Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
Vom Netzwerk:
normal laufen. Haben Sie vielen Dank. Und ich bitte nochmal um Entschuldigung für die Störung.»
    «Keine Ursache. Sagen Sie Zanetti, dass ich gern geholfen habe.» Und er freute sich tatsächlich, einer neuen Angestellten spätabends geholfen zu haben, überzeugt, dass er nichts Unangebrachtes getan hatte. Was konnten drei Buchstaben schon für Schaden anrichten? Die Passwörter waren gut verschlüsselt. Das System war sicher. Das wurde ihm täglich von Zanetti bestätigt.
    «Gute Nacht», sagte sie mit süßer Stimme.
    Fünf Minuten später kam Lina zum Tisch zurück, mit frischem Lippenstift auf dem Mund und einem großen Lächeln auf dem Gesicht. Sie sah aus, als hätte sie soeben im Lotto gewonnen. Fred begrüßte sie mit einer galanten Geste und hielt ihr den Stuhl. Es schien ihm Spaß zu machen, den Kavalier zu spielen.
    «Und? Haben Sie von dem alten Marchand alles bekommen, was Sie haben wollten?»
    «Nein», sagte Lina, immer noch lächelnd. «Er war nicht da.» Sie nahm einen großen Schluck von ihrem Drink.
    «Ach kommen Sie. Ich muss sagen, Sie sehen äußerst zufrieden aus.»
    «Das kommt daher, dass ich glücklich bin, hier in Ihrer Gesellschaft zu sein, Fred.»
    Fred lachte. «Sie sind wirklich eine erstaunliche Lügnerin! Ich habe keine Ahnung, was hier los ist. Aber Sie müssen schon ein sehr kluges Mädchen sein.»
    «Ich
bin ein kluges Mädchen
. Und außerdem völlig ausgehungert. Ich hab den ganzen Tag nichts gegessen. Rufen Sie den Kellner.»
     
    Lina überflog gerade die Speisekarte, als sie ihn sah, aus dem Augenwinkel heraus. Ein Araber, der die Treppe herunterkam. Sie bemerkte ihn zuerst kaum. Es gab schon so viele Araber in dem Restaurant, dass sie nicht mehr auf der Hut war. Erst als er in den Speisesaal trat und anfing, die einzelnen Tische abzusuchen, wurde Lina aufmerksam. Er war dunkelhäutig, mit dichtem lockigem Haar und schweren Augenlidern. Sie erstarrte kurz und zog dann die Speisekarte wie ein Schild zu sich heran. Es war ein Gesicht, das sie erst einige Tage zuvor gesehen hatte, in einer Gruppe palästinensischer Leibwächter, die vor Nassir Hammuds Schreibtisch in London postiert gewesen waren. Irgendwie mussten sie herausbekommen haben, dass sie in Genf war. Der Palästinenser hatte sie noch nicht entdeckt. Er war jetzt in der anderen Ecke des Raumes und unterhielt sich mit ein paar Bekannten. Aber wenn Lina blieb, wo sie war, würde er sie auf seiner Runde durch den Raum früher oder später entdecken. Sie beugte sich zu Fred vor und flüsterte ihm ins Ohr.
    «Es tut mir schrecklich leid, Fred, aber ich muss sofort gehen. Ich fühle mich nicht wohl.» Sie stand schnell vom Tisch auf und steuerte auf den Ausgang zu.
    «Warten Sie, um Himmels willen!», rief er. «Sie können jetzt nicht einfach weg!» Sämtliche Blicke richteten sich auf sie, einschließlich der von Hammuds Sicherheitsbeamten. In der verlegenen Stille, die auf Freds Ruf folgte, rannte Lina die Treppe hinauf zur Eingangstür. Fred stürmte hinter ihr her. Der Palästinenser folgte einige Sekunden später.
    Fred holte Lina draußen vor der Tür ein. Sie hatte ihre hochhackigen Schuhe ausgezogen und rannte auf Strümpfen den Bürgersteig entlang.
    «Was ist passiert?», keuchte er. «Wo rennen Sie denn hin?» Lina rannte weiter, sodass Fred gezwungen war, so gut er konnte, mit ihr mitzuhalten. Die Straße war fast menschenleer. Das Pflaster glänzte gelblich im Licht der Straßenlaternen. Lina bog links in eine Gasse ein und rief Fred zu, ihr zu folgen. Erst als sie die Gasse zur Hälfte entlanggerannt waren, merkte Lina, dass es eine Sackgasse war. Am Ende befand sich eine Backsteinmauer und dahinter eine Zeile Wohnblocks. Lina warf einen Blick zurück die Gasse hinunter. Der palästinensische Sicherheitsbeamte bog gerade um die Ecke. Zum Umkehren war es jetzt zu spät.
    Lina rannte auf die Mauer zu und rief Fred zu, er solle sich beeilen. Als er sie erreichte, drehte sie sich zu ihm um und packte seine Hand. Er zitterte von der Aufregung und dem Alkohol. Der Palästinenser war nur noch zwanzig Meter entfernt. Sie zog ihren Rock hoch und warf die Schuhe über die Mauer.
    «Fred! Helfen Sie mir hoch. Schnell!»
    Fred machte mit den Händen einen Steigbügel und hievte sie hoch, bis sie sich am Mauersims festhalten konnte. Er sah zu, wie sie ein Bein über die Mauer schwang und dann das andere. Und dann war sie verschwunden. Als Lina auf den schützenden Wohnhauskomplex zurannte, hörte sie Freds angeheiterte

Weitere Kostenlose Bücher