Blutfehde
Bex’ Baby.«
Trish Quillian sank zu Boden, als hätte man ihr mit einem Baseballschläger in die Kniekehlen geschlagen. Sie rutschte die Stufen hinab zum Treppenabsatz, und die zerknüllte Schürze rollte über den abgewetzten Holzboden.
Ich kniete mich hin, um Trish zu helfen, und fasste nach der Schürze. Als ich sie in die Hände nahm, fiel ein zerrissener Umschlag aus der Tasche.
»Geben Sie das her!«, schrie sie mich an.
Das Murmeln ihrer Mutter wurde lauter, vielleicht wegen des Tumults, den wir verursachten.
»Sind Sie verletzt?«, fragte ich.
»Finger weg«, sagte sie, als ich den Umschlag aufhob. Er war an den Ecken aufgerissen, so als hätte er einmal etwas Größeres enthalten.
Ich sah den Poststempel und bemerkte, dass das Schreiben an Duke Quillian adressiert war. Trish riss den Umschlag mit ihren knochigen Händen hastig an sich und verbarg ihn in ihrem Schoß, aber ich hatte den Absender noch erkannt: Es war ihr Bruder Brendan.
44
»Konntest du das Datum sehen?«
»Nein«, sagte ich. »Sie hat den Umschlag zu schnell weggezogen.«
Wir saßen im Auto vor Trish Quillians Haus.
»Aber du bist dir sicher, was die Namen angeht?«
»Absolut sicher. Brendan Quillian hatte noch mit Duke Kontakt. Als Absender war das Büro von Keating Properties angegeben.«
»Warum hatte sie den Brief heute in der Tasche? Warum hatte sie ihn bei sich, als Teddy O’Malley bei ihr war?«, fragte Mike.
»Vielleicht hat Teddy ihn ihr gegeben. Vielleicht sind es Versicherungspapiere oder etwas in der Art. Oder es ist nur ein sentimentaler Brief, den Brendan an Duke geschrieben hat und den sie sich noch einmal angesehen hat.«
»Ganz bestimmt, Coop. Weil die beiden ja so ein sentimentales Brüderpaar sind. Genau wie die Brüder Menendez.«
»Ich meinte damit nur, dass wir nicht wissen -«
»Falls sich Brendan bei seinem großen Bruder Duke dafür bedankt hat, dass er Amanda aus dem Weg geschafft hat, hättest du das Schreiben da nicht sehen wollen? Du hast den Umschlag schneller losgelassen als eine schlechte Karte beim Pokern.«
»Das Gesetz steht deinen Ermittlungen dummerweise immer wieder im Weg, hm?« Ich sah auf meine Uhr. »Hör zu, steck mich in ein Taxi, und ich fahre für ein paar Stunden in mein Büro.«
»Ich würde dich gern wohin stecken, aber auf keinen Fall in ein Taxi. Du kennst Battaglias Vorschriften. Jemand muss immer bei dir sein, ob du es willst oder nicht.«
Mike fuhr ans Ende von Trish Quillians Straße. »Da wir schon mal hier sind, habe ich eine Idee. Bist du dabei?«
»Kommt drauf an.«
»So etwas Dummes hätten die drei Musketiere nie gesagt. Mercer auch nicht. Entweder du bist dabei oder nicht. Ohne Wenn und Aber. Schließlich werfe ich dich ja nicht den Wölfen zum Fraß vor, Coop.«
»Schon gut, schon gut, ich bin dabei. Was immer du sagst, mein Musketier. Wo soll’s hingehen?«
»Zurück zu Fort Schuyler. Zu Phinneas Baylor. Ich wette, dass er sich seit letzter Woche über alles, was in der Zwischenzeit passiert ist, Gedanken gemacht hat.«
Baylor, der bei dem ersten Tunnelunfall zwischen die Fronten geraten war, schien einiges über die Blutfehde zwischen den Hassetts und den Quillians zu wissen. »Gute Idee.«
»Manchmal habe ich die«, sagte Mike und fuhr uns zu der alten Festung am Ufer des Long Island Sound.
Phin saß an der gleichen Stelle wie beim letzten Mal. Er hatte einige Bartstoppeln mehr im Gesicht, eine fast leere Bierflasche in der Hand, und sein Stock lehnte neben ihm an der Bank. Die Nachmittagssonne wärmte die Mauern, und er streckte sein ohnehin gebräuntes Gesicht in die Sonne. Als er unsere Schritte hörte, öffnete er die Augen.
»Machen Sie mich nach, mein Sohn? Sie humpeln ja schlimmer als ich«, sagte Phin und zeigte mit dem Spazierstock auf Mike.
»Nä, das kommt nur von den komischen Pflastersteinen hier. Ich dachte, ich hätte mir einen Muskel gezerrt, vielleicht habe ich auch ein Band überdehnt. Aber das fehlt noch, dass ich ausgerechnet Ihnen darüber vorjammere. «
Mike setzte sich neben Phin, während ich vor der Bank stehen blieb und einigen Kindern dabei zusah, wie sie Möwen von der Brustwehr scheuchten.
»Was haben Sie gedacht, als Sie die Neuigkeiten über Brendan Quillian gehört haben?«
Phins Gesichtsausdruck blieb unverändert. Er reckte das Gesicht wieder in die Sonne und schloss die Augen. »Hab mir nicht den Kopf zerbrochen.«
»Meine Freundin hier, Ms Cooper, ist von dem Kerl fast umgebracht worden. Ich
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