Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)
dafür geben, dass sie den Wagen nicht in die Tiefgarage gefahren hatte. Er hatte Recht. Zehn Minuten später kam sie heraus, einen schwarzen Müllsack auf dem Arm, den sie in den Kofferraum legte. Dann ging sie wieder hinein, um einen schweren Pappkarton zu holen. Sie schloss die Heckklappe. Stieg ein. Startete den Motor. Fuhr aus der Parklücke heraus. Er folgte ihr. Sie fuhren zunächst auf die Ringstraße, ostwärts in Richtung Sinsen. Als sie sich Sinsenkrysset näherten, fuhr sie auf der linken Spur in Richtung Ryen. Gunnarstranda war zufrieden und meinte zu wissen, wohin sie wollte. Stutzte aber, als sie bei Alnabru abbog und auf der E6 weiter in Richtung Norden fuhr. Gunnarstranda lag fünf Autos hinter ihr und dachte: Irgendwas stimmt hier nicht . Er hatte gedacht, sie würde in Richtung Osten bis Ryen, dann weiter nach Siggerud und zur Grønmo Abfalldeponie fahren. Aber Maria Hoff hatte andere Pläne. Sie fuhren die E6 entlang, brausten mit hundert Stundenkilometern an Karihaugen vorbei, raus aus der Stadt, vorbei an Olavsgaard, Skedsmo und weiter in Richtung Gardermoen. Sie passierten die Abfahrt zum Flughafen. Es ging weiter Richtung Norden. Erst bei Mogreina fuhr sie ab, auf eine ruhige Landstraße, die sich zwischen halbreifen Weizenäckern und grünen Wiesen hindurchschlängelte. Jetzt waren keine Autos mehr zwischen ihnen. Deshalb hielt er einen größeren Abstand und sah gerade noch, wie der blaue Wagen direkt vor dem Bahnhof von Dal rechts abbog.
Das Rätsel löste sich, als er das Schild sah. Abfallgesellschaft Øvre Romerike, Mülldeponie Dal skog . Maria Hoff wollte zu einer Mülldeponie, wie er vermutet hatte. Aber diese Deponie lag weit außerhalb der Stadt. Gunnarstranda spürte, wie seine Spannung stieg. Sie fuhren durch ein Villenviertel. Er vergrößerte den Abstand. Konnte gerade noch erkennen, dass sie rechts blinkte und hinter Bäumen verschwand. Als er die Abzweigung erreichte, hielt er an. Sie war auf einen Schotterweg abgebogen, in einen Wald, der die Mülldeponie verbarg. Da er nicht riskieren wollte, dass sie ihn sah, fuhr er ein paar hundert Meter weiter, stellte das Auto dort ab und schlenderte langsam zurück. Er suchte sich einen Platz zwischen den Bäumen und wartete. Jedes Mal, wenn er ein Motorengeräusch hörte, trat er zwischen die Baumstämme zurück. Pkw mit Anhängern voller Abfall fuhren vorbei und randvolle Transporter mit Logos von Handwerksbetrieben auf der Karosserie. Ein Traktor mit einem Anhänger voller Metallschrott bog ein. Autos mit leeren Anhängern kamen zurück. Eine Viertelstunde war vergangen, als der blaue Golf zurückkehrte. Gunnarstranda blieb stehen und wartete, bis sie um die Ecke gebogen war, ehe er zu seinem eigenen Auto zurückschlenderte. Die Mülldeponie war wie ein großer Kreisverkehr aufgebaut, mit Stationen für die Entsorgung von Papier, Plastik, Metall und Holz in unterschiedlichen Containern. Erst als er in den riesigen Container hineinschaute, der randvoll mit identischen schwarzen Müllsäcken mit sogenanntem Restmüll gefüllt war, bereute er, sich selbst diesen Auftrag erteilt zu haben.
45
Rindal sprang von seinem Stuhl auf, als Vibeke Starum an seiner offenen Bürotür vorbeiging. Er lehnte sich gegen den Türrahmen und rief ihr hinterher:
»Vibeke!«
Sie drehte sich um und ging langsam zurück. Sie hatte noch eine Rechnung mit Rindal offen und war bereit, ihm eine Lektion zu erteilen.
Rindal fuchtelte mit ihrem Bericht herum. »Stimmt es, dass –«
Sie unterbrach ihn: »Hältst du immer noch deine schützende Hand über Petter Bull?«
Er blieb mit offenem Mund stehen, überrumpelt von ihrer Initiative.
Sie sagte: »Möglicherweise stehen wir endlich vor einem Durchbruch in diesem Fall. Und das verdanken wir ausschließlich einer Tatsache: den Fotos auf dem bei Petter Bull beschlagnahmten PC . Ich verlange eine Erklärung. Was hast du dazu zu sagen?«
Rindal schaute verwirrt und schwieg.
»Ich führe die nötigen Verhöre durch«, sagte sie und machte auf dem Absatz kehrt. Als sie vier Schritte gegangen war, hatte Rindal die Sprache wiedergefunden. Er rief:
»Was sagt Frølich?«
Starum blieb noch einmal stehen. »Maria Hoff hat die Wahrheit gesagt. Frølich war in der Nacht mit ihr im Bett.«
Rindal hielt einige Sekunden inne und schloss die Augen. Dann räusperte er sich und sagte: »Hat der Penner, der den Revolver gefunden hat, ausgesagt?«
»Ein Junkie, der noch nie von Ivar Killi oder Darak Fares gehört
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