Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutflucht - Evolution

Blutflucht - Evolution

Titel: Blutflucht - Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loreen Ravenscroft
Vom Netzwerk:
einzelne Bilder, wie er durch unzählige Korridore lief, die alle gleich aussahen, sich ab und zu vor vorbeilaufendem Personal versteckte, immer wieder den abgetrennten Finger benutzte, um durch eine verschlossene Tür zu gelangen, eine Jeans und Turnschuhe, die ihm halbwegs passten, aus einem Spind entwendete und schließlich durch ein Treppenhaus ins Freie gelangte. Es war Nacht, doch das Mondlicht tauchte die Gebäude in ein mattes Licht. Jack warf den Daumen achtlos in den Staub.
    In seinen Erinnerungen erblickte ich endlose Felder und einen Zaun, über den Jack in Windeseile kletterte – dann spürte er einen heftigen Schmerz am Oberarm, als er angeschossen wurde. Die Kugel war hindurchgegangen, aber Jack schenkte dem kaum Beachtung.
    Als er zu den Maisfeldern kam, rannte er im Dunkel der Nacht in sie hinein, als wäre der Teufel hinter ihm her …
    Tagelang lief er auf einer verlassenen Straße, ohne zu wissen, wo er sich befand, links und rechts umgeben von mannshohem Mais, in dem er sich versteckte, wenn ein Auto vorbeifuhr, eine Drohne oder ein Heli nach ihm suchten. Die unbarmherzige Sonne verbrannte seinen nackten Oberkörper, bis er bei einem Farmhaus ein Shirt von der Wäscheleine stahl. Sich nur von rohem Mais ernährend und Wasser aus den Sprinklern trinkend, schleppte er sich zu einem Rangierbahnhof, von wo aus er schließlich mit einem Güterzug nach Greytown gelangte.
    Dann war es vorbei. Der Strom seiner Gedanken riss abrupt ab.
    »Schlaf jetzt und werde schnell gesund«, flüsterte ich, bevor ich ihn auf die Stirn küsste, damit er meine feuchten Augen nicht bemerkte.
    »Was denkst du jetzt von mir?«, fragte er leise. »Hältst du mich für einen Mörder?«
    »Du hast nur getan, was du tun musstest. Du hattest keine andere Wahl … Aber warum bist du nicht zur Polizei gegangen? Sie hätten dich nicht einsperren können. Schließlich wollte der Arzt dich umbringen!«
    »Wenn der Pharmakonzern mein Blut braucht, um ein biologisches Massenvernichtungsmittel zu entwickeln, kannst du davon ausgehen, dass sehr mächtige Leute hinter dieser Sache stecken. Einflussreiche Politiker oder vielleicht die Regierung selbst. Wäre ich zu den Cops, hätten die mich wahrscheinlich sofort zurückgebracht.«
    Daran hatte ich gar nicht gedacht. Jetzt erst wurde mir bewusst, dass Jack sich wohl sein restliches Leben auf der Flucht befinden würde. »Ich stehe zu dir, Jack. Egal, was noch kommt.«
    Er nahm meinen Kopf in seine starken und doch so zärtlichen Hände und küsste mich wieder so überwältigend wie beim ersten Mal. »Ich darf nicht bei dir bleiben, Kate. Ich könnte es mir nie verzeihen, wenn dir etwas passiert, nur weil wir uns kennen.«
    »Ich liebe dich«, war meine einzige Antwort darauf. Ich würde diesen wunderbaren Mann nicht mehr gehen lassen! Das konnte er sich gleich aus dem Kopf schlagen.
    Jack erwiderte nichts, sondern lächelte müde.
    Eng aneinandergekuschelt schliefen wir fast auf der Stelle ein.

    Als ich meine Augen öffnete, war es später Nachmittag. Jack schlief nah bei mir. Auf dem Bauch liegend bot er mir eine wunderbare Aussicht auf seinen knackigen Hintern, denn die Decke lag irgendwo zu seinen Füßen. Es war auch ziemlich schwül im Zimmer.
    Ich atmete auf. In dieser Position konnte er nur schlafen, wenn er keine Schmerzen mehr hatte.
    Leise setzte ich mich hin, um einen besseren Blick auf ihn zu bekommen. Jack war wirklich ein schöner Mann. Alles an ihm schien genau aufeinander abgestimmt zu sein. Er hatte nicht zu viel und nicht zu wenig Muskeln. Sein Körper sah durchtrainiert, aber natürlich aus.
    Wieder einmal nahm mir sein Aussehen die Luft zum Atmen, was aber auch daran liegen konnte, dass es im Raum so stickig war. Also öffnete ich das Fenster, um die warme, salzige Brise hineinzulassen. Dabei funkelte mir das Meer ins Auge und ich beobachtete eine Weile die winzigen Männer, die auf den schwimmenden Netzkäfigen ihrer täglichen Arbeit nachgingen.
    »Gibt es da draußen was Interessantes zu sehen?«, drang plötzlich Jacks Stimme an mein Ohr. Sie klang leicht rau. Vom Schlafen?
    »Musst du dich immer so anschleichen?« Lächelnd blickte ich weiterhin auf die See. Langsam schien ich mich an Jacks plötzliches Auftauchen zu gewöhnen. Ich war froh, dass er sich erholt anhörte.
    Als er seine starken Arme von hinten um meinen Bauch legte und die Nase in meinen Haaren vergrub, pochte mein Herz schneller. Sein warmer, nackter Körper schmiegte sich an meinen Rücken.

Weitere Kostenlose Bücher