Blutflucht - Evolution
in meine Nase und ich erkannte jede der unzähligen Falten in seinem Gesicht. »Schön, dass Sie uns endlich wieder beehren, Mr. Hayes. Ihre lange Abwesenheit hat unsere Forschungen um Monate zurückgeworfen. Also wollen wir keine Zeit mit sinnlosem Geschwätz vergeuden. Fangen wir gleich an!«
Er drehte sich von mir weg, um den Knopf einer Sprechanlage zu drücken, die an der Wand neben der einzigen Tür in diesem kahlen Raum befestigt war. »Schwester May, Sie können jetzt kommen. Unser Patient ist aufgewacht.«
Zu mir gewandt fügte er boshaft lächelnd hinzu: »Oder sollte ich besser
Forschungsobjekt
sagen?«
Der Dämmerzustand, in dem ich mich
/ Jack sich
befand, ließ langsam nach, weshalb ich mich daran erinnerte, was in meiner Wohnung geschehen war. »Wo bin ich?«, fragte ich. »Was haben Sie mit mir vor?«
»Das wissen Sie doch genau, Mr. Hayes, deswegen sind Sie ja vor uns weggelaufen!«
Der Doktor ging zur rechten Seite meines Bettes, wo ein kleiner Wagen stand. Als er das Tuch entfernte, das darübergelegt worden war, erkannte ich Skalpelle und andere chirurgische Instrumente
.
Mein Herz raste, Schweiß trat aus jeder meiner Poren. Solche Situationen sah man sonst nur im Fernsehen, aber ich erkannte sehr schnell: Dies hier war die grausame Realität!
»Ach übrigens, Ihr Freund, der Gedankenleser, hat leider einen tödlichen Unfall erlitten, falls Sie das interessiert. Er wollte mit unserem kleinen Geheimnis an die Presse gehen und das konnten wir doch nicht zulassen, nicht wahr, Mr. Hayes?« Er grinste mir wieder einmal sadistisch ins Gesicht, wobei er sich langsam und mit sichtbarem Genuss Latex-Handschuhe überzog
.
»Frank ist tot?« Mehr brachte ich nicht hervor. Hoffentlich war das alles nur ein böser Traum aus dem ich bald erwachen würde
.
In diesem Moment öffnete sich die Zimmertür
und ich erkannte die alte Frau mit den schulterlangen ergrauten Haaren, die ich schon zuvor in einer von Jacks Erinnerungen gesehen hatte.
»Ah, Schwester May! Sie können schon mal die Infusion legen.«
Langsam begriff ich, dass dies hier wirklich kein Traum war. Unsägliche Panik breitete sich in mir aus
.
Ich spürte Jacks Körper zucken, seinen raschen Atem, als er dieses Grauen noch einmal durchlebte – und ich mit ihm.
Die Schwester, ebenfalls im weißen Kittel, holte einen Infusionsständer aus einer Ecke und einen Infusionsbeutel aus dem Wagen, auf dem auch die Instrumente lagen. In dem Beutel glitzerte eine leicht bläuliche Flüssigkeit. Nachdem sie ihn an dem Ständer befestigt hatte, zog sie sich auch Handschuhe über. Anschließend holte sie eine lange Nadel samt Schlauch unterhalb des Wagens hervor und kam zusammen mit dem Ständer an meine linke Seite
.
»Schön ruhig halten, Mr. Hayes«, sagte sie, als sie die Nadel in meinen linken Arm stechen wollte
.
Ich versuchte mich mit aller Kraft von den Gurten, mit denen ich ans Bett gefesselt war, loszureißen, doch sie gaben kein bisschen nach. Stattdessen schnürten sie sich enger um meine Handgelenke und Fußknöchel
.
Das konnte nicht wahr sein! Ich müsste stark genug sein, mich von diesen Fesseln loszureißen! Meine Panik war nun schon so groß, dass ich vor Angst kaum Luft bekam. Das geschah doch nicht wirklich? Das musste ein Traum sein! Musste! Musste!
»Es macht keinen Sinn sich zu wehren, Mr. Hayes, schonen Sie lieber Ihre Kräfte, Sie werden sie noch brauchen. Jeder dieser Gurte hält einer Zuglast von mindestens zwei Tonnen stand und das übersteigt selbst Ihre außerordentlichen Fähigkeiten, nehme ich an.« Ihre Kiefer mahlten, als sie die Nadel in meinen Arm stach und sie anschließend mit zwei Streifen eines weißen Klebebandes fixierte. Dieselbe Prozedur wiederholte sie an meinem anderen Arm, aber mit einem leeren Beutel
.
Dann sprach der Arzt wieder: »Wir werden nun verschiedene … Tests … an Ihnen durchführen, um genügend dieser speziellen Proteine zu erhalten, die nur Ihr Körper bilden kann. Leider ist es uns noch nicht gelungen, dieses Protein auf synthetischem Wege herzustellen, was zur Folge hat, dass wir mehrere Liter Ihres Blutes benötigen. Deswegen wird Schwester May für ständigen Flüssigkeitsnachschub sorgen. So haben Sie in Ihrem Körper genügend Eiweiß zur Verfügung, um unser wertvolles Protein in ausreichend großer Menge bilden zu können, bis wir es aus Ihrem Blut gefiltert haben, ähnlich einer Dialyse. Dann können wir es Ihnen wieder zuführen. Wir wollen schließlich nur den besten
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