Blutfeuer
sie
verantwortlich, Gimli. Du bist von nun an der Einzige, der sie noch beschützen
kann.« Sie umarmte ihn und sagte leise: »Bitte bring meine Tochter lebend hier
raus, Gimli, das musst du mir versprechen. Versprich es mir, Gimli.« Wieder
liefen ihr die Tränen über das Gesicht.
Der Zwerg schaute sie zuerst
regungslos an, dann glitt sein Blick zwischen Theresa und ihrer Mutter hin und
her. »Gimli versprechen«, schnarrte er heiser. »Gimli achten Theresa. Gimli
versprechen.« Er reichte Gerlinde die Grubenlampe und fügte noch hin-zu,
während er auf seine große Nase deutete: »Nicht brauchen, Gimli riechen.«
Dankbar nahm sie das rußende
Licht und ihn noch einmal gerührt in den Arm. Dann schob sie beide zu dem engen
Loch. »Jetzt geht, ihr habt keine Zeit zu verlieren«, sagte sie entschlossen,
fasste selbst eine Leitersprosse mit der freien Hand, setzte das gesunde Bein
auf das unterste Eisen und zog sich mit schmerzverzerrtem Gesicht hoch. Als sie
das verletzte Bein nachzog, konnte sie gerade noch sehen, wie ihre Tochter
durch die enge Sandsteinöffnung des verschütteten Tunnels verschwand.
Sie wollte weinen, schreien,
toben, es zerriss ihr schier das Herz. Ihre Tochter befand sich nun allein mit
Gimli in Todesgefahr, und sie konnte ihr nicht mehr helfen. Aber sie war ja
selbst schuld an der Situation, sie ganz allein. Jetzt konnte sie nur noch
versuchen, ihren unbarmherzigen Verfolger aufzuhalten. Mit größter Mühe
verdrängte sie alle Gedanken an Theresa aus ihrem Bewusstsein und erklomm eine
Sprosse nach der anderen. Sie war schon fast oben, als sie hörte, wie ihr von
unten jemand folgte. Sie nahm den Tragebügel der Lampe zwischen ihre Zähne und
griff nun mit beiden Händen zu. Sie hatte nicht die Absicht aufzugeben. Sie war
jung, sie war sportlich, und die Wunde am Bein war nicht der Rede wert.
Nach unzähligen gemeisterten
Trittstufen zog sie sich über den Rand und blieb schwer atmend sitzen. Sie
konnte nicht mehr weiter. Der Schmerz im Bein war unerträglich. Sie kauerte
sich mit dem Rücken an die Sandsteinwand und umschloss stöhnend ihren
Holzprügel. Jetzt würde er endlich zum Einsatz kommen. Eine erbärmliche Waffe
im Vergleich zu einer modernen Pistole, aber auch damit konnte man sich
verteidigen.
Nach kurzer Zeit legte sich
eine Männerhand auf den Rand des Ausstiegs. Gerlinde Rosenbauer nahm allen Mut
zusammen und schlug zu, so fest sie konnte.
Gimli hatte seinen Rucksack
durch die Öffnung geschoben und gehört, wie er auf der anderen Seite nach unten
plumpste. Dann kroch er selbst hindurch und half Theresa, indem er sie an den
Händen nachzog. Sie warteten einen Moment ab, denn von der Kammer her näherte
sich ein heller Lichtschein. Für einen kurzen Moment erhellte der Strahl einer
kräftigen Lampe das enge Loch, und Theresa konnte sehen, dass der Gang, in dem
sie sich befanden, begehbar, aber ziemlich verfallen war. Der Boden war übersät
mit Gesteinsbrocken jeglicher Größe. Dann erlosch das Licht wieder, und sie
hörten, wie jemand ihrer Mutter die Eisenleiter hinauf folgte.
»Ich habe Angst, Gimli«,
sagte Theresa leise und weinerlich. Ihre Hände irrten in der Dunkelheit umher
und fanden schließlich die Schulter des Zwerges, der gebückt in seinem Rucksack
wühlte.
»Nicht Angst«, beruhigte er
sie leise. »Gimli wissen, Gimli achten. Gimli versprochen«, sagte er schnell
hintereinander. Dann richtete er sich auf und band Theresa etwas um die Hüfte.
Sie spürte, dass es sich um ein dünnes Seil handeln musste, bevor sie ein
metallisches Klappern hörte. Der Zwerg hatte sich den Rucksack wieder auf seine
Schultern gesetzt.
»Kennst du den Weg, Gimli?«,
fragte Theresa besorgt. Das Bild des Ganges, das sich in ihr Gedächtnis
eingebrannt hatte, war wenig vertrauenerweckend gewesen.
»Gimli wissen«, sagte der
Zwerg. »Gimli kennen, Gimli klein.« Dann machte er eine kurze, nachdenkliche
Pause. »Gimli klein wie Theresa. Gimli klein spielen. Gimli kennen.« Kurz zog
er an dem Seil. »Gehen, Hand«, schnarrte er leise, und Theresa fühlte, wie
seine kleine, aber breite Hand nach der ihren tastete. Sie spürte die raue
Handinnenfläche des Zwerges, der sie im Dunkeln nach vorn zog. Sie konnte ihn
nicht sehen, aber hören, wie er wieder vernehmlich die Luft einsog, um die
Gerüche des Ganges vor ihnen in sich aufzunehmen. Stetig wackelte der Zwerg
voran, immer in leichter Schlangenlinie um die Felsbrocken herum. Theresa hielt
sich krampfhaft an der kompakten,
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