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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Augen waren geschlossen. Der Mann in den Bluejeans hob die Hand und schlug Lina auf die Wange.
    «Sieh sie dir an!», wiederholte er.
    Lina schlug benommen die Mappe auf. Es war immer dasselbe. Eine blutige Vagina. Ein fehlendes Ohr. Ein zertrümmertes Gesicht, das aus Stirn, Nase und Mund blutete. Ihre liebste Freundin, in diesen unsagbaren Posen vor der Kamera.
    «Haram»
, sagte der Mann in den Bluejeans. «Was war deine Freundin für eine Idiotin. Wir wollten doch bloß die Informationen haben, und sieh dir an, was wir mit ihr tun mussten! Ich hoffe, du bist nicht so dumm.»
    «Ist sie tot?», fragte Lina leise. Es war das Einzige, was sie wissen wollte. Als der Mann nickte, verspürte sie eine seltsame Erleichterung. Es würde nicht ewig dauern. Irgendwann würde sie erlöst werden, wie Randa.
    «Aber du musst nicht sterben,
habibti
.» Er lächelte, ein ernstes Lächeln, wie von jemandem, der sich zu sehr bemüht, einen Gast zu beeindrucken. «Um dich zu retten, brauchst du nur meine Fragen zu beantworten. Das ist alles. Verstanden?»
    «Ja», flüsterte sie, aber sie wusste, dass es eine Lüge war. Nach dem, was sie mit Randa gemacht hatten, würden sie sie nie mehr freilassen. Sie würde ihm sagen, was sie ihm sagen musste, um es schnell hinter sich zu bringen. Sie würde ihm alles sagen, was er hören wollte. Das über Hammuds Dateien, über das Computerband, über Hoffman. Nichts davon spielte noch eine Rolle. Sie hatte den Palast des Endes erreicht.
    «Dann fangen wir jetzt an. Und denk dran, nur die Wahrheit. Sonst habe ich hier meine Freunde zum Nachhelfen.» Er zeigte auf die Sammlung von Geräten, die auf dem Holztisch bereit lagen.
    Lina nickte. Sie wollte so schnell wie möglich alles hinter sich haben.
    Der Mann zündete sich eine Marlboro an. «Wann hast du angefangen, für die Israelis zu arbeiten?»
    Lina sah ihn verständnislos an. «Was?», sagte sie. Was hatten die Israelis damit zu tun? Das war eine Frage, auf die sie am allerwenigsten vorbereitet gewesen war.
    Die Stimme des Mannes wurde lauter, zorniger. «Die Israelis. Die Juden. Wann hast du angefangen, für sie zu arbeiten? Wer hat dich angeworben?»
    «Bitte», sagte Lina. «Ich arbeite nicht für die Israelis. Ich kenne keine Israelis.»
    «Ich hab dir doch gesagt, keine Lügen, und schon lügst du. Du machst mich traurig. Traurig, weil ich dir wehtun muss.»
    «Nein. Bitte. Ich bin ehrlich. Ich kenne keine Israelis. Ich hasse die Israelis. Bitte. Ich bin Araberin.»
    «Ya kaybul!»
, sagte er, den Namen des bevorzugten irakischen Folterinstruments nennend. Er nahm das Elektrokabel vom Holztisch und schlug sich damit gegen seine Jeans. «Weißt du, wir haben hier ein Sprichwort.
‹Mat jawah alkaybulat.› Sie starb unter den Kabeln.
Also keine Mätzchen mehr. Antworte mir!»
    «Wirklich. Ich arbeite nicht für …»
    Sie sprach den Satz nicht zu Ende. Der nächste Laut war ein Schmerzensschrei, als die Metallpeitsche sie über Arm und Brust erwischte. Es brannte wie ein Feuerschlag, mit einer solchen Heftigkeit, dass sie zuerst dachte, eine ihrer Rippen wäre gebrochen.
    «Kalba!»
, kreischte er. «
Yehudiya kalba! Inti mudhah lilhizb wa mudhahd lil-thawra! – Judenhündin! Du bist gegen die Partei und gegen die Revolution!
Jetzt beantworte meine Frage. Wo wurdest du angeworben?»
    Sie schrie jetzt, ein durchdringender Hilfeschrei, und hatte Mühe, genug Luft zu bekommen. Nach diesem ersten Schlag war sie bereit, ihm zu erzählen, was immer er wollte, aber sie wusste nicht, welche Lüge die richtige war. Ihr Schluchzen schien ihn noch zorniger zu machen. Der Arm ging wieder hoch, und das Kabel sauste nieder und traf sie diesmal quer über den Rücken. Es fühlte sich an, als wäre ihr ein Striemen Haut abgerissen worden.
    «Gahba!»
, brüllte er.
Hure!
«Wer hat dich angeworben, du Judenhure? Wo sind deine reichen Londoner Freunde jetzt, um dich zu retten?»
    «Min fadluk, sayyidi, min fadluk!» Bitte, Herr, bitte.
Sie schluchzte hilflos, die Arme an den Stuhl geschnallt. «Ich kenne keine Israelis.»
    «Wer hat dich angeworben?», schrie er. Er war jetzt ein Wahnsinniger. Die krumme Gestalt in Bluejeans war ein fauchendes Tier geworden. Er peitschte ihr mit dem Kabel über die Brust, zerschnitt das Fleisch auf beiden Brüsten.
    «Sam Hoffman», sagte sie. Es rutschte einfach heraus. Sie wusste nicht, ob es die Antwort war, die ihr Folterer haben wollte, aber er schien sich zu beruhigen und sah sie prüfend und neugierig an. Das

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