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Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Titel: Blutflüstern: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Trommelwirbel unterstützte.
    Robbie zog an meinem Ärmel, und ich verpasste den ersten Namen – aber es war auf jeden Fall nicht meiner. »Du solltest jetzt loslegen«, sagte er, wobei er mit roten Wangen und eifrigem Blick zu mir aufsah.
    Adrenalin schoss durch meine Adern, und ich berührte meine Tasche. »Jetzt?«
    »Richte zumindest alles her, während alle auf die Bühne starren«, meinte er, und ich nickte.
    Er drehte sich wieder um und applaudierte dem nächsten Kandidaten. Auf unserer Seite des Platzes standen bereits zwei aufgeregte Auserwählte am Kreis und zeigten der Security ihre Ausweise. Mit klopfendem Herzen warf ich einen kurzen Blick auf die Leute um mich herum. Tatsächlich hatte uns Robbie eine ziemlich gute Stelle ausgesucht. Zwischen dem Felsen und dem Rand des Pflanzenkübels war eine kleine Nische. Niemand sonst konnte mir nahe kommen, und nachdem Robbie vor mir stand, konnte auch niemand sehen, was ich tat.
    Der Schneefall schien zuzunehmen. Ich atmete schnell, als ich den eierförmigen rot-weißen Stein auf den Boden stellte und zurechtrückte. Die kleine Vertiefung darin
würde genau die Menge eines Trankes fassen. Es war eine der teureren – und selteneren – Zaubergerätschaften meiner Mom, und ich würde für mindestens ein Jahr Hausarrest bekommen, wenn sie herausfände, dass ich es benutzte.
    Der letzte Name wurde verlesen und die Menge schien kollektiv aufzuseufzen. Aber die Enttäuschung verwandelte sich schnell wieder in Aufregung, als die letzten paar Glücklichen sich ihren Weg zum Kreis bahnten, um ihren Namen in das Buch einzutragen und damit ein Teil von Cincinnatis Geschichte zu werden. Ich zuckte zusammen, als die großen Scheinwerfer auf dem Platz erloschen. Es kam nicht unerwartet, aber trotzdem überraschte es mich. Die winzigen, weit entfernten Lichter an den umstehenden Gebäuden schienen auf uns herunter wie eigens arrangierte Sterne.
    Die Anspannung wuchs, und während der Lärm noch einmal zunahm, ging ich vor dem Stein in die Hocke, zog meine Handschuhe aus und stopfte sie in eine Manteltasche. Ich musste es richtig machen. Nicht nur, damit Robbie mich zur I. S. ließ. Ich wollte auch nicht an die Westküste und Mom alleine lassen. So gemein konnte Robbie doch nicht sein, oder?
    Aber als er über die Schulter einen grimmigen Blick auf mich warf, war ich mir dessen nicht mehr so sicher.
    Die Kälte machte mich langsam, und in der plötzlichen Dunkelheit zog ich den Stöpsel aus der Flasche und schwenkte sie noch einmal, bevor ich den Trank ausgoss. Die Flüssigkeit beruhigte sich schnell. Ich konnte nicht riskieren, aufzustehen und damit vielleicht Schnee hineinzutreiben, also konnte ich nur am Lärmpegel abschätzen, ob
die sieben Glücklichen inzwischen ihre Plätze eingenommen hatten.
    »Beeil dich!«, zischte Robbie.
    Ich stopfte die leere Flasche in eine Manteltasche und suchte nach dem Finger-Stick. Das Klicken, mit dem sich das Plastik löste und die Klinge freigab, schien mich bis in die Knochen zu erschüttern, obwohl niemand in der Menge es auch nur hörte.
    Dann wurden alle ruhig. Die plötzliche Stille sorgte dafür, dass mir das Herz in die Hose rutschte. Sie hatten die Anrufung begonnen. Ich hatte nur noch Sekunden, nicht mehr. Die Formel war auf Lateinisch – ein Segen für das kommende Jahr. Während die meisten Leute den Kopf senkten, stach ich mich in den Zeigefinger.
    Meine Finger waren so kalt, dass ich nur einen dumpfen Schmerz fühlte. Ich hielt den Atem an und massierte meine Fingerspitze, während ich meinem Blut zuschrie, sich zu beeilen. Ein, zwei, dann drei Tropfen fielen herab und befleckten den Wein, während sie durch die dünne Flüssigkeit sanken.
    Ich beobachtete alles und atmete den berauschenden Duft von Rotholz ein, der jetzt von der Mischung aufstieg. Robbie drehte sich mit weit aufgerissenen Augen um, und mein Herz machte einen Sprung. Ich hatte es richtig gemacht! Wäre es anders, würde es nicht so riechen.
    »Du hast es geschafft!«, sagte er, und wir beide keuchten auf, als die durchsichtige Flüssigkeit plötzlich rot wurde, weil sich mein Blut verteilte und selbstständig alles vermischte.
    Hinter uns erklang ein gemeinschaftliches Geräusch der Ehrfurcht, gleichzeitig sanft und mächtig. Ich hob den
Kopf. Hinter Robbie erhob sich eine Blase aus Macht aus der Erde. Sie war riesig für einen Schutzkreis, und die schimmernde Barriere aus Jenseitsenergie erhob sich weiter über den Brunnen, vor dem der Kreis gezeichnet

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