Blutgeld
eine Billion Dollar auf Schweizer Konten. Haben Sie das gewusst? Und das Erstaunliche ist, dass der größte Teil dieses Geldes gestohlen ist. Ich will nicht das Andenken Ihres Vaters beleidigen, aber die meisten Leute, die ihr Geld auf einer Schweizer Bank deponieren, machen das, weil es schmutzig ist.»
«Das ist ja alles sehr interessant», sagte Lina und lenkte ihn wieder zu ihrem speziellen Problem zurück. «Aber mit wem sollte ich denn jetzt bei der Organisation de Banques Suisses sprechen?»
«Ich bin bereit, Ihnen das zu sagen. Aber nur wenn ich Sie zum Essen in meinen Club einladen darf.»
Lina protestierte gerade so viel wie nötig und willigte dann ein. Sein Club hieß The Gargoyle und befand sich gegenüber vom Hotel auf der anderen Seeseite. Die Tür wurde von einer großen, hart aussehenden Blondine bewacht. Sie erkannte Fred durch das Guckloch und ließ ihn herein.
Sie gingen nach unten in ein großes und üppig dekoriertes Gewölbe. Auf der einen Seite befand sich ein kleines Restaurant, auf der anderen eine große Bar und Diskothek. Der Club war arenenförmig angelegt, und jede Ebene hatte ihre eigenen Couch-Sitzecken, deren Bezüge ein Leopardenmuster hatten. Lina ließ den Blick durch den Raum schweifen. Die meisten Männer schienen Araber zu sein. Sie waren dunkelhäutig, gepflegt, trugen teure Anzüge und Schuhe. Jeder Tisch hatte anscheinend seinen eigenen Häuptling, umgeben von seinem persönlichen Gefolge: Assistenten, Brüder, Cousins und Leibwächter und natürlich Frauen. Das war die andere Auffälligkeit in dieser Bar. Es waren fast alles blonde Europäerinnen – aufgereiht wie die festverzapften Möbel in den Ausstellungsflächen von IKEA .
«Höllischer Laden», sagte Fred. Er winkte lächelnd einigen anderen Gästen zu und führte Lina vom Barbereich weg zum Restaurant. Sie hatten noch nicht lange gesessen, als Lina wieder anfing.
«Und wie arbeiten sie?», fragte sie. «Die großen Banken wie die OBS , meine ich. Wie gehen die vor?»
«Sie sind ja unermüdlich, meine Liebe. Sie hören sich wie eine Zeitungsreporterin an.»
«Mich interessiert nur, was Sie mir zu erzählen haben, Fred.»
«Hmmm.» Er lächelte. «Die großen Banken sind wie Fabriken, mein neugieriges Schätzchen. Das ist die Wahrheit. Nur ein oder zwei Leute ganz oben wissen wirklich, wem das Geld gehört. Die Befehlsempfänger, die die Konten betreuen, schieben bloß Papier durch die Gegend. Und sie sind schrecklich überarbeitet. Ein Kontenverwalter kann bis zu zweihundert Konten betreuen.»
«Weiß er, wem das Geld gehört?»
«Nein. Das läuft alles wie am Fließband. Wirklich! Da haben Sie die teuersten Banker der Welt, die Ihrem Konto weniger Aufmerksamkeit schenken, als Sie von Ihrer örtlichen Sparkasse bekommen würden. Aber die Gebühren sind astronomisch.
Astronomisch.
Und wissen Sie, warum? Weil sie etwas Teures verkaufen, nämlich
Geheimhaltung
.»
Drüben bei der Bar tat sich was. Ein besonders reicher arabischer Herr war eingetroffen, in einen Zweireiher gequetscht, der zu eng über seinem massigen Bauch saß und dennoch zugeknöpft war. Sein Gesicht war unrasiert, aber die Hände waren sorgfältig manikürt. Er wurde von drei Blondinen begleitet, die wie Heliumballons hinter ihm herschwebten.
«Drei!», sagte Fred und schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn. Er war inzwischen ziemlich betrunken. «Wieso bloß drei?»
Er lachte und beugte sich zu Lina vor. «Wissen Sie, warum die nach Genf kommen? Um sich aufzupäppeln! Hier gibt’s eine Klinik, die auf die Behandlung von Impotenz spezialisiert ist. Der Arzt gibt einem eine Spritze in das gute Stück, und danach hat man stundenlang einen Steifen. Das hab ich zumindest gehört. Habe selbst noch nie Probleme damit gehabt.»
«Fred!»
«Entschuldigung.»
«Ich dachte, wir unterhalten uns über Schweizer Banken.»
«Richtig. Genau. Schweizer Banken.»
«Erzählen Sie mir was über die Kunden. Wie setzen die sich überhaupt mit der Bank in Verbindung? Kommen sie normalerweise persönlich vorbei?»
Er sah sie neugierig an. Sie war wirklich entschlossen, über Bankgeschäfte zu reden.
«Einige machen das», sagte er langsam und zog dabei eine Augenbraue hoch. Je betrunkener er wurde, desto misstrauischer schien er zu werden. «Die kommen hier alle zwei oder drei Jahre vorbei, um nachzusehen, was der Stand der Dinge ist. Sie treffen sich mit einem der Chefs, der ihnen einen Überblick über das Konto gibt und wie das Geld
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