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Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Ablenkung.
    »Und inoffiziell?« Evi stellte fest, dass sie neugierig war.
    »Die Familie ist ein paarmal mit einer Jungengang aus dem Ort aneinandergeraten«, berichtete Gillian. »Anscheinend sind die in der Gegend herumgehangen, als das Ganze passiert ist. Die Fletchers denken, dass sie sich Millie vielleicht geschnappt haben, vielleicht nur so zum Scherz, und dann ist alles schiefgegangen. Die Polizei war da, aber keiner von den Jungen hat es zugegeben. Alle sind einfach nur froh, dass es gut ausgegangen ist.«
    »Und das war nach neun Uhr abends?«, fragte Evi. »Ganz schön spät für so ein kleines Ding.«
    »Oh, fürs Halsabschneiden bleiben die Kinder alle lange auf. Das ist Tradition.«
    »Fürs Halsabschneiden?«
    »So nennt man das. Ist so eine alte Bauernsache. Und dann gibt’s ein Fest. Alle sind eingeladen. Um ehrlich zu sein, ich war nie besonders scharf darauf, vor allem nicht, nachdem Pete sich abgesetzt hatte. Aber dann, als Harry mich gefragt hat, ob ich auch komme, da habe ich mir gedacht, warum eigentlich nicht? Nur habe ich dann Riesenpanik gekriegt, was ich anziehen soll. Nicht dass es ein Date war oder so was, aber er hat mich extra gefragt, ob ich da sein würde, und … Was ist denn? Was hab’ ich gesagt?«
    Die Büroklammer hatte sich doch in Evis Finger verirrt. Sie schüttelte den Kopf und rang sich ein Lächeln ab. »Gar nichts, tut mir leid«, beteuerte sie und legte das verbogene Drahtgebilde wieder auf den Schreibtisch. »Sie sind heute sehr gut gelaunt. Da kann ich gar nicht mithalten. Erzählen Sie weiter.«
    »Also hab’ ich schließlich beschlossen, meine Caprihosen anzuziehen. Mit dem gelben Pulli, den ich im Supermarkt gekauft habe, nur, der sieht überhaupt nicht aus wie aus dem Supermarkt, der sieht richtig schick aus. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich mir das letzte Mal neue Klamotten gekauft habe. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder, wenn man sich neue Sachen kaufen möchte, wenn man wieder hübsch aussehen will?«
    Schweigen.
    »Ist es doch, oder?«, wiederholte Gillian.
    Evi nickte. Lächelte sie noch? So gerade eben. »Das ist ein sehr gutes Zeichen«, pflichtete sie ihrer Patientin bei.
    Es war ein außerordentlich gutes Zeichen, wieder hübsch aussehen zu wollen. Einen fast knöchellangen, fließenden Rock, ein enges rotes Top, das ihre Schultern zur Geltung gebracht hätte, und einen lavendelblauen Pashmina-Schal, falls der Abend kühl geworden wäre. Das hatte sie anziehen wollen.
    »Und wie sind Sie auf der Feier zurechtgekommen?«, erkundigte sie sich. »Da wurde doch bestimmt Alkohol getrunken. Sind Sie in Versuchung geraten?«
    Gillian dachte einen Augenblick lang nach und schüttelte dann den Kopf. »Da war so viel los. Ganz viele Leute wollten mit mir reden, haben gefragt, wie’s mir geht. Jenny war total lieb. Jenny Pickup, meine ich – früher hieß sie Jenny Renshaw. Früher habe ich mal als Kindermädchen für sie gearbeitet, vor Jahren, und dann war sie Hayleys Patentante. Und Harry war auch ziemlich viel um mich rum. Natürlich habe ich ihn bei der Feier nicht allzu sehr beachtet, Sie wissen ja, wie die Leute reden.«
    »Ging das Fest lange?« Evi hatte sich einen langen Abend vorgestellt, an dessen Ende sie im offenen Wagen nach Hause gefahren werden würde. Die Nacht war warm gewesen, als sie um kurz vor elf in den Garten hinausgegangen war. Sterne hatten am Himmel gestanden.
    »Das Ganze war kurz nachdem wir Millie gefunden hatten zu Ende«, erzählte Gillian. »Die Fletchers sind nach Hause gegangen, und dann sind wir Übrigen zurück zu den Renshaws, aber die Band hatte aufgehört zu spielen, und die Leute haben angefangen aufzuräumen. Wirklich komisch, weil, früher konnten die Partys bis spät in die Nacht dauern.«
    »Sind Sie nach Hause gegangen?«
    »Nein, ich bin mit Harry gegangen.«
    Evi streckte die Hand aus und hob das Glas hoch. Sie setzte es an die Lippen und leckte dann die Feuchtigkeit ab. Das Glas wurde wieder hingestellt.
    »Mit Harry?«, fragte sie. »Harry, der Vikar?«
    »Ich weiß, ich weiß.« Gillian gluckste fast in sich hinein. »An das mit dem Vikar hab’ ich mich auch noch nicht gewöhnt. Aber als er diese blöden Klamotten ausgezogen hatte, sah er gar nicht mehr aus wie ein Vikar. Er stand draußen, als ich gegangen bin, und ich hatte das Gefühl, er hat auf mich gewartet.«
    »Hat er das gesagt?«
    »Na ja, das würde er doch nie tun, oder? Ich glaube, er ist ein bisschen schüchtern. Also habe ich ihn gefragt,

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