Blutfeuer
dass sie es – fünftens –
irgendwem wert ist, dafür Menschen zu ermorden und ein Kind zu entführen.
Irgendwelche Vorschläge, was das sein könnte?« Fragend blickte der
Hauptkommissar in die Runde.
Lagerfeld kam das Kokain im Burghof der Altenburg wieder in den
Sinn. »Also, ich tippe mal, dass es irgendwas mit Rauschgift zu tun hat«, sagte
er spontan. »Damit wird im Moment am meisten Geld verdient. Und mit Waffen.«
Haderlein nickte. »Meine Vermutungen gehen in dieselbe Richtung. Wir
sollten mal bei den Kollegen vom Zoll nachfragen, vielleicht ist bei denen
etwas Erhellendes zu holen. Apropos Erhellendes, Huppendorfer, etwas erreicht
beim Verhör von diesem Gesalbten? Irgendetwas Erhellendes rausbekommen?«
Alle am Tisch lachten, nur die beiden Wissenschaftler schauten
verständnislos aus der Wäsche.
Doch Huppendorfer antwortete nicht. Stattdessen starrte er mit
großen Augen auf seinen Computerbildschirm. »Das gibt’s ja gar nicht!«, konnte
man ihn völlig verblüfft rufen hören. »Kommt mal alle her, schnell!«
Die Runde erhob sich und stellte sich neugierig hinter Huppendorfer
auf, um zu sehen, was ihn so erregte. Auf dem Monitor war nichts Sensationelles
zu erkennen. Nur Zahlenkolonnen und eine Grafik.
»Und? Was soll das sein?«, fragte Lagerfeld ratlos.
Einzig Lacroix hatte ziemlich schnell begriffen. »Das ist ein
Blutbild und ein Gentest von ein und demselben Lebewesen, wenn ich mich nicht
irre«, sagte er fröhlich, während er bereits sein viertes Honigbrot mampfte.
»Und von welcher Person ist die genetische Analyse?«, fragte
Haderlein ungeduldig.
Huppendorfer sinnierte kurz noch einmal, ob das auch alles stimmen
konnte, aber es gab keinen Zweifel. »Das Blut haben wir auf dem
Wohnzimmerteppich der Rosenbauers gefunden. Dort, wo die Frau des Doktors
erschossen wurde. Zumindest wenn es stimmt, was mir Christian Rosenbauer kurz
vor seinem Tod erzählt hat.«
»Ja, und?«, fragte jetzt auch Lagerfeld ungeduldig. »Wo liegt das
Problem?«
»Das Problem«, sagte Vincent Lacroix schmatzend, während er sich
schnaufend vornüberbeugte, um sich mit der freien Hand auf dem Computertisch
abzustützen, »das Problem ist, dass diese Blutprobe nicht menschlichen
Ursprungs ist. Sie ist von einem Tier.«
Haderlein konnte es nicht glauben. »Was? Wie meinen Sie das, von
einem Tier?«
»Wie, einem Tier?«, meldete sich auch Lagerfeld wieder zu Wort.
»Haben die auch noch ihren Hund erschossen, oder was?« Seine Verwirrung wurde
immer größer.
»Keinen Hund«, warf schließlich wieder Huppendorfer ein, »Ratten.
Das Blut stammt von männlichen Ratten. Steht hier jedenfalls.«
Haderleins Gehirn lief auf Hochtouren, während Lagerfelds unter
plötzlicher Überlastung litt.
»Soll das heißen, die hatten ne Rattenplage im Haus und haben die
Viecher auf dem Wohnzimmerteppich gekillt? Das ist ja ekelhaft.« Angewidert
wandte Lagerfeld den Kopf vom Bildschirm ab.
»Nein, das glaube ich nicht«, sagte Huppendorfer. »Ich glaube eher,
dass alles nicht so ist, wie es aussehen soll. Es gibt nämlich noch eine
Überraschung.« Alle drehten sich wieder dem Computer zu. Huppendorfer klickte
das Fenster mit dem Diagramm weg, und stattdessen erschien ein
Schwarz-Weiß-Foto, das offensichtlich von einer Blitzampel stammte. Auf dem
Foto war ein schwarzer Jaguar mit zwei Personen zu erkennen. Eine blonde,
langhaarige Frau und auf dem Beifahrersitz – der Gesalbte. Es gab keinen
Zweifel, es war Daniel Brosst.
»Wer ist die Schönheit denn da am Steuer?«, wollte Lagerfeld wissen.
»Das Fahrzeug ist auf Gerlinde Rosenbauer zugelassen. Und nach
Bildabgleich ist sie auf dem Foto auch die Fahrerin.«
Haderleins Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen. »Sieh an.
Unser Prediger hat also die gute Frau Rosenbauer gekannt. Das sind ja
interessante Neuigkeiten.« Auch Haderleins Gehirn wand sich nun unter der
Überlast.
Lagerfelds Gedanken gingen in eine ganz andere Richtung, er empfand
sehr spezielles Mitleid. »Echt schade um so eine Frau. So etwas erschießt man
doch nicht«, ließ er ungeniert vom Stapel.
»Na ja, vielleicht geht da ja noch etwas mit dir und Frau Gerlinde
Rosenbauer, wenn du sie so toll findest«, knurrte Haderlein zynisch, während er
mit dem Finger auf die Daten am unteren Rand des Fotos deutete.
Lagerfeld neigte sich nach vorn und nahm die Sonnenbrille ab, um die
kleine Schrift besser lesen zu können. »Das war ja erst gestern Vormittag,
Kreuzung Ottokirche«, murmelte er
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