Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bluternte: Thriller

Bluternte: Thriller

Titel: Bluternte: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
Vom Netzwerk:
es wäre an uns, die Einzelheiten beizusteuern.«
    »Klingt, als wäre er ziemlich klug, Ihr Harry«, stellte Evi fest. So was von lächerlich. Sie war ihm doch nur zweimal begegnet. Es gab doch wirklich keinen Grund, dass sich ihr Magen anfühlen sollte, als wäre er aus Blei.
    »Ich denke schon«, stimmte Gillian zu. »Am Sonntag gehe ich in die Kirche. Das erste Mal seit Jahren.«
    Plötzlich drehte die junge Frau sich um und schaute auf die Uhr an der Wand. »Ich muss los«, verkündete sie. »Ich habe ihm gesagt, wir treffen uns um zwölf. Ich helfe mit, die Kirche zu schmücken. Vielen Dank, Evi, wir sehen uns nächste Woche.«
    Gillian stand auf und eilte aus dem Zimmer. Es waren noch acht Minuten von ihrem Termin übrig, doch sie schien Evi nicht mehr zu brauchen. Und warum auch? Sie hatte ja Harry.

27
     
    »Der Schiedsrichterassistent hält die Tafel hoch, und es gibt nur drei Minuten Nachspielzeit in dieser alles entscheidenden Begegnung an der Tabellenspitze. Der Ball kommt zu Brown … der dreht sich, gibt ab an Fletcher, den jungen Ewood-Neuzugang … Fletcher, immer noch Fletcher … schaut kurz hoch … Green ist im Strafraum … ich glaube, Fletcher macht es selbst … und TOR !«
    Mit einem bescheidenen Winken für seine Fans trabte Tom für den allerletzten Abstoß zurück zum Mittelkreis. Weniger als eine Minute Nachspielzeit auf der Uhr, und sie hatten den Sieg im Sack, wie es so schön hieß. Dann drehte sich einer der anderen Spieler zu ihm um.
    »Tommy«, flüsterte er.
    Augenblicklich war Tom wach. Nicht länger der Nachwuchs-Stürmerstar, der seinen Lieblingsverein zum Sieg führte. Bloß Tom Fletcher, zehn Jahre alt, der mitten in der Nacht im Bett lag. Mit einem Riesenproblem.
    Draußen jagte der Wind übers Moor. Tom konnte hören, wie er durch die Gassen pfiff, wie er die Fenster in ihren Rahmen vibrieren ließ. Die Bettdecke bis zu den Ohren hochgezogen lag er da und wagte nicht, sich zu bewegen; an den Wind hatte er sich mittlerweile gewöhnt. In den Heizungsrohren konnte er hin und wieder ein Gurgeln hören, wenn das Haus über Nacht zur Ruhe kam. Daran war er auch gewöhnt. Und einen Dreiviertelmeter unter sich konnte er Joes leises Atmen hören. Alles normal.
    Nur dass jemand bei ihm und Joe im Zimmer war. Jemand am Fußende seines Bettes, der gerade an seiner Bettdecke gezogen hatte.
    Mit einem Mal war Tom hellwach. Er lag stocksteif da. Das Ziehen könnte ein Teil seines Traums gewesen sein. Er brauchte nur ganz still zu liegen und aufzupassen, dass es nicht noch mal passierte. Er wartete zehn, zwanzig Sekunden und merkte, dass er den Atem anhielt. So leise, wie er konnte, ließ er ihn heraus. Den Bruchteil einer Sekunde später atmete jemand anderes ein.
    Noch immer wagte er nicht, sich zu bewegen. Es könnte sein eigener Atem gewesen sein, den er da gehört hatte. Es könnte Joes gewesen sein.
    Die Bettdecke bewegte sich von Neuem, rutschte von seinem Gesicht. Jetzt konnte er die Nachtluft an der Wange fühlen und an seinem linken Ohr. In dem Bett unter ihm rief Joe im Schlaf etwas – ein gedämpftes Wort, das ein bisschen wie »Mummy« klang. Dann ein leises Ächzen.
    »Tommy.« Joes Stimme. Nur schlief Joe tief und fest.
    »Tommy.« Die Stimme seiner Mutter. Aber seine Mutter würde ihm niemals solche Angst machen.
    Toms Augen waren offen. Wie war es so dunkel geworden? Das Licht im Flur, das immer an war, falls eines der Kinder nachts aufstehen musste, war aus, und in seinem Zimmer war es finsterer als sonst. Die Möbel, die herumliegenden Spielsachen waren wenig mehr als dunkle Schatten. Doch es waren vertraute dunkle Schatten, Schatten, an die er gewöhnt war und mit denen er rechnete. Der Schatten, mit dem er wirklich nicht gerechnet hatte, war der am Fußende seines Bettes.
    Was es auch war, es saß ganz still, aber es atmete, er konnte die schwache Bewegung der Schultern erkennen. Er konnte den Umriss des Kopfes erkennen und zwei winzige Lichtpunkte, die möglicherweise – fast ganz sicher – Augen waren. Der Schatten beobachtete ihn.
    Eine halbe Sekunde lang war Tom zu keiner Bewegung fähig. Dann war er zu nichts anderem mehr fähig. Hastig krabbelte er rückwärts, stemmte sich mit den Fersen ins Laken, schob mit den Ellenbogen. Sein Kopf knallte hart gegen den metallenen Rahmen des Kopfteils, und er wusste, weiter kam er nicht.
    Der Schatten bewegte sich, beugte sich vor.
    »Millie«, sagte er mit einer Stimme, von der Tom glaubte, dass es vielleicht seine

Weitere Kostenlose Bücher