Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
den Hals gefesselt. Sie lag zusätzlich auf dem Bauch, ihre Handgelenke waren mit Handschellen über Kreuz an die Fußgelenke der jeweils anderen Körperseite gefesselt, was furchtbar schmerzhaft sein musste. Trotzdem gab sie keinen Laut von sich.
Lucy geleitete beide zu ihrem Wagen und wies die beiden Befreiten an, auf die angeforderte Unterstützung zu warten. Sie zog kurz in Betracht, ihnen Gesellschaft zu leisten und ebenfalls zu warten. Aber sie hatte keine Ahnung, wie lang es dauern würde, bis die Kollegen eintreffen würden. Und Adam war allein in der dunklen Höhle. Es kostete sie größte Überwindung, die Höhle erneut zu betreten. Das Gewicht der Dunkelheit drängte sie beinahe wieder nach draußen. Beständig sah sie Megans Gesicht vor sich. Megan war ungefähr so alt wie Adam. Wenn sie allein in solcher Dunkelheit verloren wäre … Der Gedanke gab ihr den Mut, sich weiter in die dichte Schwärze vorzuwagen.
Als sie die Kammer durchquerte, in der sie die beiden Frauen entdeckt hatte, erdrückten sie die Schatten förmlich. Und dann stach er mit dem Messer auf sie ein. Er bewegte sich so behände durch die Dunkelheit, dass sie noch nicht einmal seine Umrisse erkennen konnte. Sie spürte nur einen Stoß und das Brennen, als die Klinge in ihr Fleisch schnitt.
Sie preschte ihm hinterher, aber bevor sie das Licht der Taschenlampe auf ihn richten konnte, war er verschwunden. Ihre Waffe hatte sie gar nicht erst ziehen können. Dann fiel der Lichtkegel auf Adam, der auf der gegenüberliegenden Seite der Höhle stand.
»Machen Sie schnell! Er hat meine Mom! Schnell! Sie müssen sie retten!«
Lucy gab ihr Bestes.
Versuchte, sich zu beeilen. Versuchte, Marion zu retten.
Aber was sich dann in der Höhle zutrug – nun, das wollte sie sich wirklich nicht in Erinnerung rufen. Vor allem dann nicht, wenn sie sich darauf konzentrieren sollte, Adam zu finden und ihm zu helfen. Das war das Mindeste, das sie tun konnte, nachdem sie zugelassen hatte, dass seine Mutter umgebracht wurde.
Kapitel 10
Jenna blieb vor der Eingangstür der Zweigstelle der Sheriffwache stehen, um die Gedenktafel für Marion Caine zu lesen, die an der Außenwand des ehemaligen Dairy-Treat-Fastfoodlokals angebracht war. Würden die Einwohner von New Hope Adam unter ihrer Fittiche nehmen, sollte er zurückkehren? Vielleicht sogar die örtlichen Behörden?
Mit einem Schwung öffnete sie die Tür und betrat die Wache. Sie hatte sich vorgenommen, niemandem zu vertrauen, aber das fiel ihr augenblicklich schwer, als ihr der Geruch von Pommes und Chili-Hotdogs in die Nase stieg. Der Raum war ziemlich karg eingerichtet. Man hatte die Sitznischen mit den Plastikbänken stehengelassen. Die ehemalige Bar diente nun als Empfangstresen. Ein älterer Mann mit einem Anstecker, auf dem »Freiwilliger« stand, blickte von seinem Sudoku-Rätsel auf und begrüßte Jenna enthusiastisch, als sei sie das Aufregendste, das ihm seit einem Jahrzehnt begegnet war. Nun ja, nicht wirklich seit einem Jahrzehnt. Aber seit vier Jahren. Sie öffnete den Reißverschluss ihrer Jacke, eine Lederjacke von Black Halo, die sie in Century City, einem Geschäftsviertel von Los Angeles, gekauft hatte. Der Verkäufer hatte sich katastrophal geirrt, als er ihr versicherte, dass die Jacke warm genug für die Winter in Pennsylvania sei. Sie ließ eine Hand auf der Waffe ruhen und sagte: »Sonderermittlerin Galloway von der Bundespost. Ich bin hier, um mit Hilfssheriff Bob zu sprechen. Er erwartet mich.«
Der Freiwillige sprang auf und ließ es sich nicht nehmen, sie persönlich durch die Sicherheitstür zu geleiten, die in den Bürobereich im hinteren Teil des Gebäudes führte. Dort waren die Räumlichkeiten ebenfalls recht leer, mit Ausnahme eines großen Mannes, der sich gerade über eine Kaffeemaschine beugte, die auf einem Tresen am anderen Ende des Raums stand. Bis auf die Edelstahltresen entlang der Seitenwände hatte man die Restauranteinrichtung sowie Tische und Stühle entfernt und in der Mitte des Raums drei Schreibtische eng zusammengerückt. Auf einem stand nur ein einsames Telefon. Auf dem zweiten Schreibtisch sah Jenna eine Tastatur und einen alten Monitor, der aussah, als wöge er 25 Kilo. Der dritte war beladen mit einem dazu passenden, veralteten Rechner, einem Faxgerät und einem Drucker mit eingebautem Scanner.
Jenna hatte vor, den Einheimischen klar zu verstehen zu geben, dass sie in wichtiger Post-Mission unterwegs war, und setzte sich an den Schreibtisch, der
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