zum Telefon. Sie trug schwer an den protzigen Goldringen. Als sein Gesprächspartner am anderen Ende abnahm, nannte er seinen Namen nicht.
»Sie waren hier.«
»Wann?«
»Gerade eben. Der Polizeichef und ein Weißer, außerdem zwei Polizisten und noch so ein Typ.«
»Und was wollten sie?«
»Sie sagten, sie würden routinemäßig alle Comptoirs in Bukavu überprüfen. Anonymer Hinweis, dass die Frau in einem Lagerhaus gefangen gehalten wird.«
Er hörte, wie sein Gesprächspartner auf der anderen Seite der Leitung verächtlich schnaubte.
»Anonymer Hinweis. Interessant. Und weiter?«
»Nichts weiter. Sie haben natürlich nichts gefunden. Unsere Bücher sind sauber und die Frau haben wir schon in aller
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