Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
sie sein konnte. Da bedeutete aber nicht, dass sie bereit war, für diesen Mann im Gefängnis zu verrotten. Sie zückte ihr Messer und folgte Adams Fußspuren in die Höhle hinein. Dafür, wie er ihr im Haus der Hardings in den Rücken gefallen war, war er ihr noch etwas schuldig. Und die Furcht, die vom Rotschopf ausging, konnte sie förmlich riechen. Wenn die Bullen hier eintreffen würden, wäre Morgan schon lang auf und davon. Ihr blieb tatsächlich genug Zeit, um Spaß zu haben.
Als sie Adam in die Höhle hineinfolgte, unterdrückte Jenna den Drang zu schreien. Dieses Mal war da nicht Bobs Hand, die sie halten konnte, also krallte sie sich an Adams Arm fest. Sie musste schließlich ihren Gefangenen in ihrer Nähe behalten. Allerdings kam sie sich schon recht bescheuert vor, weil ihr kein eigener Plan zur Rettung der Kinder eingefallen war. So, wie die Dinge lagen, ließ sie Adam sogar die Taschenlampe halten. Es gefiel ihr nicht, ihm eine potentielle Waffe in die Hand zu drücken, aber nur so konnte sie ihre Schusshand frei halten. So weit verhielt er sich gefügig. Aber sie waren in seinem Territorium. Und sehr weit entfernt von Jennas Komfortzone. Die Schwärze bedrängte sie von allen Seiten, so wie gestern. Nicht ganz so schlimm, dank Adams Taschenlampe, aber immer noch schlimm genug. Er brauchte nur das Licht auszuknipsen, und sie wäre hoffnungslos verloren.
»Vorwärts, weiter«, blaffte sie ihn an, als er kurz zögerte. Sie befanden sich in einer großen Kammer am Anfang der Höhle. Jenna konnte zwei Pfade erkennen. Einer führte nach unten, der andere führte offensichtlich in eine seitliche Kammer. Ihr Blut pulsierte in ihrem Hals und sie war fest davon überzeugt, dass Adam jetzt versuchen würde, sie auszuschalten, und hob ihre Waffe. Sie war bereit, abzudrücken. Aber er räusperte sich lediglich.
»Ich bin mir nicht sicher … würden Sie … Ich meine, in der einen Kammer, die ich als mein Schlafzimmer benutze, gibt es eine Petroleumlampe. Wir könnten sie hier hinstellen. Sie ist ziemlich hell. Wäre das okay?«
Gott sei Dank stand er mit dem Rücken zu ihr. Sie hätte ihn sonst beinahe erschossen.
»Ja, okay. Hol die Lampe.«
Er gab ihr die Taschenlampe und zog seinen Kopf ein, um in die Seitenkammer zu kriechen. Einen kurzen Moment später tauchte er wieder auf und hielt eine Coleman-Campinglampe in der Hand. Er zündete sie an und ging dann auf den zweiten Pfad zu.
»Wenn wir sie hierlassen, werden Sie immer wissen, wo der Ausgang ist.«
»Brauchst du denn das Licht nicht?«, fragte sie ihn, während er sie den Pfad entlang und über einen kleinen Fluss führte.
»Nein, Ma’am. Ich finde meinen Weg hier, egal ob es hell oder dunkel ist. Manchmal ist es sogar einfacher im Dunkeln. Dann ist es weniger gruselig.«
Jenna bezweifelte, dass die Opfer seines Vaters das auch so sahen. Sie durchquerten eine Kammer mit blassweißen Felsformationen. Die Höhlenmalerei, die auf Schulterhöhe an der Wand prangte, erinnerte sie daran, dass sie nicht die ersten Menschen waren, die hier entlanggingen. Schließlich verstand Jenna, was Adam gemeint hatte, als er sagte, es sei weniger gruselig im Dunkeln. Es gab noch einen weiteren unterirdischen Fluss – vielleicht handelte es sich auch um einen Arm desselben Flusses von vorhin. Dieser hier war jedenfalls reißend. Weißes, aufgeschäumtes Wasser rauschte vorbei und Jenna konnte seine Tiefe nicht abschätzen. Ein solcher Fluss hatte Marion Caine verschluckt und für immer tief ins Bergesinnere verschleppt.
Adam stand auf der anderen Seite des Flusses und hielt Jenna seine mit den Handschellen gefesselten Hände hin, um ihr beim Überqueren behilflich zu sein. Er hätte nur davonzurennen brauchen. Oder er hätte sie in die Fluten stoßen können. Er hätte vieles tun können, aber er tat es nicht. Trotzdem traute sie ihm noch immer nicht.
»Wie weit noch?«
Er deutete mit dem Kopf auf eine Kammer, die sich an ein paar heruntergestürzte Felsbrocken anschloss. Aus der Richtung drang ein schwacher Lichtschein zu ihnen.
»Da drinnen.«
Sie waren in der Tat schon sehr nahe, denn auf einmal hörte Jenna undeutliche Schreie, die hinter den Felsbrocken hervordrangen.
Sie biss die Zähne aufeinander, nahm drei Schritte Anlauf und flog durch die Luft. Sie erinnerte sich daran, das Gleiche mit ihrem Pferd gemacht zu haben, als sie noch ein junges Mädchen war. Sie landete unsanft und wäre beinahe nach hinten ins Wasser gerutscht, aber Adam fing sie auf
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