Blutgeld
Sie macht mich nervös.»
Die Spannung im Raum stieg an wie der Dampfdruck in einem Kessel. Hoffman drohte Lina wieder mit dem Finger. «Wissen Sie was? Ich kriege allmählich das Gefühl, dass Sie mich nicht mögen. Habe ich recht?»
«Ich finde Sie widerlich», sagte sie leise.
«Was hat sie gesagt, Sammy? Ich muss sie wohl falsch verstanden haben. Hat sie gesagt, sie mag mich nicht?»
Lina sprach lauter. «Ich habe gesagt, dass mein Land vergewaltigt wird, und Sie verwalten das Bankkonto des Vergewaltigers. Was sind Sie also? Auf Arabisch würden wir Sie einen
gawwad
nennen. Einen Zuhälter.»
«Sie Miststück!», fauchte Frank Hoffman. Mehr brachte er nicht heraus.
«Wie viel Geld haben Sie nebenbei gemacht,
gawwad
? Wie viele Millionen haben Sie aus Oscar Trading rausgeholt? Ich weiß, dass es eine Menge war. Ich habe die Zahlungen gesehen.»
Frank Hoffman spuckte auf den Boden direkt vor Linas Füße. «Weißt du, Kleine, Hammud hat recht gehabt. Du bist wirklich eine Fotze.»
Als sich das letzte Wort auf den Lippen seines Vaters formte, stürzte Sam Hoffman auf ihn zu und holte mit der Faust aus. Aber Frank wich mit der dicken Menschen eigenen Behäbigkeit vom Tisch zurück. Er zog eine kurze klobige Pistole aus einem Schulterhalfter und fuchtelte damit vor ihnen herum.
«Ich würde das Ding hier liebend gerne benutzen, Sam. Vor allem bei deiner nervigen Freundin hier. Aber ich bin ein vernünftiger Mann und ein ehemaliger Staatsbeamter. Also hinsetzen. Beide.»
Sie kochten immer noch vor Wut, rührten sich aber nicht.
«Ich habe gesagt, hinsetzen, verdammt nochmal!» Er entsicherte die Pistole und richtete sie auf den Kopf seines Sohnes. Sie wichen beide auf ihre Stühle zurück.
«Vielen Dank, Kinder. So, und jetzt wollen wir uns alle wieder beruhigen und aufhören, uns gegenseitig zu beschimpfen. Bitte! Weil das hier allmählich ein bisschen außer Kontrolle gerät. Tut mir leid, dass ich Fotze zu Ihnen gesagt habe. Aber Sie spielen wirklich in der falschen Mannschaft. Also hören Sie auf, sich mit Onkel Frank anzulegen. Klar?»
Lina starrte ihn schweigend an, ohne auf seine Entschuldigung zu reagieren, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Frank zuckte die Achseln und wandte sich zu seinem Sohn.
«Sammy, Junge, ich muss mit dir reden.»
«Dann rede.»
«Allein. Sonst – und das kann ich dir versprechen – wird diese Geschichte ein unglückliches Ende nehmen. Besonders für Miss Gumbah hier. Ich bin das Geringste ihrer Probleme. Dieses Mädchen hat sich Feinde gemacht, von denen sie nicht einmal was ahnt. Also lass uns reden – du und ich – und sehen, was wir klären können. Ist das ein annehmbarer Vorschlag?»
Sam lehnte sich zu Lina vor und legte die Hände um ihr Ohr. «Was möchtest du? Soll ich mit ihm reden?»
«Keine faulen Kompromisse», flüsterte sie zurück. «Red mit ihm, wenn du willst. Aber lass dich auf keine faulen Kompromisse ein, mit niemandem. Ich kann’s nicht. Ich habe ein Versprechen abgegeben.»
Sam wandte sich wieder zu seinem Vater. «Okay», sagte er. «Reden wir.»
«Braver Junge. Es gibt also doch noch Hoffnung.» Frank Hoffman nahm den Telefonhörer ab und drückte auf den roten Knopf, um Mercier zu rufen.
«Hallo, Kumpel. Frank hier. Mein Sohn und ich müssen mal einen Spaziergang machen, um einen klaren Kopf zu kriegen. Wir werden das Mädchen für ein paar Stunden hierlassen. Geht das in Ordnung? Sie kann ein paar Zeitschriften lesen und sich die Nägel lackieren. Wir kommen dann wieder und holen sie ab. In Ordnung? Gut. Danke.»
«Schön hierbleiben, Betty Boop», sagte er zu Lina. «Stellen Sie keine Dummheiten an. Sammy, du kommst mit mir.» Er packte seinen Sohn am Arm, so wie er es früher getan hatte, wenn er den kleinen Sam über die Straße führte, und lotste ihn aus dem Konferenzraum hinaus.
38
Frank Hoffman stürmte aus der Crédit Mercier auf die Straße hinaus und rief nach einem Taxi. Die Vormittagssonne war schon heiß. Der alternde Exspion knöpfte sich die Weste auf, um seinen Bauch aus dem einengenden Dreiteiler zu befreien, und wischte sich die Stirn mit der Krawatte ab. Bei Frank Hoffmans unerschöpflicher, roher Energie konnte man leicht vergessen, dass er ein alter Mann war. «Fahren wir zu meinem Hotel und trinken was, mein Junge», sagte er. «Deine Freundin hat mich ausgelaugt.»
«Ich will nichts trinken, Dad.»
«Aber ich, dein Pech.»
Vor ihnen hielt ein Taxi. «Fahren Sie uns zum Noga Hilton», sagte Frank.
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