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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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und führte sie in einen anderen Raum. In der Mitte stand ein Untersuchungstisch, der mit Metallbügeln ausgestattet war. Lina wurden die Knie weich, als sie ihn sah. An den Wänden waren Bilder von nackten Frauen aus billigen türkischen Pornoheften. Hier sollte sie also hingebracht werden.
    «Wir nennen das hier den Vergewaltigungsraum», sagte er in einem sachlichen Ton. Er schob sie in Richtung des Untersuchungstisches. Lina sträubte sich, weil sie dachte, er wollte sie in diesem Moment nehmen, aber er ließ das Kabel so hart über die Rückseite ihrer Schenkel sausen, dass sie zu Boden fiel.
    «Steh auf.» Er packte sie im Nacken und drückte ihren Kopf zu dem verschmutzten Laken, das den Tisch bedeckte. Der Baumwollstoff war von Samen verkrustet. Die Mitte war blutrot. Er presste ihr das Gesicht in das Laken, sodass ihre Nase von dem Gestank gefüllt und ihr Mund gegen den Schmutz gepresst war.
    «Sieh es dir an. Riech es. Koste es», sagte er. «Wenn du mir noch mehr Lügen erzählst, wird das hier dein Bett.» Er riss das schmutzige Laken von dem Tisch und warf es ihr entgegen. «Das ist jetzt dein Kleid. Trag es.»
     
    Lina wurde in eine Gemeinschaftszelle gebracht, etwa so groß wie die, in der sie zuvor gefangen gehalten worden war, aber mit einem Dutzend oder mehr Frauen vollgestopft. Einige zischten, als Lina hereingestoßen wurde – noch ein Körper und so wenig Platz –, und als der Wärter Lina anspuckte und sie eine Jüdin nannte –
«Yehudiya!»
 –, wichen die anderen Frauen zurück, hatten allein schon vor dem Wort Angst. Einige deuteten auf die verblassenden Überbleibsel ihrer blondierten Haare und heulten, weil sie sicher eine Jüdin sei! Seht euch ihre Haare an. Keine richtige Araberin würde solche Haare haben. Lina kauerte auf dem Boden, in das schmutzige Laken gehüllt. Nach ein paar Minuten spürte sie die Berührung einer Hand auf ihrem Rücken. Sie zuckte erst zurück, aber die Hand klopfte ihr weiter sanft auf den Rücken. Schließlich sah Lina auf und erblickte das Gesicht einer Frau um die fünfzig. Ihr Haar war weiß und ihr Körper dürr, aber sie hatte die nachdenklichen Augen einer Lehrerin.
    «
Khatiya
! Du armes Mädchen», sagte sie. «Bist du gerade erst angekommen?»
    «Ja», sagte Lina. «Ich bin gerade erst gekommen. Sie haben mir meine Kleidung weggenommen.» Sie weinte wieder.
    «Wo bist du her? Diesen seltsamen Akzent habe ich seit Jahren nicht mehr gehört.»
    «Aus London. Mein Vater hat den Irak vor langer Zeit verlassen. Vor den Ereignissen.»
    «
W’Allah
! Was machst du hier?»
    «Das weiß ich nicht», log sie. «Es muss irgend ein Irrtum sein.»
    Die Frau streichelte ihr die Wange und zeigte auf die schlafenden Körper überall um sie herum. «Dieser Raum ist voll von Irrtümern,
habibti
. Die meisten Frauen hier wissen nicht, warum sie verhaftet wurden. Ich selbst weiß es auch nicht. Ich habe vorher an der Universität gelehrt, bevor sie mich abgeholt haben, vor fünf Jahren, und ich weiß es immer noch nicht. Zuerst haben sie behauptet, ich sei gegen den Herrscher, jetzt behaupten sie, ich sei für ihn. Es spielt keine Rolle. Sie brauchen keine Gründe.»
    Während sie miteinander redeten, hörte Lina den hohen, dünnen Klagelaut eines weinenden Babys und dann ein Rascheln auf dem Boden, ganz nah, als die Mutter dem Kind ihre Brust gab.
    «Ist das etwa ein Baby?», flüsterte Lina. Ein Neugeborenes in dieser dunklen, feuchten Zelle erschien Lina wie die Möglichkeit, doch noch zu leben. «Wie ist es hierhergekommen?»
    Die ältere Frau streichelte Lina sanft, wie eine neue Schülerin, die die Regeln nicht verstand. «Hier werden viele Babys geboren. Zu viele. Du hast den Vergewaltigungsraum gesehen?»
    «Ja.» Lina schauderte.
    «
Haram
. Es ist schrecklich, im Gefängnis ein Kind zu bekommen. Das Allerschlimmste.»
    «Warum?», fragte Lina. Das sanfte Nuckeln des Babys, das sich wieder in den Schlaf saugte, klang fast wohltuend. Etwas, wofür es sich zu leben lohnte.
    «Weil ein Kind dich viel verletzlicher macht. Das ist die grausamste Waffe, die sie haben – die Möglichkeit, Kinder leiden zu lassen –, und sie benutzen sie oft. Zu oft.»
    «Was meinen Sie damit?» Lina verstand immer noch nicht. Es gab eine Stufe der Grausamkeit, die jenseits ihres Vorstellungsvermögens lag.
    «Siehst du die Frau da drüben?» Sie deutete auf einen Haufen Knochen in einem schmutzigen Kleid. «Sie wollten Informationen über ihren Mann haben, den sie

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