Blutfeuer
Frau und machte Anstalten, sich auf ihn zu stürzen. Doch Pechmann
warf nur einen kurzen Blick dem Bärtigen zu, der blitzschnell reagierte.
Mit einer geübten
Handbewegung holte er die Pistole aus seinem Halfter und schlug der blonden
Frau den Griff der Waffe kurz, aber kraftvoll auf den Hinterkopf. Stöhnend
sackte sie in sich zusammen und blieb in der Mitte des Raumes liegen.
»Mein Gott. Immer dieses
Geflenne. Schaff sie weg, du weißt ja, wohin«, gab Pechmann die nüchterne
Anweisung.
Der Bärtige richtete einen
kalten, auffordernden Blick an den Wissenschaftler, der mit einer entschiedenen
Handbewegung abwinkte.
»Nicht beseitigen, nur
wegschließen. Sie ist tabu, du kennst die Anordnungen.« Seine Stimme ließ
keinen Widerspruch zu.
Der Miene des Bärtigen war zu
entnehmen, dass er persönlich eine weitaus tödlichere Vorgehensweise bevorzugt
hätte, aber er fügte sich. Er kannte die Regeln, sie waren eindeutig.
Als der Bärtige mit der
bewusstlosen Frau auf dem Rücken den Raum verlassen hatte, dachte Pechmann
nach. Das Zeitfenster war noch groß genug. Die vereinbarte Produktionsmenge
würden sie bis Montagabend mit links schaffen. Das hieß, dass er Europa am
Dienstag verlassen könnte, auf in ein neues Leben. Er lächelte entschlossen. Er
liebte Veränderungen, vor allem wenn sie spannend waren und ihn reich machten.
Doch jetzt hieß es erst
einmal, auf Nummer sicher zu gehen. Gimli hatte berichtet, dass sie ihm zwei
Mal dicht auf den Fersen gewesen waren. Es wurde Zeit, die Brücken hinter sich
abzubrechen, die Löcher zu versiegeln. Es gab sowieso kein Zurück mehr.
Es summte an der Tür, und in
den Raum trat ein kleinwüchsiger Mann mit watschelndem Gang, brauner Lederhose
und grauem Umhang. Die blonden Haare waren nach hinten zu einem buschigen Zopf
gebunden, die Füße steckten in uralten, speckigen Sportschuhen. Leonhard
Pechmann grinste ihn an und sagte mit verheißungsvoller Stimme: »Gimli, du
vertrockneter, alter Krüppel, jetzt werden wir unseren Spaß haben. Pack die
Kisten, die du geholt hast, in den Bollerwagen, dann folge mir.«
Der Zwerg legte den Kopf
leicht schief, betrachtete Leonhard Pechmann, wie dieser seine Jacke anzog,
bewegte sich jedoch nicht von der Stelle.
Der Wissenschaftler beäugte
ihn misstrauisch und herrschte ihn schließlich an: »Was ist, du Idiot? Bist du
blöd, oder was?« Manchmal regte ihn dieser Gnom wirklich auf, wenn er mal
wieder gar nichts verstand. Und störrischer als ein Esel war er noch dazu. Eine
ausgesprochen lästige Mischung. Dann sah Pechmann plötzlich etwas in der Hand
des Zwerges schimmern.
»Was hast du denn da
Schönes? Ein rosa Püppchen?«, kicherte er. »Das darf ja wohl nicht wahr sein.
Unser kleiner Waffenknecht hat tatsächlich ein Püppchen geklaut. Das ist ja
nicht zu fassen.«
Der Zwerg zuckte zusammen
und ließ das kleine Einhorn unter seinem grauen Umhang verschwinden. Dann
wandte er sich wieder an den dreimal so großen Pechmann. Gimli sah ihn an,
bevor er in seiner holprigen Art fragte: »Totmachen?«
Pechmann musste lauthals
lachen. Was für ein kleiner Depp! »Nein, du Narr«, belferte er genervt. »Wir
machen nur kaputt. Verstehst du? Kaputt, nicht tot.« Dann schloss er den
Klettverschluss seiner Jacke.
»Kaputt«, sagte Gimli und
wackelte Pechmann voraus durch die Tür. Ein Unbeteiligter hätte nicht unbedingt
sagen können, ob er »kaputt« unproblematischer fand als »tot«, aber fast schien
es Pechmann so. Kopfschüttelnd folgte er dem Zwerg in den dunklen, nur diffus
beleuchteten Gang.
*
Anopheles die Siebte war wieder zu ihrem Teich am Memmelsdorfer
Schloss zurückgekehrt. Sie hing an einem Schilfrohr und war sehr zufrieden. Es
gab hier sehr viele Menschen, es war warm, und unter ihr im Wasser entwickelten
sich die Larven prächtig. Nur noch wenige Tage, und ihre Brut würde schlüpfen.
Dann würden Hunderte ihres Volkes sich in die Lüfte erheben und sich auf die
ahnungslosen, warmen, blutdurchströmten Menschen stürzen. Ein wahres Festmahl.
Sie hatte den Sturm schon fast vergessen, der sie so weit von zu Hause
weggetragen hatte. Hier war es so schlecht auch nicht.
*
In der Dienststelle saßen alle beim Kriegsrat zusammen. Nur
Huppendorfer war noch nicht da. Er filzte das Pechmann’sche Anwesen, das
dauerte seine Zeit.
Haderlein versuchte gerade, den aktuellen Stand der Dinge
zusammenzufassen. »Also, wenn ich das richtig verstehe, dann wird dieser abscheuliche
Tod durch sogenannte Plasmodien
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