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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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sporadisch Kontakt gehalten hatte.
    Er ging nach dem Ausschlussverfahren vor und behielt am Ende zwei Jungen links unten übrig. Einer von ihnen musste Arne sein. Wie war noch sein Nachname gewesen? Noch erschien es ihm unwirklich, dass einer der beiden Grünschnäbel der Arne Werner Welhaven sein könnte. Und war das lauthals lachende Mädchen auf dem Foto tatsächlich die Emma?
    Gunnarstranda lehnte sich zurück. Ohne darüber nachzudenken, was er tat, griff er zum Telefon.
    Sie luden ihn ein, herüberzukommen. Es wurde Lamm serviert, woraus sich etwas ergab, das Hilmar als Trinkpflicht bezeichnete.
    Gunnarstranda schaute aus dem Fenster. Am Halteplatz vor seinem Haus standen zwei Taxis mit eingeschalteter Beleuchtung. Der Wagen brauchte eine halbe Stunde bis Bærums Verk.
    Hilmar und Laurits wohnten im dritten Stock. Als Gunnarstranda oben ankam, war er aus der Puste und musste erst einen Moment verschnaufen, bevor er klingelte. Er wurde erwartet. Die Tür wurde aufgerissen. Hilmars schwerer Kiefer verzog sich zu einem schiefen Lächeln. »Jetzt bist du wirklich alt geworden.«
    »Immer noch jünger als du«, parierte Gunnarstranda und hängte seine Jacke auf. Es war ein alter Scherz zwischen ihnen. Der Altersunterschied betrug zwei Tage.
    Hilmar konnte nicht begreifen, dass Gunnarstranda seine dürftigen Haarsträhnen immer noch quer über den kahlen Schädel kämmte. »Schneid sie ab«, riet er ihm eindringlich. »Du hast doch eigentlich eine schöne Kopfform. Du würdest sogar jünger aussehen.«
    Dieses Gespräch hatten sie schon öfter geführt, Gunnarstranda sah keinen Grund, es zu wiederholen. Stattdessen schnupperte er in die Luft. »Clever von mir, gerade heute anzurufen, was?«
    Das Verhältnis zwischen Laurits und Hilmar hatte sich auf der Basis von zwei Leidenschaften entwickelt und gefestigt: Essen und Literatur. Der einzige Ort in der Wohnung, an dem sich keine Bücher stapelten, war die Küche.
    Hier hatte Laurits seinen mageren Körper in eine grüne Küchenschürze gewickelt, und es fehlten nur die Kopfbedeckung und der Mundschutz, dann hätte er wie ein Chirurg im OP ausgesehen. Auf der Arbeitsplatte lagen ausgesuchte Gemüse wie Tomaten, Chicorée, Brechbohnen, Spargel und Zuckererbsen. Die restlichen Zutaten lagen abgemessen und abgewogen bereit: Marinade und zerstampfte Kräuter, sorgfältig in kleinen Schälchen zwischen dem Gemüse verteilt.
    Hilmar wollte das Thema Alter nicht lassen. »Die wichtige Frage ist, wann wir alt genug sind«, fuhr er fort und schenkte Wein aus einer fast leeren Flasche in ein Glas.
    »Wozu?«
    »Um darüber nachzudenken, was der Sinn des Ganzen ist. Was tust du, wenn du morgens wach wirst?«
    Gunnarstranda nahm das Glas entgegen und schüttelte den Kopf. »Das Übliche. Ich frage mich, wer ich bin, wohin ich gehe und woher ich komme.«
    »Und danach?«
    »Gehe ich ins Bad, sehe mich im Spiegel und bin jedes Mal von Neuem überrascht.«
    »Unser Nachbar«, sagte Hilmar, »der ist vierundachtzig und meint, es sei schade, dass man erst dem Tod nah sein muss, um das Rätsel des Daseins zu begreifen. Wir hatten über die globale Erwärmung gesprochen, und ich war ziemlich neugierig auf das Rätsel des Lebens geworden, also bat ich ihn um die Lösung.«
    Laurits hob das Glas und unterbrach ihn: »Der optimale kulturelle Ausdruck unserer Zeit ist doch offensichtlich, über die Sinnlosigkeit des Lebens zu reflektieren und gleichzeitig zu essen und zu trinken und sich an dem immer gleichen Rundtanz zu erfreuen. Skål!«
    Sie tranken.
    »Und was war das Geheimnis?« wollte Gunnarstranda wissen.
    »Welches?«
    »Wie lautet des Rätsels Lösung?«
    »Alles verändert sich. Die ganze Zeit, alles altert. Unser Nachbar wird alt und stirbt, neue Kinder werden geboren, du und ich altern, die Bäume, die Berge, alles ist in Veränderung – alles bewegt sich aufs Alter und auf den Tod zu –, das gilt natürlich auch für die Erde.«
    »Das, was andere Fatalismus nennen, ist für ihn das Rätsel des Daseins? Ist er Pastor?«, fragte Gunnarstranda enttäuscht.
    »Nicht weit davon entfernt«, grinste Laurits. »Autoverkäufer.«
    Hilmar zwinkerte dem Polizeibeamten zu. »Erzähl Laurits von deinem Anliegen.«
    »Anliegen?«, stieß Laurits aus. »Willst du damit sagen, dein alter Klassenkamerad besucht uns aus Gründen, die vornehmlich nutzenorientiert sind, und nicht allein, um die intime Wärme alter Freundschaft zu genießen?«
    »Laurits, der Bulle hier hat das Tagebuch eines

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