Blutgeld
ist.»
«Dann erzähl sie mir.»
«Würdest du dich dann besser fühlen, wenn Daddy dir die Wahrheit sagt und dir einen Gutenachtkuss gibt?»
«Mann! Hör doch endlich mal auf, immer den Zyniker zu spielen. Rede doch einfach mit mir!»
Frank legte den Kopf schief. «Im Ernst?»
Sam nickte. «Probier’s doch mal. Die Wahrheit wäre zur Abwechslung interessant.»
«Also gut», sagte Frank Hoffman. Er sah sein Glas zärtlich an und leerte es zur Hälfte mit einem großen Schluck. «Aber mach dich auf was gefasst, weil das eine Weile dauern wird. Der Teil mit dem Irak ist bloß das letzte Kapitel. Gewissermaßen der Zuckerguss auf dem Baklava.»
«Macht nichts. Ich habe den größten Teil meines Lebens darauf gewartet, diese Geschichte zu hören.»
«Okay. Dann werde ich dir jetzt das größte Geheimnis erzählen, das ich kenne. Das größte Geheimnis, das es gibt. Hörst du zu?»
«Ich höre.»
«Hier ist es: Die arabische Welt ist größtenteils ein Produkt der CIA . Meine Freunde und ich haben die letzten vierzig Jahre damit zugebracht, jeden König, Präsidenten und Emir im Nahen Osten zu bestechen oder zu linken. Und weißt du was? Was ich niemandem gegenüber zugeben würde, außer meinem eigenen Sohn? Wir haben gute Arbeit geleistet. Und ich bin verdammt nochmal stolz darauf. Also versau mir mein Lebenswerk nicht. Verstehst du, was ich sage?»
«Ehrlich gesagt, nein.»
«Natürlich nicht. Eine zu große Vorstellung für so einen kleinen Geist. Also gehe ich’s ganz langsam an, von vorne. Die fünfziger Jahre. Wir haben den Schah im Iran an die Macht gebracht. Wir haben König Hussein in Jordanien an die Macht gebracht. Wir haben die Söhne von König Abd al-Aziz in Saudi-Arabien an die Macht gebracht. Wir haben den Präsidenten des Libanon und das halbe Parlament gekauft. Wir haben sogar Nasser in Ägypten einkassiert. Wir hatten sie alle am Wickel, verstehst du? Am Wickel. Dein Alter hat seine Tage damit verbracht, Aktenkoffer voller Geld zu Palästen in Amman, Beirut und Teheran zu bringen. Und sie haben es alle genommen. Jeder.»
«Das ist zwar hochinteressant, aber die Story über den Schah und König Hussein kennt doch jeder.»
«Kann sein, aber die Sache ist die, dass das nicht alles war. Springen wir in die siebziger Jahre, wo die allgemeine Lage etwas brenzlig wird. Die alten Furze sind auf dem absteigenden Ast, und die jungen Burschen wollen arabische Radikale werden und schwedische Mädchen bumsen. Also haben wir das Drehbuch ein bisschen geändert. Wir hatten die Finger mit im Spiel in Ägypten; wir haben Sadat in den Sattel geholfen. Wir haben Hafiz al-Assad in Syrien unterstützt. Wir haben sogar diesem Gaddafi ein bisschen geholfen, als er in Libyen die Macht übernahm.»
«Nein.» Sam schüttelte den Kopf.
«Du hast richtig gehört. Aber unsere beste Nummer war die mit den bösesten Buben im Kiez, den Palästinensern. Die PLO hat uns
gehört
. Wir haben Arafats Geheimdienstchef angeworben, damit er für uns spioniert. Einer meiner Jungs hat das gemacht, damals in Beirut, mit einem V-Mann, der von mir rekrutiert worden ist. Und
shazzam
! Keine Probleme mehr, jedenfalls nicht für uns. Dass sich Israelis und Palästinenser immer wieder gegenseitig erschießen, ist ihr Problem.»
Frank leerte sein Glas und ließ einen langen rollenden Rülpser los. Während er sich da in seinem Sessel zurücklehnte und das leere Glas auf der ausladenden Wölbung seines Bauchs balancierte – aus Vergnügen darüber lächelnd, wie er und seine Kollegen über mehrere Jahrzehnte eine ganze Region des Planeten manipuliert hatten –, lag auf Frank Hoffmans Gesicht das böse, zufriedene Lächeln eines Anti-Buddhas.
«Noch einen Whisky?»
«Ja, Sir!» Frank reichte sein Glas seinem Sohn, der es füllte und sich dann auch noch einmal einschenkte.
«Weiter», sagte Sam. «Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir das alles glaube, aber es ist eine gute Story.»
«Wir fangen gerade erst an, mein Junge. Frag mich über die OPEC . Das Culinary Institute of America kann doch bestimmt nichts mit der Schaffung des Ölkartells zu tun gehabt haben. Unmöglich, sagst du. Aber du irrst dich, Sammy-Boy. Wir wussten, dass sie das Öl verstaatlichen würden, also haben wir dafür gesorgt, dass es in die richtigen Hände ging, womit jene ehrenwerten Herren gemeint sind, die wir an die Macht gebracht hatten. Wir haben ihnen eine Armee von Anwälten und Bankern und Buchhaltern geschickt, die ihnen gesagt haben, wie man das
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