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Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Blutflüstern: Novelle (German Edition)

Titel: Blutflüstern: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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Deal lautete, dass du Dad beschwörst«, sagte er, und ich biss die Zähne zusammen.
    »Der Deal lautete, dass ich den Zauber richtig wirke, und wenn ich es nicht schaffe, soll ich mit dir nach Portland kommen. Jetzt schau«, sagte ich und deutete mit dem Finger. »Da ist ein Geist. Versuch nicht, mir zu erzählen, er wäre nicht da.«
    »Okay, okay«, sagte Robbie und sackte in sich zusammen. »Du hast den Zauber richtig gewirkt, aber wir wissen immer noch nicht, was Dad sagen würde, also werde ich diesen Wisch nicht unterschreiben.«
    »Du Sohn eines …«
    »Rachel!«, unterbrach er mich. »Kapierst du es nicht? Deswegen will ich, dass du mitkommst und deine Ausbildung zu Ende bringst.« Er wedelte mit einer Hand in Richtung Pierce, als wäre dieser ein Gegenstand und keine Person. »Du hast problemlos einen Beschwörungszauber der achthundertsten Ebene gewirkt. Du könntest alles werden, was du willst. Warum willst du dein Leben in der I. S. verschwenden?«
    »Die I. S. ist keine Verschwendung«, sagte ich, während Pierce unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschte. »Behauptest du etwa, Dads Leben wäre reine Verschwendung gewesen, du stinkender Haufen Mist?«
    Pierce starrte mich an, und ich wurde rot. Robbies Miene wirkte verbissen, und er starrte geradeaus, als wäre er wütend. Der Bus setzte sich wieder in Bewegung. Ich schwieg schmollend. Ich wusste, dass ich Robbie Unrecht tat. Aber ich hatte mit meinem Dad sprechen wollen, und jetzt war die Chance vorbei. Ich hätte wissen müssen, dass
ich es nicht richtig machen konnte, und ich hasste mich dafür. Tränen traten in meine Augen.
    Pierce räusperte sich. Peinlich berührt wischte ich mir über die Augen und schniefte.
    »Ihr wolltet Euren Vater beschwören«, sagte er leise und warf immer wieder nervöse Blicke auf die Leute, die über seine nackten Füße tuschelten und darüber, dass Robbie keinen Mantel anhatte. »Zur Sonnenwende. Und ich war es, der von Eurer Magie berührt wurde?«
    Ich nickte schnell und kämpfte darum, nicht einfach laut loszuheulen. Ich vermisste ihn. Ich hatte wirklich gedacht, ich könnte es schaffen.
    »Ich entschuldige mich«, sagte Pierce so ernsthaft, dass ich den Kopf hob. »Aber vielleicht solltet Ihr eine Feierlichkeit anregen, Mistress Hexe. Ihr habt den Zauber richtig gemischt, sonst wäre ich nicht hier. Dass ich an seiner Stelle erschien, bedeutet, dass er seinen Lohn erhalten hat und in Frieden ruht.«
    Selbstsüchtig wie ich war, hatte ich gehofft, dass Dad mich so sehr vermisst hatte, dass er beschlossen hatte zu verweilen. Ich schnüffelte wieder und starrte auf die vorbeirauschenden Festtagsdekorationen. Ich war eine schlechte Tochter.
    »Bitte weint nicht«, sagte Pierce, und ich zuckte zusammen, als er sich vorlehnte und meine Hand ergriff. »Ihr seid so bleich, dass es mir fast das Herz bricht, Mistress Hexe.«
    »Ich wollte ihn nur sehen«, sagte ich und achtete darauf, tief zu sprechen, damit meine Stimme nicht brach.
    Pierce’ Hände waren kalt. Von ihm ging keinerlei Wärme aus. Aber sein Griff war fest und die Rauheit seiner
Haut war vollkommen anders als meine weichen, dünnen Hände. Ich spürte ein kurzes Ziehen, als hätte ich eine Linie angezapft, und sah ihm in die Augen.
    »Aber …«, sagte er, während sich seine leuchtenden Augen in meine bohrten. »Ihr seid eine erwachsene Frau. Aber so klein.«
    Vor Überraschung hörte ich auf zu weinen. »Ich bin achtzehn«, verkündete ich beleidigt und entzog ihm meine Hand. »Wie lange warst du schon tot?«
    »Achtzehn«, murmelte er. Mir wurde immer seltsamer zumute, als sich der kleine Mann zurücklehnte und Robbie verlegen ansah.
    »Meine Entschuldigung«, erklärte er förmlich. »Ich wollte mich Eurer Vermählten gegenüber nicht ungebührlich verhalten.«
    »Vermählten!«, keuchte Robbie, und ich gab ein unhöfliches Geräusch von mir und rutschte von meinem Bruder weg. Die Leute, die gerade erst eingestiegen waren, sahen erstaunt auf. »Sie ist nicht meine Freundin, sie ist meine Schwester.« Dann veränderte sich Robbies Miene. »Halte dich von meiner Schwester fern.«
    Ein Lächeln zog an meinen Lippen. Ehrlich, Pierce war ein Geist und viel zu alt für mich, selbst wenn er noch leben würde. Er war schätzungsweise mindestens vierundzwanzig, wenn ich ihn mir so ansah. Alles an ihm.
    Ich lief rot an, als ich mich an seinen kleinen Körper erinnerte, der ziemlich muskulös und schmal war, wie ein kleines Pferd, das an harte Arbeit

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