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Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Titel: Blutflüstern: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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zitternd. »Hier ist es k-kalt.«
    »Es hat nicht funktioniert«, flüsterte ich, und er richtete seine leuchtend blauen Augen auf mich. Er sah aus wie ein verschrecktes Tier. Mir stockte der Atem. Er hatte Angst und fühlte sich verloren. Der nächste dumpfe Knall sorgte dafür, dass er den Blickkontakt abbrach, um in den schneeverhangenen Himmel zu starren.
    In der Nähe kreischte jemand: »Der da, das ist er. Genau da.«
    Ich wirbelte herum und entdeckte die Frau, die vorher geschrien hatte. Sie hatte die Security bei sich, und sie schauten in unsere Richtung.
    »Das ist ein Skandal für alle anständigen Leute!«, verkündete sie laut.
    Ich suchte den Blick meines Bruders. Dreck. Was jetzt?
    Robbie sprang von dem Pflanzenkübel. »Wir müssen hier weg.«
    Der kleine Mann musterte die Menge, und Verwunderung verdrängte seine Angst. Zu meinen Füßen packte Robbie den Steintiegel meiner Mom und stopfte ihn sich in die Hosentasche. »Tut uns leid!«, verkündete er mit aufgesetzter Fröhlichkeit. »Cousin Bob. Was für ein Trottel. Es war eine Wette. Ha, ha! Du hast gewonnen, Bob. Das Abendessen geht auf mich.«
    Ich stieg von dem Kübel, aber der Mann – oder der Geist – starrte zu den Gebäuden auf. »Diese furchterregende Katastrophe ist nicht die Hölle«, flüsterte er, dann richtete er seinen Blick auf mich. »Du bist kein Dämon.«
    Er hatte einen starken Akzent, wie in einer Fernsehsendung, und ich fragte mich, wie lange dieser Kerl wohl tot gewesen war.
    Robbie streckte den Arm aus, packte sein Handgelenk und zog daran. »Es wird gleich die Hölle los sein, wenn wir nicht verschwinden! Komm schon!«
    Der Mann sprang unsicher nach unten. Zusammen stolperten wir nach hinten und gegen eine Gruppe von Leuten mit schweren Wintermänteln und roten Gesichtern. »Tschuldigung!«, rief Robbie, als wir in einem verwirrten Knoten schwankten, weil er sich weigerte, mich loszulassen.
    Ich kniff die Augen zusammen, als mir der Wind Schnee ins Gesicht blies. »Was habe ich falsch gemacht?«, fragte ich. Ich war zu klein, um erkennen zu können, wo wir hingingen. Über uns zischten immer noch Raketen, und die Leute auf dem Platz hatten angefangen zu singen.
    »Ich, ich, ich«, motzte Robbie, während er den Geist vor uns herschob. »Warum geht es immer um dich, Rachel? Kannst du dich vielleicht ein bisschen schneller bewegen?
Oder willst du den Abend bei der I. S. verbringen und darauf warten, dass Mom dich abholt?«
    Für einen Moment erstarrte ich. Oh Gott. Mom . Sie durfte es nicht rausfinden.
    »Beeil dich! Lass uns verschwinden!«, schrie ich dann und stieß den Mann vor uns in den Rücken. Er stolperte, und ich riss die Hände zurück, als ich seine bloßen Füße entdeckte und mich daran erinnerte, wo er hergekommen war. Heilige Scheiße, was habe ich getan?
    Plötzlich waren wir in einer der abgesperrten Seitenstraßen. Die Menge verschwand, und in der Luft hing der Duft von Essen. Meine Lungen taten weh, und ich zog an Robbies Ärmel.
    Mit besorgter Miene drehte er sich zu mir um, aber dann nickte er und hielt an, als er sah, wie sehr ich keuchte. »Bist du okay?«, fragte er. Ich nickte, während ich darum kämpfte, wieder zu Atem zu kommen.
    »Ich glaube, sie folgen uns nicht«, sagte ich, aber es war eher eine hehre Hoffnung als eine Feststellung.
    Neben mir ging der Mann in die Knie. Er gab ein schmerzerfülltes Stöhnen von sich, und ich stolperte rückwärts, als er anfing, trocken zu würgen. Die Leute um uns herum schenkten uns böse Blicke und entfernten sich eilig. »Zu viel gesoffen«, murmelte jemand angewidert.
    »Armer Onkel Bob«, sagte Robbie laut und klopfte ihm vorsichtig auf den Rücken. Immer noch hustend stieß der Mann ihn weg.
    »Fass mich nicht an«, keuchte er, und Robbie zog sich zu mir zurück, während er beobachtete, wie die vornübergebeugte Gestalt im Schnee nach Luft schnappte. Langsam gewann der Mann die Kontrolle über sich zurück,
richtete sich auf, rückte sorgfältig den geliehenen Mantel zurecht und griff nach einem nicht vorhandenen Hut. Sein Gesicht war für den kurzen Bart, den er trug, fast zu jung. Er hatte lediglich ein paar Stressfalten. Schweigend musterte er uns, während er sich darum bemühte, ruhig zu atmen. Seine blauen Augen wanderten von einem zum anderen.
    »Robbie, wir müssen hier verschwinden«, flüsterte ich und zog wieder an seinem Ärmel. Er wirkte fast erfroren in seinem dünnen T-Shirt nur mit Handschuhen, Mütze und Schal im Schnee.
    Robbie

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