Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)
Polizei?«
»Ich weiß nichts. Ich erinnere mich ja nicht einmal daran, dass wir befreundet waren.«
»Ich glaube, er hat Emma geheiratet«, sagte Hilmar. »Erinnerst du dich an Emma, von der alle träumten, wenn die Hände unter der Bettdecke zu Gange waren? Naja, also ich nicht, aus dem einen oder anderen Grund dachte ich an Kuppern und Ballangrud und solche Jungs.«
»Ich hab’s ja gewusst«, grinste Laurits, »dein Interesse am Schlittschuhlaufen beruht auf den dreisten Trikothosen der Läufer.«
Gunnarstranda starrte abwesend in sein Glas.
»Was ist?«
»Arne ist Witwer«, sagte Gunnarstranda.
»Arme Emma«, sagte Hilmar und leerte sein Glas. »Friede ihrer Asche.«
»Hm«, seufzte Gunnarstranda und trank mehr Wein.
»Skål«, brüllte Laurits, und alle drei hoben ihr Glas.
»Aber die Hávamál haben ein paar hundert Verse«, sagte Gunnarstranda bedrückt. »Was steht im Rest dieser Strophe mit der Lüge?«
Die beiden tranken aus. Hilmar war zuerst fertig, setzte das Glas auf die Küchenanrichte und sagte, wobei ihm ein Tropfen Wein in einer Falte seitlich am Kinn hinunterlief: »Das Problem ist, dass der Anwalt die Hávamál nicht zitiert, sondern negiert. In den Hávamál steht, dass man Lüge mit Lüge vergelten soll, nicht dass es unmöglich ist, das zu tun.«
Laurits setzte sein Glas ab. Er deklamierte: »Jemand bat mich zu Tisch, obwohl ich nicht hungrig war, ich hatte gerade einen Fleischknochen abgegessen bei dem treuen Freund, der zwei hatte.«
Hilmar grinste breit. »Fleischknochen! Laurits bittet zu Lammbraten!« Dann nahm er Gunnarstranda zur Seite und flüsterte: »Laurits verabscheut die klassische norwegische Zubereitungsart von Lammkeule mit Rosmarin und Knoblauch. Laurits hat Geheimnisse, und dieses hier besteht in ausgesuchtem Gemüse, das während des Bratens im Bratensaft gegart wird, von der Marinade ganz zu schweigen. Ich muss die Küche verlassen, wenn er die Zutaten mischt. Ich weiß nur, dass Estragon und Dijonsenf dazugehören. Du wirst heute einen Lammgeschmack erleben, der mit Laurits und mir ins Grab gehen wird. Hier, trink!«
»Als ob es ein Fehler wäre, Geheimnisse zu haben«, sagte Laurits und schlug die Backofentür zu. »Vergiss nicht, hier sind drei Personen anwesend. Du weißt doch, dass etwas, was einer allein weiß, kein Geheimnis mehr ist, wenn er sein Wissen mit einem anderen teilt – und was drei wissen, wissen alle.«
Gunnarstranda, der den Faden nicht verlieren wollte, bat Hilmar, weiterzusprechen. »Die Strophe, die Strophe mit der Lüge!«
Hilmar hob das leere Glas und betrachtete es verträumt. »Hasselbackkartoffeln, Laurits, ich verlange einfach Hasselbackkartoffeln zum Lamm. Was sagst du, Gunnarstranda?«
»Ich habe mir nie etwas aus Kartoffeln gemacht. Ich dachte, das Geheimnis steckte in der Sauce.«
»So spricht ein Connaisseur«, rief Laurits und schenkte Wein nach.
»Vorsicht, Laurits«, sagte Hilmar sanft. »Verschieß nicht gleich dein Pulver. Du weißt doch, selten ist der Kluge besonders froh – im Herzen.«
Das Zitat riss Gunnarstranda aus dem Schlummer. »Genug jetzt mit diesem Gesülze. Erzählt mir endlich, was im Rest der verdammten Strophe steht.«
»Aber mein Lieber, wir zitieren doch die ganze Zeit.«
»Hör nicht auf Laurits«, sagte Hilmar tröstend. »Er liebt es, die Leute zu necken. Aber er ist ein Ass, was Saucen angeht. Er legt Gefühl hinein.«
»Genau aus dem Grund sollte der eine oder andere aufpassen, was er von sich gibt!«, sagte Laurits mit gespielter Gekränktheit. »Vielleicht könnte ich ganz und gar die falschen Gefühle zusammenrühren, he? 1994! Hilmar, dieser Wein ist halb so lange gereift, wie unsere Beziehung schon dauert!«
Gunnarstranda hielt sein Glas hin.
Laurits schenkte ihm nach. »Was würdest du tun, wenn du mich nicht leiden könntest, Bulle?«
»Wenn ich d ich nicht leiden könnte?«
Hilmar breitete theatralisch die Arme aus und deklamierte: »Kennst du einen, dem übel du traust, und willst dennoch willkommen sein; schön sollst du sprechen, aber falsch denken und Lüge mit Lüge vergelten. Also: Du magst jemanden nicht, willst aber trotzdem den Respekt des Mannes, was tust du? Ja, du schmeichelst ihm, denkst falsch und vergiltst Lüge mit Lüge.«
»Lächelst mit, wenn er lächelt«, sagte Laurits, »und tust so, als wärst du ein Freund.«
»Arnes Zitat sieht aus wie eine Verneinung, er glaubt nicht, dass es möglich ist. Er hat ordentlich was eingesteckt, würde ich tippen. Oder
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