Blutfehde
unerfahrene Grünschnäbel hinzustellen. Bobby Jamisons körperliche Reaktion auf den Leichenfund hatte offensichtlich einen Teil des Tatorts kontaminiert. Nein, keiner der Männer hatte Latexhandschuhe oder Füßlinge getragen. Ja, Denton hatte die Leiche etwas bewegt, um sie von dem von seinem Partner verursachten Problem wegzuziehen. Und nein, sie hatten die Mordkommission erst angerufen, nachdem sie das Erbrochene aufgeputzt hatten.
»Gab es irgendwelche Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens?«
»Nein, Ma’am.«
Howell würde argumentieren, der Mörder sei von der Straße her hinter Amanda ins Haus geschlüpft, bevor die Tür zugefallen war. Angesichts der Tatsache, dass Brendan Quillian praktischerweise verreist war und die Haushälterin ihren freien Tag hatte, war Chapman der Meinung, der Angeklagte habe dem Mörder Zugang zum Haus verschafft, wo dieser auf Amanda gewartet hatte.
Howells Kreuzverhör war eine gut strukturierte Frageliste nach den Tätigkeiten, die noch der nachlässigste Fernsehzuschauer von der Polizei am Tatort erwartete. Tim Denton hatte so gut wie alle Vorschriften missachtet, als er sich an jenem Herbstnachmittag um seinen unpässlichen Partner kümmerte, und die Litanei von negativen Antworten auf Howells Fragen schien kein Ende zu nehmen.
»Ich habe keine weiteren Fragen an Officer Denton«, sagte ich, als Howell seine Vernehmung beendet hatte und mir lächelnd zunickte.
Der Eingangsbereich des Hauses und die unmittelbare Umgebung von Amanda Quillians Leiche war durch die beiden ersten Cops am Tatort hoffnungslos beeinträchtigt worden. Falls der Mörder irgendwelche Spuren hinterlassen hatte, hätte ihm nichts Besseres passieren können als die rechtzeitige Ankunft von Jamison und Denton.
»Möchten Sie eine kurze Pause machen, bevor Sie Ihren nächsten Zeugen in den Zeugenstand rufen?«
»Geben Sie mir zehn Minuten?« Ich persönlich brauchte die Zeit nicht, aber ich verließ mich darauf, dass die Geschworenen sich die Beine vertraten, um sich in neuer Frische einem überzeugenderen Zeugen zu widmen.
»Natürlich«, sagte Gertz. »Gönnen wir den Geschworenen eine kurze Pause.«
Max signalisierte mir von ihrem Platz in der dritten Reihe, dass Jerry Genco im Zeugenzimmer auf mich wartete. Artie Tramm brachte mich in den kleinen Raum auf dem abgesperrten Flurabschnitt, und ich sprach mit dem Rechtsmediziner noch einmal schnell die Punkte durch, die wir in seiner Zeugenaussage abhandeln würden.
»Dr. Genco«, sagte ich, als der Prozess weiterging, nachdem er seine Ausbildung zum Rechtsmediziner und damit seine Qualifikation als Sachverständiger dargelegt hatte. »Wie lange arbeiten Sie schon im Rechtsmedizinischen Institut der Stadt New York?«
»Drei Jahre.«
»Ich würde gerne mit Ihnen über einen Tag im letzten Herbst sprechen, den Spätnachmittag des dritten Oktober. Erinnern Sie sich an diesen Tag?«
»Ja, ich erinnere mich.«
»Welchen Dienst hatten Sie an diesem Tag?«
»Ich hatte Bereitschaftsdienst.« Er wandte sich auf professionelle Art an die Geschworenen, wie jemand, der schon oft vor Gericht ausgesagt hatte. »Ich stand zwischen acht Uhr morgens und sechs Uhr abends auf Abruf, um auf eventuelle Tötungsdelikte zu reagieren.«
Da er sich auf einen Arbeitstag im Labor eingestellt hatte, trug Jerry Genco ein lässiges Sportsakko und Khakis. Er brauchte dringend einen Haarschnitt und eine kleine Schraube für den Bügel seiner Brille, den er mit einem Pflaster am Brillengestell fixiert hatte, aber seine intelligente, ruhige Art stand in scharfem Kontrast zu Kate Meades Nervosität.
»Würden Sie uns bitte sagen, um welche Uhrzeit Sie im Haus der Quillians eintrafen und wer noch anwesend war?«
»Das war um 16:30 Uhr, und ich wurde von Detective Michael Chapman von der Mordkommission Manhattan North ins Haus gelassen. Es befanden sich noch zwei Streifenpolizisten vom neunzehnten Revier, drei weitere Mordermittler und Hai Sherman von der Spurensicherung dort.«
»Irgendwelche Zivilisten?«
»Eine Frau wurde mir als Haushälterin vorgestellt, aber ich habe nicht mit ihr gesprochen. Jemand hatte sie kontaktiert, und sie kam zeitgleich mit mir an.«
»Was ist geschehen, nachdem Sie das Haus betreten haben?«
»Chapman führte mich durch das Vestibül in einen angrenzenden Raum mit einigen Sesseln und einem Sofa, so ähnlich wie ein kleiner Salon. Mitten im Raum lag die Leiche von Amanda Quillian, auf dem Teppich.«
»Würden Sie uns beschreiben, was Sie
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