Bluternte: Thriller
Fensterbrett hinter ihm legen. Länger als ein paar Sekunden hatte er ihr nicht in die Augen gesehen.
»Es gibt hier in der Gegend eine Frau, die an angeborener Hypothyreose leidet«, sagte Evi. »Ich muss sie finden. Ich glaube, das könnte in Zusammenhang mit der Entführung von Joe Fletcher wichtig sein.«
Dr. Warrington streckte die Hand aus und schaltete seinen Computer aus. »Tut mir leid, Dr. Oliver«, sagte er. »Sie kennen ja die Vorschriften.«
»Und wie sieht’s hier oben im Dorf aus?«, erkundigte sich Harry und fühlte, wie der Rauch von Rushtons Zigarette seine Lunge füllte.
»Na ja, die Hundeführer haben die Kirche gründlich abgegrast«, berichtete Rushton. »Zweimal. Sie waren unten in den Kellern und auf dem Friedhof. Ein paarmal haben wir gedacht, die Hunde hätten etwas gefunden, aber es war nichts weiter.«
»Die Fletcher-Jungs sind ziemlich oft in der Kirche«, meinte Harry. »Letzten Sonntag waren sie beim Gottesdienst.«
»Ja, nun, das könnte das erklären. Mit den Überwachungskameras in Blackburn hatten wir ein bisschen mehr Glück. Gerade habe ich einen Anruf bekommen.«
»Wirklich?«
»Aye. Und ich hatte noch keine Gelegenheit, den Fletchers davon zu erzählen, also behalten Sie’s für sich, aber die beiden, die wir in der King George’s Hall gesehen haben, sind noch einmal gefilmt worden, und zwar als sie in einen Bus Richtung Witton Park gestiegen sind. Vor gut einer Stunde haben wir mit dem Busfahrer gesprochen.«
»Erinnert er sich an die beiden?«
»Vage. Er glaubt, dass sie irgendwo an der King Street ausgestiegen sind, denn sie waren definitiv nicht mehr im Bus, als er am Park angekommen ist. Da war der Bus so gut wie leer.«
»Gibt’s danach eine Spur von ihnen?«
»Nichts. Und wahrscheinlich wird’s damit auch nichts mehr. Der Betreffende könnte überall entlang der Straße ein Auto geparkt haben. Letztlich entscheidend ist aber, dass sich die beiden Personen auf dem Video nicht gemeldet haben. Obwohl ihr Bild gestern Abend und heute Morgen in den Nachrichten war, nichts.«
»Also konnten Sie das Überwachungsvideo nicht abhaken?«
»Ganz im Gegenteil. Es ist uns sogar gelungen, das Bild so sehr zu vergrößern, dass wir eine Art Aufkleber hinten am Schuh des Kindes erkennen konnten. Tom sagt, Joe hätte Spiderman-Sticker auf seinen Turnschuhen. Außerdem konnten wir die Kleider näher bestimmen, die die beiden anhatten. Wissen Sie noch, beide hatten Baseballkappen auf und trugen zu große Jacken.«
»Ja, das weiß ich noch«, bestätigte Harry.
»Genau solche Klamotten findet man bei British Home Stores, keinen Kilometer von der King George’s Hall entfernt. Wir haben die Kassenzettel durchgesehen und sind auf einen Verkauf von genau diesen vier Kleidungsstücken gestoßen, fast exakt eine Stunde bevor Joe zum letzten Mal gesehen wurde.«
»Kleidungsstücke, die speziell für diese Entführung gekauft worden sind«, brummte Harry.
»Leider wurden sie bar bezahlt, also haben wir keine Möglichkeit, eine Kreditkarte zu ermitteln, aber wir sind uns jetzt ziemlich sicher, dass es sich bei den beiden auf dem Überwachungsvideo um Joe und den Entführer handelt«, sagte Rushton. »Wir lassen das Bild weiter bearbeiten, vielleicht kann man es noch mehr vergrößern. Viel Hoffnung haben wir allerdings nicht. Ein kleiner Mann, eine große Frau, beides wäre möglich.«
»Der Fußabdruck, den Sie im Haus der Fletchers gefunden haben, in der Nacht, als Millie fast entführt worden wäre, könnte auch von einem kleinen Mann oder einer großen Frau stammen«, meinte Harry.
»Aye, das stimmt. Und da auf dem Überwachungsfilm nichts davon zu sehen ist, dass Joe sich zur Wehr setzt, ist es wahrscheinlich, dass er mit jemandem gegangen ist, den er kannte.«
»Dann könnte er also doch hier im Ort sein?«
»Aye, möglich wär’s. Und ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Hauptsache, wir finden ihn rechtzeitig. Ich lasse ein Team von Haus zu Haus gehen. Wir bitten die Leute um Erlaubnis, die Hunde durch ihre Häuser zu führen. Zwingen können wir natürlich niemanden, aber bis jetzt war jeder einverstanden, den wir gefragt haben.«
»Wie lange wird es dauern, jedes Haus in Heptonclough zu durchsuchen?«
Rushton seufzte. Er drückte seine Zigarette auf dem Grabstein aus und ließ die Kippe ins Gras fallen. »Heute schaffen wir das nicht mehr«, sagte er. »Aber ich habe ein paar Streifenwagen an beiden Straßen postiert, die aus dem Ort rausführen. Jeder,
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