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Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition)

Titel: Blutfeinde: Norwegen Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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hat. Der Typ behauptet, den Revolver im Gebüsch unter der Hausmanns-Brücke gefunden zu haben.«
    »Im Gebüsch unter der Hausmanns-Brücke«, grinste Rindal, »das hört sich an wie ein Song aus einer Revue.«
    »Genau«, sagte Vibeke Starum gereizt. »Und ich weiß auch, aus was für einer …«
    Ärgerlich machte sie auf dem Absatz kehrt, marschierte davon und murmelte: »Wird man in diesem Haus denn nie ernst genommen? Es sind höchstens fünfhundert Meter zwischen beiden Tatorten und der Hausmanns-Brücke.«
    Plötzlich stand sie direkt vor Ingrid Kobro.
    Kobro räusperte sich.
    »Was ist los?« fragte Vibeke Starum ungeduldig.
    »Es geht um eine Zeugin«, sagte Kobro zögerlich.
    Vibeke Starum schwieg, versuchte die Nachricht auf dem Gesicht der anderen zu lesen. Aber Ingrid Kobro war eine begeisterte Pokerspielerin. Und sie war ein Naturtalent: ein durch viele Zigaretten und lange Nachtschichten gezeichnetes Gesicht, trübe Augen, die schon das meiste gesehen hatten.
    »Gerade hat die Psychiatrische Klinik angerufen. Sie hat versucht, sich das Leben zu nehmen.«
    Starum erblasste. »Wer?«
    »Das Mädchen. Veronika Lange. Sie hat einen Medikamentenschrank aufgebrochen und ein Pillenglas nach dem anderen geleert. Sie hatte schon enorme Mengen intus, als sie sie gefunden haben. Sie haben versucht, ihr den Magen auszupumpen.«
    »Wird sie es schaffen?«
    »Es heißt, ihr Zustand sei immer noch lebensbedrohlich.«
    Vibeke Starum taumelte, musste sich an der Wand abstützen und blieb einige Sekunden mit geschlossenen Augen so stehen. Sie war erschöpft, fürchterlich erschöpft. Sie brauchte eine Tasse Kaffee oder einen Tag Pause mit viel Schlaf. Sie öffnete die Augen und bemerkte eine Bewegung im Flur hinter Ingrid Kobros Pokergesicht. Ein kräftiger Mann bewegte sich auf eine Tür zu. Er drehte den Kopf und warf ihr im Gehen einen aufgebrachten Blick zu. Es war Petter Bull.

46
     
    Frank Frølich saß am Schreibtisch und betrachtete das Telefon mit ambivalenten Gefühlen. Er hatte sich entschieden, Gunnarstrandas Aufforderung nachzukommen und Welhavens Kontobewegungen noch einmal durchzugehen. Aber er konnte sich nicht konzentrieren. Das Gespräch mit Vibeke Starum summte wie ein euphorisierendes Mantra in seinem Kopf. Seine Gedanken wanderten zu der Nacht, die er mit Maria Hoff verbracht hatte, zu den ersten einladenden Berührungen ihrer Finger, als sie auf dem Fußweg am Akerselva gestanden hatten.
    Seine Hand zitterte, als er ihre Nummer wählte. Es läutete dreimal, ehe sie abnahm. »Maria hier.«
    »Hier ist Frank, von der Polizei. War nett neulich.«
    Das hätte er wohl nicht sagen sollen. Sie legte auf. Er wählte noch einmal. Es läutete. Aber sie überließ ihn dem Anrufbeantworter.
    Es war später Abend, als er vor ihrem Wohnblock hielt. Er sah zum Fenster hinauf. Es leuchtete gelb. Er drückte den Rücken gegen die Lehne und spürte ein Brennen an der Stelle, an der sie ihn gekratzt hatte. Er schloss die Augen und sah ihr Handgelenk vor sich, die Finger, die sich aus seinem Griff lösen wollten.
    Er ging in Gedanken zum x-ten Mal alles durch, woran er sich erinnerte: das zufällige Treffen. Sie auf dem Zebrastreifen. Wie spät war es da gewesen? Er hatte keine Ahnung. Er sah ihre Gestalt vor sich: die Umhängetasche, die sie mit beiden Händen festgehalten hatte. Und nach der merkwürdigen Unterhaltung beim Akerselva? An was erinnert sich ein Mann nach einem solchen einleitenden Kuss – auf dem Weg in das Schlafzimmer einer Frau? Er war geil wie ein Ochse gewesen und erinnerte sich nur an die Stimmung, ihre Hand in seiner, den Nieselregen und die Schritte auf regennassem Asphalt.
    Ihre Hand in meiner. Die Umhängetasche?
    Und was mache ich hier? In einem Auto vor ihrer Wohnung?
    Er fasste nach dem Türgriff und dachte: Sie ist zu Hause, steig aus, klingle und quetsch eine Erklärung aus ihr raus!
    Er blieb sitzen.
    Weshalb? Weil sie einfach aufgelegt hatte? Oder weil …
    Er öffnete die Augen und schaute durch die Windschutzscheibe zum Himmel hinauf. Die Wolken türmten sich schwarz auf, wie ein Haufen ölgetränkter Lumpen. Nach einem warmen Tag war in der Abenddämmerung die letzte Hitze über einem Höhenzug auf kühlere Luft getroffen. Die niedrige Wolkendecke bewegte sich schnell. Es wurde noch dunkler, und der Luftdruck stieg. Da zieht ein Unwetter auf. Er bekam Recht. Ein zickzackförmiger Blitz zerriss die Dunkelheit im Westen.
    In Gedanken zählte er langsam bis zehn, ehe der krachende

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