Blutfeuer
er anfing zu erzählen.
Oben an der Treppe empfing
sie Eichberg mit besorgtem Blick. »Ist alles in Ordnung, um Himmels willen? Ich
habe mir schon große Sorgen gemacht. Warum sind Sie überhaupt da runter? Was
wollten Sie denn da?«
»Haben Sie vielleicht etwas
zum Kühlen? Eis oder einen Kältepack?«, fragte Haderlein.
»Ja, natürlich«, antwortete
Eichberg sichtlich erschrocken, als er Lagerfelds Beule sah. Verunsichert
betrachtete er den hölzernen Knüppel in Haderleins Hand.
»Gut«, meinte Haderlein
entschlossen. »Sie schließen diese Kellertür jetzt hinter uns ab und sorgen
dafür, dass niemand in der nächsten Zeit hier herunterkommt, verstanden?«
Eichberg nickte wortlos und tat wie geheißen, bevor sie in den Aufzug stiegen.
Oben ließ Haderlein Lagerfeld verarzten und benachrichtigte die
Spurensicherung.
»Wir brauchen einen
Hundeführer«, gab er telefonisch durch, dann versuchte er, Huppendorfer
anzufunken, der aber nicht zu erreichen war. Er sprach ihm auf die Mailbox,
dass er sich baldmöglichst hier einzufinden habe.
*
Es war später Nachmittag in der Polizeihundeschule in
Neuendettelsau. Die Hunde waren mit ihren jeweiligen Führern den großen Platz
abgelaufen und hatten versucht, alles zu finden, was man vor ihren feinen Nasen
auf dem Parcours versteckt hatte. Sie standen bereits kurz vor dem Abschluss
ihrer Ausbildung, sodass die Besten es innerhalb der genehmigten zwanzig
Minuten auf eine Quote von fast siebzig Prozent brachten. Das war verdammt gut
und natürlich auch vorteilhaft für den Ruf der Ausbildungsstätte.
Der junge Übungsleiter Jockel Fuchs, der von Riemenschneider noch
tags zuvor so warmflüssig beglückt worden war, stand mit ihr genervt am
Startpunkt. Die beiden Kommissarfrauen lungerten mit einer geöffneten Flasche
Rotwein draußen am Zaun herum und warteten anscheinend auf eine weitere
defätistische Einlage ihres kleinen Schweins. Doch der junge Übungsleiter war
fest entschlossen, die Sache hier und heute zu beenden. Die anderen Kollegen
standen bereits mit feixenden Gesichtern am anderen Ende der Umzäunung, um sich
das Schauspiel des glorreichen Versagens dieses schweinischen Experiments nicht
entgehen zu lassen.
Er hatte klare Anweisung vom Chef bekommen. Die Beißübung konnte man
bei einem Spürhund ja noch liberal behandeln, aber jetzt wurde es ernst. Wenn
es das Ferkel nicht mindestens unter die bessere Hälfte des Feldes schaffen
würde, war das für Riemenschneider der Cut. Ende der Vorstellung. Fuchs
lächelte, während er dem kleinen Ferkel drei verschiedene Lappen unter den
Rüssel hielt. Nur einer davon war mit den richtigen Düften präpariert.
Dann gab er Riemenschneider den bereits erlernten Befehl.
»Riemenschneider, such!«, rief er, und das kleine Ferkel senkte seinen Rüssel
gen Boden. Fast musste Jockel schon im Vorhinein lachen. Das würde eine
erbärmliche Vorstellung für das Schwein werden. Aber da musste Riemenschneider
wohl durch.
Das kleine Ferkel stand regungslos in der Sand-Sägemehl-Mischung des
Platzes und schien nicht begreifen zu wollen, was man von ihm erwartete. Von
den anderen Hundeführern konnte man jetzt das erste nicht zu unterdrückende
Kichern und das Klimpern von Bierflaschen hören, mit denen vorsichtig
angestoßen wurde. Die späte Nachmittagssonne warf bereits lange Schatten über
den Platz, während Ute von Heesen und Manuela Rast gebannt das Geschehen von
der anderen Seite des Zaunes aus beobachteten.
»Was macht sie denn da?«, flüsterte Ute von Heesen besorgt.
Auch Manuela Rast schaute eher skeptisch drein, während sie ihr
Rotweinglas nervös zwischen den Fingern drehte. »Keine Ahnung, was in sie
gefahren ist«, meinte sie leise. »Aber ich vertraue ihr, sie wird schon wissen,
was sie tut.« Sie zwang sich zu einem Lächeln, hob ihr Glas und mit einem
feinen »Kling« stießen die beiden Frauen auf Riemenschneiders Gelingen an.
Hundeführer Jockel Fuchs wollte gerade zum zweiten und definitiv
letzten Mal den Suchbefehl aussprechen, doch dazu kam er nicht mehr. Als ob das
kleine Ferkel nur auf den Klang von zwei Rotweingläsern gewartet hätte, setzte
es sich schlagartig in Bewegung. Riemenschneider lief zum ersten Punkt auf dem
Parcours in etwa fünf Meter Entfernung und grunzte. Dann begann sie, mit den
Vorderfüßen zu graben. Zum Vorschein kam eine kleine, vertrocknete Hasenpfote.
Lange hielt sie sich nicht an dem Fundort auf, sondern tippelte sofort weiter.
Nach weiteren drei Metern fand sie die
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