Blutfeuer
hin, die berühmt-berüchtigte Intuition des Franz Haderlein? Unwillkürlich
schüttelte er sich und wählte die Nummer von Siebenstädter. Es gab hier
Messerarbeit mit Blutanalysen zu erledigen, da war der Professor genau der
Richtige. Er erreichte ihn beim gemeinsamen Essen mit einem schweizerischen
Kollegen, den er mitbringen würde. Auch recht, dachte Haderlein und tippte die
Nummer von Lagerfeld ins Handy. Der war bereits auf dem Weg nach Hause, da er
seinen verbeulten Kopf pflegen sollte. Die Hunde hatten im Keller und auch
sonst im ganzen Haus keine Spur von dem mysteriösen Zwerg finden können, dem
Lagerfeld angeblich gefolgt war.
Toll. Die Fortschritte in diesem Fall waren spärlich und mit
weiteren Leichen erkämpft. Aber zumindest gab es jetzt eine konkrete Aufgabe:
Sie mussten Theresa Rosenbauer finden. Mit oder ohne Gimli.
Gimli
Lagerfeld hatte eine
Wollmütze aufgesetzt, die die Sanitäter vom letzten Winter noch dabeigehabt
hatten, und darunter ein Kältepack platziert. Die Schmerzmittel verrichteten
ihre Arbeit, sodass er von seiner Knüppelverletzung kaum noch etwas spürte.
Wieder hatten die Hunde nichts gefunden und stattdessen diesen merkwürdigen
Niesanfall bekommen. Es war zum Verrücktwerden. In einer Übersprungshandlung
befühlte er seine Beule. Der Polizeibeamte neben ihm schaute mitleidig zu ihm
herüber, während er den Streifenwagen den Domberg hinunter steuerte. Lagerfeld
merkte schon die ganze Zeit, dass er irgendwie mit ihm ins Gespräch kommen
wollte. Jetzt schien er endlich den geeigneten Einstieg in eine Plauderei
gefunden zu haben. Wissend lächelnd deutete er in Richtung Lagerfelds Beule.
»Sachen Sie amal, Herr Kommissar«, meinte er dann schließlich, »so a Wollkappen
im Juli, macht des net a weng an warma Kopf?«
Lagerfeld überlegte sich
gerade eine passende Antwort auf diese dämliche Frage, als ihnen plötzlich ein
weißer dreirädriger Roller entgegenkam. Und zwar weit schneller als mit den
erlaubten dreißig Stundenkilometern. Hatte Haderlein nicht vorhin etwas von
einem flüchtigen Chemiker erzählt, der auf einem weißen MP 3 unterwegs war? So viele von den Dingern fuhren in
Bamberg ja nicht herum, da konnte eine Kontrolle sicher nicht schaden.
»Dem Roller da hinterher,
sofort!«, rief Lagerfeld dem Polizisten neben ihm zu und deutete hektisch
durchs Rückfenster.
»Jawoll, Chef«, antwortete
der Polizist mit großen Augen. Hoffentlich hatte er mit seiner Bemerkung über
den warmen Kopf des Kommissars nicht irgendetwas Unangenehmes ausgelöst. Egal,
von nun an würde er seine Arbeit so gut wie möglich machen. Ganz nach
Vorschrift. Er wendete auf dem Domplatz, schaltete Blaulicht und Sirene ein und
gab Gas.
»Nein! Nicht so, du Depp!«,
konnte Lagerfeld noch rufen, aber es war schon zu spät. Der Fahrer auf dem
Roller hatte seine Verfolger bemerkt. Ohne sich um den restlichen Verkehr zu
kümmern, schoss er Richtung Jakobsberg durch die schmale Öffnung zwischen den
alten Bauten hindurch, um gleich danach scharf nach links unten abzubiegen. Als
das Polizeifahrzeug ihm folgen wollte, sahen die beiden Insassen, wie sich der
Roller an dem dahinwindenden Verkehr vorbeischlängelte. Er fuhr, sie standen.
So wurde das nichts.
»Und etzerd?«, fragte der
Polizist.
»Aussteigen«, befahl
Lagerfeld dem Mann. Der gehorchte nur langsam, weil beleidigt, und Lagerfeld
musste ihn fast von dem Fahrersitz zerren. Als sie die Plätze getauscht hatten,
bog Lagerfeld mit Vollgas in die Maternstraße ein, die ebenfalls bergab führte.
»He, mir fahrn aber gechen
die Einbahnstraßn!«, protestierte Lagerfelds Beifahrerpolizist, doch der
Kommissar war wild entschlossen, diesmal nicht abgehängt zu werden. Mit
Blaulicht und Sirene stieß der Streifenwagen wie ein Habicht durch die enge
mittelalterliche Gasse. Natürlich kamen Leute die enge Einbahnstraße herauf,
und natürlich wollte Lagerfeld nicht anhalten. Rechts und links pressten sich
leichenblasse Fußgänger an die Mauern, und der ein oder andere
Lebensmitteleinkauf wurde polizeilich überrollt. Am Ende der Maternstraße
erblickten sie rechts den weißen Roller. Für einen kurzen Moment trafen sich
die Blicke von Pechmann und Lagerfeld. Der Kommissar konnte ein Lächeln
erkennen: überlegen, kalt und amüsiert. Dann startete der Roller wieder durch.
Mit viel Mühe und haarsträubenden Fahrmanövern schaffte es der Kommissar, sich
nicht abhängen zu lassen, während Kollege Beifahrer tausend Tode starb.
Sehr schnell wurde
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