Blutfeuer
wusste
sie schon, wie es ging, und war dementsprechend weniger nervös, was dazu
führte, dass sie nicht nur die zehn versteckten Aufgaben gefunden hatte,
sondern auch noch ein Hundehalsband, ein Gebiss, einen Fünfzigmarkschein von
anno dazumal und die verrosteten Überreste einer Hundemarke. Der dazugehörige
Hund war schon längst verstorben. Michael Schuller wagte nichts mehr zu sagen,
und der Rest der Hundeführermannschaft spendete am Ende der Prüfung ehrlichen
und ausgiebigen Beifall, was ihr in der Wirtschaft nun eine Schüssel Apfelpüree
und eine Schale Kellerbier eingebracht hatte. Schmatzend machte sie ihre
Belohnung unter dem Tisch nieder. Manuela Rast und Ute von Heesen stießen
unterdes auf der oberen Ebene mit den Hundeführern an. Keiner der Mannschaft
hatte Lust, schon heimzufahren.
»Wir bleiben noch ein bisschen!«, rief Manuela Rast lachend
Riemenschneider zu. »Ich hab dir noch ein Kellerbier bestellt, Große.«
Mit diesen Worten wurde die flache Schale von Manuela Rast wieder
bis zum Rand mit dem flüssigen Brot gefüllt, womit die Riemenschneiderin ganz
und gar einverstanden war. Von ihr aus konnte das noch eine ganze Weile so
weitergehen. Am Anfang war das ja ein eher stressiger Job gewesen, aber
spätestens jetzt fand sie den Polizeidienst richtig klasse.
»Also gut«, sagte Haderlein, und jeder konnte sehen, dass er sich
einen Plan zurechtgelegt hatte. »Wir werden folgendermaßen vorgehen.« Alle
sahen gespannt auf den Hauptkommissar, der zu dem Flipchart in der Ecke ging.
Mit seinem Edding malte er schwungvoll eine große schwarze Eins in die linke
obere Ecke und schaute dann zu Huppendorfer.
»Huppendorfer, Sie werden ein Team zusammenstellen und diesen
Waldmüller beschatten lassen, klar? Der weiß todsicher mehr, als er uns gesagt
hat. Ich will das volle Programm: Telefonüberwachung, Computer, das Haus
verwanzen, optische Überwachung und Richtmikrofone im Nebenhaus. Die gleiche
Veranstaltung findet bitte bei Eichberg und der Firma Bartosch statt. Alles
klar? Zweitens.« Er schrieb eine große Zwei auf das Chart und richtete seinen
Blick auf Lagerfeld. »Du, Bernd, hast doch bestimmt noch immer gute Kontakte zur GER ?«
Als ihn die Kollegen fragend anschauten, kam ihm Lagerfeld
erklärungstechnisch zu Hilfe. »Gemeinsame Einsatzgruppe Rauschgift. Ist eine
Sonderkommission aus Zollfahndern und uns. Sitzen in Nürnberg. In meiner Zeit
bei der Sitte hatte ich andauernd mit denen zu tun. Waren wilde Zeiten damals.«
Versonnen lächelnd malte er eine To-do-Liste in seinen Notizblock.
»Okay, Bernd«, sagte Haderlein. »Dann hak doch bei denen nach, ob
die etwas über Chinesen, Rauschgift et cetera wissen, irgendetwas in dieser Richtung.
Und wenn damit du fertig bist, wartet noch eine Extraaufgabe auf dich. Etwas
Anspruchsvolles, Delikates.«
Lagerfeld lächelte das Lächeln des heimlichen Wissens. Etwas
Delikates? Das konnte doch nur etwas mit Frauen zu tun haben. Na, solche
Extraaufgaben übernahm er doch gern. Mit dem breitesten Grinsen wandte er sich
seinem Vorgesetzten zu, um zu hören, wie es weiterging. Jener hatte sich wieder
zu seinem Flipchart umgewandt und setzte gerade eine große Drei unter die
Zahlenreihe.
»Kollege Siebenstädter. Ich würde es begrüßen, wenn Sie und Ihr hoch
kompetenter Kollege aus der Schweiz möglichst schnell herausfinden könnten, was
mit diesem Blut der Opfer geschehen ist. Ich möchte nicht noch mehr Tote.« Er
schaute abwechselnd von Siebenstädter zu Lacroix und wieder zurück, damit sie
die Dringlichkeit ihrer Aufgabe verstanden. »Haben Sie eine ungefähre
Vorstellung, wie lange das dauert?«
Lacroix rieb sich nachdenklich die dicken Backen. »Herr Kommissar,
dazu bräuchten wir erst einmal einen geeigneten Arbeitsplatz. Wäre es wohl
möglich, die Einrichtung auf Sandhof zu benutzen? Ich habe selten ein so
exzellent ausgestattetes Labor gesehen, außerdem kann man dort zur Not auch
übernachten.«
»Und der Kühlschrank ist auch noch voll, ideale Voraussetzungen
also«, meinte Siebenstädter sarkastisch, da er beleidigt war, dass Kollege
Lacroix von Haderlein mit »hochkompetent« tituliert worden war, er aber nicht.
Haderlein überlegte kurz.
»Gut, das müsste sich regeln lassen. Ich kläre das gleich mit
Fidibus, wir haben sowieso noch etwas zu besprechen.« Auffordernd blickte er in
die Runde. »Das war’s, meine Damen und Herren, an die Arbeit. Heute ist zwar
der heilige Sonntag, aber es hilft alles nichts: Bis morgen früh
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