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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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erstaunt.
    »Genau«, pflichtete ihm Haderlein mit hoch konzentriertem
Gesichtsausdruck bei. Seine Augen begannen vor Konzentration zu glühen. »Einen
Tag nach ihrem angeblichen Dahinscheiden auf dem Teppich! Muss ne wirklich gute
Rattenblutshow gewesen sein, wenn Rosenbauer darauf reingefallen ist.«
    Lagerfeld wäre am liebsten in lautes Lachen ausgebrochen, aber das
blieb ihm im Hals stecken. Stattdessen wiederholte er seine bereits auf der
Altenburg geäußerte Meinung zu der ganzen Angelegenheit. »Ich habe dir doch
schon gesagt, Franz, wir werden hier verarscht. Aber so richtig.«
    An der Tür war ein Summen zu hören. Kurz danach wurde eine Gestalt
in das dunkle Zimmer gestoßen und die Tür wieder geschlossen. Theresa richtete
sich erschrocken in ihrem Bett auf, wagte aber vor lauter Angst nicht zu
sprechen. Wer war das da auf dem Boden? In dem Raum war es stockdunkel, und sie
konnte nichts sehen. Nur das leise Weinen einer Frau war zu hören.
    Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. Sie konnte hier nicht raus
und ängstigte sich, mit einer Fremden im Dunkeln eingesperrt zu sein.
    »Wer ist da?«, rief sie so laut sie konnte. Das Weinen erstarb auf
der Stelle und wich einem leisen Schniefen.
    »Wer ist da?«, rief Theresa Rosenbauer noch einmal. Auch sie war
jetzt vor Angst den Tränen nah. Sie hörte, wie sich die Frau in der Mitte des
Zimmers aufsetzte und schnäuzte. Plötzlich sagte eine ihr wohlbekannte Stimme:
»Ich bin’s Schatz, deine Mama.« Dann fing sie wieder zu weinen an.
    »Mama?« Theresa Rosenbauer war einen Moment wie gelähmt, dann
schlüpfte sie aus ihrem Bett und kroch der Frauenstimme entgegen. Als sie ihre
Mutter gefunden hatte, nahmen sich beide fest in die Arme, und es flossen
Tränen.
    »Wo ist Papa? Kommt er auch bald?«, fragte Theresa leise und
klammerte sich an ihre Mutter.
    Gerlinde Rosenbauer drückte ihre Tochter eng an sich, dann sagte sie
mit tränenerstickter Stimme: »Ich habe einen großen Fehler gemacht, Theresa.«
Ihre Stimme stockte einen Moment. »Einen, den ich mein Leben lang bereuen
werde«, hauchte sie fast unhörbar. Dann presste sie ihre Tochter wieder an
sich. Theresa Rosenbauer war zwar noch klein, aber geistig hellwach. Sie war
ein erst sechsjähriges Mädchen, aber eines hatte sie trotzdem begriffen: Mit
ihrem Vater war etwas ganz und gar nicht in Ordnung, und sie und ihre Mutter
befanden sich wahrscheinlich in großer Gefahr.
    Alle Beteiligten in der Dienststelle mussten das Gehörte und
Gesehene erst einmal verdauen. Aber das war noch nicht alles, Huppendorfer
hatte noch mehr Enthüllungen auf Lager. »Das hier habe ich in der Wohnung von
Leonhard Pechmann gefunden«, sagte er und legte einen orangefarbenen Ordner auf
den Tisch.
    Haderlein griff sich die dünne Mappe und öffnete sie. Stirnrunzelnd
schaute er Cesar Huppendorfer an.
    »Das sind Faxe«, sagte der junge Kollege. »Faxe, die an eine Nummer
in China gingen, und Faxe, die von dort zurückgesandt wurden. Aber jetzt fragt
mich bitte nicht, was da drinsteht, ich kann kein Chinesisch.« Er zuckte mit
den Achseln.
    »Gib mal her«, sagte Lagerfeld und studierte die Blätter der Reihe
nach fachmännisch von oben nach unten, womit er erst einmal von allen
spöttische Blicke erntete. Schließlich sagte er zur allgemeinen grenzenlosen
Verblüffung: »Also, da oben in der Kopfzeile steht irgendwas von einer
Bestätigung und das Datum vom Mittwoch. Außerdem eine Gewichtsangabe, 8,7
Tonnen, und ein Name. Carolin. Genau: 8,7 Tonnen, Carolin, kommenden Montag,
dreiundzwanzig Uhr. Das Fax ging übrigens an eine Firma in Shanghai, steht ja
auch groß und breit im Absender.« Er legte die Papiere auf die Seite, schaute
sich um und erschrak. Lauter erstaunte Gesichter mit weit offen stehenden
Mündern glotzten ihn an.
    »Du … du kannst Chinesisch?«, fragte Honeypenny mit einem mehr als
anerkennenden Unterton in der Stimme.
    Lagerfeld war etwas verunsichert, aber auch angenehm von der
Hochachtung berührt, die ihm mit einem Mal entgegengebracht wurde. Eine kleines
Gefühl der Eitelkeit durchflutete ihn. »Na ja, so viel schwerer als Fränkisch
ist das nun auch wieder nicht«, meinte er abwiegelnd. Da Haderleins Blick schon
wieder drohend zu werden begann, war es wohl besser, eine ernsthafte Erklärung
vorzulegen. »Äh, also, nein, ich hatte mal Sinologie an der FH , zwei Semester lang.«
    Alle schauten ihn skeptisch an. Lagerfeld legte seine
Handinnenflächen zu einer Art betenden Haltung aneinander und

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