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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Mitarbeiter» von Coyote Investment. Sie wartete an dem Abend stumm bis halb sieben an ihrem Schreibtisch und fragte sich, ob «Mr. White» wiederkommen würde. Sie hatte keine Ahnung, wer er war oder warum er sie sprechen wollte, aber allein schon die Vorstellung, einen Besucher zu haben, faszinierte sie. So was war noch nie vorgekommen. Das gab es einfach nicht, dass man die Iraker, die bei Coyote Investment arbeiteten, besuchte.
    Professor Sarkis, der Leiter der Buchhaltungsabteilung, steckte um Viertel nach sechs den Kopf zur Tür herein und fragte sie, warum sie noch arbeite. Obwohl er immer mit «Professor» angeredet wurde, bestand, soweit bekannt, seine einzige Lehrerfahrung darin, dass er in einer Abendschule in Bagdad für kurze Zeit Buchhaltung unterrichtet hatte. In einem Ohr trug er ein Hörgerät, das nie zufriedenstellend zu funktionieren schien, sodass er ständig mit der Handfläche dagegenklopfte.
    Lina murmelte, sie wolle mit der monatlichen Buchprüfung frühzeitig anfangen, merkte aber an seinem Blick, dass Sarkis über den unerlaubten Besucher Bescheid wusste. Als er sich da vor ihr aufbaute und mit seiner riesigen Nase nach Ärger schnüffelte, wünschte sich Lina, dass er sie einfach geradeheraus fragen würde – «Kennen Sie irgendjemanden namens Mr. White?» –, damit sie antworten konnte, nein, sie habe den Namen noch nie gehört und habe keine Ahnung, warum er sie habe sprechen wollen. Aber Professor Sarkis fragte nicht. Er sah sie bloß zweifelnd an und schüttelte den Kopf. Das war ein schlechtes Zeichen, weil es hieß, dass sie unter Verdacht stand.
    Nicht drüber nachdenken, sagte sich Lina. Das war ihre Methode, mit den meisten Sonderlichkeiten bei Coyote Investment umzugehen, und ihre arabischen Freunde verfuhren größtenteils genauso. Halt den Kopf gesenkt, kassier deinen Scheck, gib dein Geld aus. So lebten die Schweigsamen. Lina hatte drei Jahre zuvor bei der Buchhaltung angefangen, zuerst als Buchhalterin und später als Leiterin der EDV -Anlage, und sie hatte gelernt, so wenig Fragen wie möglich zu stellen. Sie hatte keine Ahnung, wo Nassir Hammuds Vermögen herkam, und wollte es auch gar nicht wissen. Wie die meisten von Hammuds «vertrauenswürdigen Mitarbeitern» hatte sie Angst vor ihm. Sie blieb bei Coyote Investment aus demselben Grund wie die meisten anderen Iraker: Die Bezahlung war gut, und sie hatte zu große Angst, die Firma zu verlassen.
    Nachdem Professor Sarkis wieder gegangen war, kam ein junger Iraker namens Yussef vorbei. Er hatte erst vor kurzem bei der Buchhaltung angefangen und innerhalb weniger Wochen nach seiner Ankunft eine chronische Verliebtheit für Lina entwickelt. Er schickte ihr Blumen, Schachteln mit Datteln und arabische Liebesgedichte; er blieb extra lange im Büro, um sie zum Abendessen einladen zu können. Es war eine Plage. Heute Abend hatte er ein penetrantes Parfüm aufgesprüht, was nichts Gutes verhieß. Er setzte sich auf Linas Schreibtisch und sagte ihr mit einer Miene vollkommenen, unberechtigten männlichen Selbstbewusstseins, dass er für diesen Abend einen Tisch bei Blake’s reserviert habe, im – wie er prahlte – teuersten Restaurant Londons.
    «Ich hab zu tun», sagte Lina. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, ihn anzusehen.
    Yussef sah erschüttert aus. «Haben Sie jeden Abend zu tun?»
    «Ja, jeden Abend.» Mein Gott, was für eine Nervensäge. Sie sah ihm an, dass er die Sorte Araber war, die sich modern gab, aber alles in ihrer Macht Stehende tun würde, bei der erstbesten Gelegenheit aus ihrer Geliebten eine schwangere Haussklavin zu machen. Deswegen würde Lina nie heiraten. Sie schloss die Aktenschränke ab, ohne auf den geknickten Don Juan zu achten, der immer noch auf ihrem Schreibtisch hockte.
    Lina hatte schon vor langer Zeit gelernt, diese Art von verliebtem Unfug an sich abprallen zu lassen. Aber an ihrer Attraktivität konnte sie nichts ändern, selbst wenn sie sich bemühte, nicht aufzufallen. Ihr glänzendes schwarzes Haar war kurz geschnitten und sträubte sich wie das Fell eines Raubtieres. Dazu passten die schwarzen Augenbrauen, die so aussahen, als seien sie zweimal mit einem spitzen Stift nachgezogen worden. Hohe Wangenknochen und eine markante Nase vervollkommneten das Gesicht. Es war das Gesicht einer muslimischen Prinzessin, und das kompensierte Lina unweigerlich dadurch, dass sie die kürzesten Röcke und engsten Pullover trug, die der Okzident zu bieten hatte. Das war auch eine

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