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Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)

Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CJ Lyons
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analysieren, was genau er getan hatte, damit Dad ihn erneut anlächeln würde.
    Nach den kleinen Kindern zu sehen und sich an Dads Stelle um sie zu kümmern, müsste ein klarer Schritt in die richtige Richtung sein. Beinahe so gut wie einen Fisch an Land zu ziehen. Adam begann bei Martys Haus. Im Carport parkte der Honda von Martys Mom und gab noch tickende Geräusche von sich, während der Motor langsam abkühlte. Sie musste gerade erst von ihrer Schicht im Krankenhaus nach Hause gekommen sein. Adam schlüpfte zwischen der Backsteinmauer und den Schierlingstannen an der Vorderseite des Hauses hindurch. So hatte er ein ideales Versteck, von dem aus er durch das große Panoramafenster ins Innere spähen konnte. Zu seiner Überraschung sah er, dass Marty noch wach war. Es war lang jenseits der Schlafenszeit für kleine Kinder. Und was noch viel schlimmer war: Martys Mutter schimpfte mit ihm.
    »Ab ins Bett, junger Mann!«
    »Wann kommt Daddy nach Hause? Ich will, dass Daddy kommt!«, heulte er so laut, dass Adam glaubte, das Fenster könnte jeden Moment aus dem Rahmen springen. Martys Mom nahm ihren Sohn in die Arme, aber er wand sich aus der Umarmung. Als er lang genug mit dem Brüllen innehielt, um tief einzuatmen, konnte Adam sie schreien hören: »Er kommt nicht wieder, er kommt überhaupt nie wieder! Und jetzt ab mit dir ins Bett, bevor ich dir den Hintern versohle!«
    Marty blieb wie versteinert stehen, Mund und Augen sperrangelweit offen. Denselben Ausdruck reinsten Horrors kannte Adam von den Fischen, wenn sie bei Dad an der Angel gelandet waren.
    Marty rannte aus dem Zimmer, das laute Trommeln seiner kleinen Füße war noch zu hören, als er schon den Flur hinunter verschwunden war. Es sah so aus, als wolle die Mutter ihm nachlaufen. In Adam kochte Wut hoch. Sie hatte kein Recht, ein kleines Kind so anzuschreien. Natürlich vermisste er seinen Dad. Welches Kind würde das nicht? Wenn sie Marty hinterherlief, würde er ins Haus eindringen und sie davon abhalten. Er war auch oft geschlagen worden. Auf keinen Fall würde er zulassen, dass man seinen kleinen Bruder so behandelte. Dad würde das nicht zulassen. Aber sie lief Marty nicht hinterher. Stattdessen ließ sie sich aufs Sofa fallen, vergrub ihr Gesicht in den Händen und weinte. Adam konnte das nicht mit ansehen. Er hasste weinende Frauen, so wie Dad. Also machte er sich auf den Weg zu Darrin, um nach ihm zu sehen.

    Ein einsamer Schotterweg führte bergauf zu Darrins Haus. Es war ein Haus, kein Zuhause. Es strahlte weder Wärme noch Behaglichkeit aus. Der Hügel stieg steil an, wenn er sich auch im Vergleich zu dem Berg, der im Hintergrund aufragte, eher niedrig ausnahm. Wegen des Berges lag das Haus immer im Schatten. In jedem Fenster brannte Licht. Trotzdem wirkte hier alles bedrückender als am Fuß des Hügels, wo Marty wohnte. Es war auch kälter.
    Bevor Dad Morgan auserwählt hatte, war er öfter bei Darrin als bei allen anderen Kindern gewesen. Stets war er mit verkniffenen Augen und voller Wut zurückgekehrt. Vielleicht, weil der Mann von Darrins Mutter so reich war. Oder weil er nie zu Hause bei seiner Familie war. Als Lobbyist arbeitete er die meiste Zeit unter der Woche in Washington D.C. und flog in seinem Privatflugzeug nur am Wochenende nach Hause.
    Adam hatte Dad einmal gefragt, warum Darrin und seine Mutter nicht mit ihrem Mann zusammenlebten, und warum er so ein teures Haus am Berghang gebaut hatte, wenn er sich nie darin aufhielt. Dad hatte geantwortet, dass der Hurensohn ein perfektes Gefängnis hatte bauen wollen. Damit warf Dad mehr Fragen auf, als er Antworten gab, aber Adam wusste, dass man besser aufhörte zu fragen, wenn er diesen Gesichtsausdruck hatte. Er hielt also seinen Mund und sah zu, als Dad ihm zeigte, wo die Videokameras angebracht waren und wie man feststellen konnte, ob der Alarm ein- oder ausgeschaltet war. Jedes Mal, wenn sie nach Darrin sahen, war der Alarm ausgeschaltet, aber Adam wollte kein Risiko eingehen. Er bahnte sich seinen Weg über die schneebedeckten Piniennadeln auf dem Boden und leuchtete mit seiner Taschenlampe in ein Kellerfenster. Wenn er seinen Körper im richtigen Winkel drehte, sich den Fensterschacht halb hinunterbeugte und dann nach links streckte, konnte er den Alarmmelder sehen. Grünes Licht. Der Alarm war aus.
    Adam klopfte sich den Dreck, die Blätter und die Piniennadeln von den Kleidern und stapfte dann entlang des Fundaments des Hauses den Hügel weiter nach oben. Die Mauer aus

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