Blutfehde
zerbreche mir den Kopf, so sehr ich kann, Phin.«
Baylor nahm seine Sonnenbrille aus der Hemdtasche und setzte sie auf. Wegen der dunklen Gläser konnte ich nicht sehen, ob er die Augen wieder öffnete.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass die Quillians ein armseliger Haufen sind. Dass nichts Gutes dabei herauskommt, wenn man sich in ihrer Nähe aufhält.«
»Coop konnte es sich leider nicht aussuchen.«
»Warum glaubt bloß jeder, dass ich da weiterhelfen kann?«
»Jeder? Wer ist jeder?«
Phin schwieg.
»War noch jemand hier, um Ihnen Fragen zu stellen?«
»Ja.«
»Wer zum Beispiel?«, fragte Mike.
»Zum Beispiel Leute, die für meine Informationen zahlen. Zahlen Sie? Ich wollte deren Geld ja nicht, aber ich habe meine Bedürfnisse.«
Mike zog zwei Zwanzigdollarscheine aus der Hosentasche. »Ich kann Ihnen die hier als Anzahlung geben, Phin. Wir haben auch noch mehr von der Sorte.«
Der alte Mann drehte den Kopf und lüpfte kurz seine Brille.
Mike reichte Baylor die Scheine. »Wer war hier, Phin?«
»Zum einen Bobby Hassett.«
»Natürlich auf der Suche nach Brendan«, sagte Mike. »Will er ihn umbringen?«
»Was er vorhat, interessiert mich nicht. Die können mir alle den Buckel runterrutschen.«
»Hat er Ihnen denn nicht erzählt, worum es ihm geht?«
Phin schlug mit dem Stock auf das Pflaster. »Wie viele davon haben Sie noch?«
»Von den grünen Scheinchen? Coop ist mein Bankier. Sie holt ihre Handtasche aus dem Auto, bevor wir fahren, stimmt’s, Kid?«
»Bobby hat’s auf alle möglichen Arten versucht«, sagte Phin. »Er hat mir eine ziemlich hässliche Geschichte über Brendan erzählt. Eine private Geschichte. Vielleicht zu privat, um sie weiterzuerzählen.«
»Wir haben keine Zeit, um uns über jemandes Privatsphäre Gedanken zu machen, Phin. Brendan hat eine Frau umgebracht, und er ist noch immer bewaffnet. Ich muss ihn finden, bevor noch jemand verletzt wird.«
»Ja, aber ich habe auch eine Tochter. Sie brauchen diese Geschichten nicht an die große Glocke zu hängen.«
»Geht es um Rebecca Hassett?«, fragte ich. »Hat Bobby etwas über sie gesagt, das Sie uns nicht erzählen wollen?«
Phin legte den Stock quer über seinen Schoß und sah Mike forschend an. »Sie wissen von Bex?«
»Der Rechtsmediziner hat sie noch einmal -«
»Ja, Bobby hat es mir gesagt.« Phin schüttelte den Kopf. »Sie hätten das Grab in Ruhe lassen sollen. Da kann nichts Gutes dabei herauskommen.«
»Also hat er Ihnen erzählt, dass Bex schwanger war?«
Phin atmete die salzige Luft tief ein. »Ja, ja, das hat er.«
»Wie konnte er das wissen?«, fragte ich Mike. Mir war nicht bewusst, dass der Rechtsmediziner bereits die Familie benachrichtigt hatte. Mike signalisierte mir, still zu sein.
Phil entging nichts. »Also stimmt es?« Ich nickte.
»Nun, Bobby wusste es nicht von dem Arzt. Er hat es von seiner eigenen Mutter gehört.« In Phins Stimme lag eine Spur Wut.
»Seiner Mutter?«, fragte Mike. »Aber sie ist tot.«
»Bobby wollte wohl mit meinen Gefühlen spielen. Ich habe seine Mutter sehr lange gekannt, wie auch alle anderen in unserer kleinen abgeschotteten Welt. Sie ist erst vor einem halben Jahr gestorben. Sie hat es die ganze Zeit, bis zu ihrem Tod, für sich behalten.«
»Was hat er Ihnen erzählt?«
Phin Baylor streckte sein kaputtes Bein aus und rieb sich den Oberschenkel. »Seine Mutter lag monatelang im Sterben. Sie wurde ungefähr zu der Zeit krank, als ihr Brendan Quillian hinter Gitter gebracht habt. Es stand in allen Zeitungen - die Geschichte, dass er einen Mörder auf seine Ehefrau angesetzt hat.« Er schwieg, während zwei Mütter mit ihren Kindern vorbeigingen. »Hat Ihnen denn noch niemand von der Schlägerei erzählt?«
Mike verneinte.
»Vermutlich schreibt man sie einfach der langjährigen Familienfehde zu.« Phin tätschelte Mikes Arm, den dieser quer über die Banklehne gelegt hatte. »Bobby freute sich wie ein Schneekönig, als Sie Brendan für den Mord an seiner Ehefrau eingebuchtet haben.«
»Ich fand’s auch nicht schlecht.«
»Nun, als Bobby danach Duke Quillian im Tunnel über den Weg lief, sagte er zu ihm, dass Brendan ein Arschloch sei. Er wollte ihn nur provozieren. Keiner mochte Brendan, weil er so ein Snob war und überhaupt.«
»Und deswegen hat sich Duke mit ihm geprügelt?«, fragte Mike.
»Nein, nein, mein Sohn. Aber Duke hat vor versammelter Mannschaft zurückgeschossen. Es kam zu einem regelrechten Schlagabtausch, sie warfen sich alle möglichen
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