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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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genug, um den Angriff auf den Computer der OBS zu starten.
    Zuerst musste Lina das einfache Rätsel von Marchands Passwort lösen. Der Hinweis war ein Wort mit sechs Buchstaben, das mit
sec
begann. Sie schlug das französische Wörterbuch auf, das sie aus dem Kaufhaus hatte, und blätterte zum Buchstaben
S
. Das erste Wort, das sie sah, war
sec
, aber das waren nur drei Buchstaben. Dann kam
sécant
, ein Wort mit sechs Buchstaben, das «schneidend» bedeutete. Das war theoretisch möglich, aber Lina fand, dass es als Passwort untypisch für Marchand wäre. Leute wollten gerne in die Irre führen, wenn sie ein Passwort aussuchen, aber nicht so radikal. Sie setzte ihre Suche fort.
Sécession, séchage, sécher
, «trocknen». Das hatte sechs Buchstaben, aber als Passwort ergab es auch keinen Sinn. Lina setzte ihre Jagd fort.
Sécot, secouement, secourable, secourir, secousse.
Und dann sah sie es, es sprang geradezu aus dem Wörterbuch heraus.
    Secret
, wie in «geheim, privat, verborgen, zurückhaltend, reserviert, diskret». Das Wort hatte sechs Buchstaben, und es schrie geradezu danach, ein Passwort zu sein. Lina sah auch noch den Rest durch, zur Sicherheit.
Secrétaire, sécrétement, sécréter, sectaire, secte, sectuer, section, séculaire, secundo, sécurité.
Das war alles für sec. Es musste
secret
sein.
    Lina schätzte, dass sie das Passwort geknackt hatte, aber sie brauchte immer noch die Nummer der Datenkommunikationsleitung der OBS , bevor sie durch die elektronische Eingangstür wandern konnte. Sie holte sich das Genfer Telefonbuch, das neben dem Bett lag, und fand die Hauptnummer für die OBS : 391-6000. Darunter war eine Reihe von Abteilungsanschlüssen aufgelistet: 6100 für Verwaltung, 6200 für Geschäftskunden, 6300 für Privatkunden, 6400 für Großkunden, 6500 für Handel und Verkauf, 6600 für Einzelhandelsgeschäfte. Angesichts dieser Liste vermutete Lina, dass die EDV -Abteilung der Bank unter «Verwaltung» fiel, die die Anschlüsse zwischen 6100 und 6200 hatte. Sie fing an zu wählen. Sie brauchte fünfzehn Minuten und fast vierzig Anrufe, bevor sie mit «391-6138» einen Treffer erzielte und den hohen elektronischen Ton hörte, der bedeutete, dass sie einen Computer am Apparat hatte.
    Lina war beinahe so weit. Sie ging in Gedanken noch einmal Helens Anweisungen vom Vortag durch. Dann holte sie aus ihrer Handtasche den Text mit dem Titel «Konten», den sie einige Tage zuvor aus Hammuds Dateien kopiert hatte. Er enthielt die Nummern der fünf Konten bei der OBS : N4 808.537-0, N4 808.537-1, B2 218.411-0, B2 218.411-1, B2 218.411-2. Wenn Linas Vermutung zutraf, dann waren diese einfachen Zahlen die Adresse, bei der mehrere Milliarden Dollar lagen.
    Los geht’s, sagte sie sich. Sie rief das Telekommunikationsprogramm auf und tippte den Wählbefehl ein. Das Gerät piepte die Zahlen aus: 3-9-1-6-1-3-8. Es gab eine Pause, dann ein Klingeln, dann einen hohen Ton, dann ein kratziges elektronisches Geräusch. Auf ihrem Bildschirm sah sie die Worte «Dial complete», dann «Ringing» und dann «Connect». Dann erschien das Aufforderungszeichen «Enter username» mit der Aufforderung an sie, sich anzumelden. Das war ein gutes Omen. Die Schnittstelle der OBS war auf Englisch.
    Sie tippte
marchand
ein und wartete darauf, dass das System sein Passwort verlangte. Aber zu ihrer Überraschung erschien «Login incorrect» auf dem Bildschirm, gefolgt von der Wiederholung des Befehls «Enter username». Was war los? Hatte man Linas Täuschung von der vergangenen Nacht bereits entdeckt und Marchand ganz aus dem System entfernt? Ruhig bleiben, ermahnte sie sich. Es gab eine viel einfachere Möglichkeit, nämlich die, dass mehr als ein Marchand bei der Bank arbeitete.
    Sie probierte es nochmal und tippte diesmal
marchandp
, indem sie den Anfangsbuchstaben seines Vornamens hinzufügte. Aber es gab wieder keine Verbindung, und die Aufforderung «Enter username» erschien wieder. Jetzt begann sie sich Sorgen zu machen. Nach drei erfolglosen Versuchen wurde normalerweise die Leitung unterbrochen und eine elektronische Nachricht an den Supervisor geschickt. Lina hatte noch eine Chance. Diesmal tippte sie
pmarchand ein
, mit dem Anfangsbuchstaben vorne statt hinten. Welch ein Wunder! Es funktionierte.
    Lina machte sich für das bereit, was als Nächstes kam. Helen hatte sie gewarnt, es könnte eventuell eine automatische Unterbrechung geben, damit der Computer zurückrufen und überprüfen konnte, dass der Anruf von

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