Blutfehde
um Selbstmord, als Tötungsmethode findet Erhängen eher selten Anwendung.«
Die Geschworenen lauschten aufmerksam seiner Analyse. »Was die Erdrosselung angeht, das heißt Strangulation unter Zuhilfenahme eines Strangwerkzeuges, kommt es zwar auch hin und wieder zu Unfällen, aber nahezu in allen Fällen handelt es sich um Mord, das ist wahrscheinlich die gebräuchlichste Form von homizidaler Asphyxie.«
»Würden Sie uns bitte noch sagen, was genau man unter einem Strangwerkzeug versteht?«
»Natürlich, Ms Cooper. Ich meine damit jede Art von Strang - ein Elektrokabel, ein Seil, ein Stück Draht, eine Krawatte - ein Objekt, mit dem man jemandem den Hals horizontal abschnüren kann, um die Blut- und Sauerstoffzufuhr zum Gehirn zu unterbinden.«
»Und genau darin besteht der Unterschied zum Erwürgen, richtig?«
»Genau so ist es. Eine manuelle Strangulation - wobei der Hals mit den Händen zusammengedrückt wird - kann nur Mord sein.«
»Würden Sie den Geschworenen bitte sagen, warum das so ist, Dr. Genco?«
Er rückte seine Brille gerade und sah die Geschworenen ernst an. »Weil man sich nicht selbst erwürgen kann. Dieser Druck auf den Hals ist eine äußerst intentionale, bewusste Handlung. Der exzessive Druck bewirkt zunächst eine Ohnmacht. Würde man sich selbst würgen, könnte man den Griff in der Ohnmachtsphase nicht mehr aufrechterhalten. Man würde also das Bewusstsein wiedererlangen, sobald man loslässt.«
Ich wollte, dass er jede Sekunde von Amanda Quillians Todeskampf durchging. Die Geschworenen sollten kapieren, dass sie ihre letzten Minuten von Angesicht zu Angesicht mit ihrem Mörder gewesen war, nur durch eine Armlänge von ihm getrennt, während er das Leben aus ihrem Körper gedrückt hatte.
»Können Sie uns sagen, wie lange Mrs Quillian aller Wahrscheinlichkeit nach bei Bewusstsein war, während man ihr den Hals zudrückte?«
Genco nahm sich Zeit, um die Dynamik dieser Todesart zu erklären, ohne dass Howell Einspruch wegen Voreingenommenheit einlegte. »Der Tod durch Strangulation tritt nicht so schnell ein wie der Tod durch einen Kopfschuss oder einen Messerstich ins Herz. Wir haben Beweise, dass sich die Tote trotz ihrer zierlichen Statur zur Wehr setzte, und zwar äußerst heftig.«
Einige Geschworene rutschten nervös auf ihren Sitzen hin und her. Genco bat Richter Gertz um Erlaubnis, an die Staffelei zu gehen und seine Erläuterungen an einem vergrößerten Autopsiefoto zu veranschaulichen, das ich eine halbe Stunde zuvor als Beweisstück in die Verhandlung eingebracht hatte. Ich reichte ihm einen Zeigestab.
»Diese Markierungen am Hals der Toten zeugen von Gewaltanwendung durch ihren Mörder.« Er zeigte auf mehrere große blaue Flecken an ihrem Hals. »Genauer gesagt, einer wiederholten Gewaltanwendung, was nahelegt, dass sie sich heftig wehrte. Durch die Gegenwehr wurde der Vorgang der Strangulation verlängert.«
Die Würgemale kamen mir riesengroß vor und hatten nicht nur die äußerlichen Hämatome, sondern auch die Einblutungen tief in der Muskulatur verursacht, die Genco durch die Autopsie zum Vorschein gebracht hatte. Ich hatte die Bilder monatelang studiert und mir ständig vorgestellt, was für große, kräftige Hände man haben musste, um solche Verletzungen zu verursachen. Jedenfalls größere Hände als die von Brendan Quillian, welche die Detectives zum Zeitpunkt seiner Festnahme untersucht hatten.
»Gibt es weitere physische Beweise, die darauf hinweisen, dass Mrs Quillian nicht sofort nach dem Angriff bewusstlos wurde?«
»Ja, Ms Cooper. Alle medizinischen Anzeichen einer Strangulation mit der bloßen Hand sind vorhanden.«
»Würden Sie diese bitte den Geschworenen schildern?«
Genco zeigte auf die kleinen, halbmondförmigen Abdrücke neben den größeren Verfärbungen. »Sehen Sie diese kleinen Halbkreise?«, fragte er die Geschworenen. Die meisten nickten. »Diese Abschürfungen stammen nicht vom Mörder. Sie stammen von den Fingernägeln der Toten.«
Brendan Quillian hatte eine Pose gespielten Kummers angenommen. Er ließ die Schultern hängen, hatte den Kopf aufgestützt und schüttelte ihn, völlig fassungslos darüber, dass jemand seiner Frau so etwas antun konnte.
Manche Geschworene wirkten überrascht, bis Genco in seiner Erklärung fortfuhr. »Mrs Quillian wehrte sich, um Luft zu bekommen, sie kämpfte um ihr Leben. Wie jedes Opfer einer Strangulation, dem die Hände nicht gefesselt sind, versuchte sie die Hände des Angreifers
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