Blutgeld
«Und drücken Sie auf die Tube, Kumpel.» Er redete mit jedem in demselben schroffen, vulgären Englisch, das irgendwie immer verstanden wurde.
Das Taxi brachte sie zum Hotel, dessen Fassade wie ein Eisblock am Nordufer des Sees glänzte. Frank steuerte auf die Bar neben dem Casino zu. Sie war zu dieser Stunde dunkel und leer. «Geben Sie mir eine Flasche Scotch, Antoine», sagte er zum Barkeeper. «Setzen Sie’s auf meine Rechnung.» Der Barkeeper holte eine Flasche Chivas Regal hinter der Theke hervor und tat sie in eine braune Papiertüte. Hoffman zog einen Fünfzig-Dollar-Schein aus der Tasche und stopfte ihn dem Barkeeper in die Hand. «Kaufen Sie Ihrer Frau irgendwas Nettes», sagte er.
Frank ergriff wieder Sams Ellbogen und steuerte ihn zu den Aufzügen. Sie gaben ein ungleiches Paar ab: der Ältere, gebaut wie ein Hydrant, der mit aufgeknöpfter Weste und einer braunen Tüte in der Hand durch die Lobby schnaufte; der jüngere, groß und dünn, der sich, während er vorwärtsgeschoben wurde, gegen den Griff seines Vaters sträubte. Frank ließ Sams Ellbogen erst los, als sie zu seiner Suite kamen.
Frank schloss die Tür auf. Als er das tat, ertönte eine Frauenstimme vom Schlafzimmer. «Ach du Scheiße», sagte er. «Die hatte ich ganz vergessen.»
«Zieh Leine, Fifi», rief er. «Ich hab hier was Geschäftliches zu erledigen.»
Die Frau kam in den Salon. Sie war nackt, bis auf ihren Slip. Sie hatte große Brüste, die ihr fast bis zum Nabel herunterhingen, und einen angenehm leeren Gesichtsausdruck. Frank zog fünf frische Hundert-Dollar-Scheine aus seiner Brieftasche und gab sie ihr.
«Verschwinde», sagte er. Sie huschte ins Schlafzimmer zurück, um sich anzuziehen, und ging dann durch die andere Tür hinaus. Der schwere Geruch ihres Parfüms hing noch in der Luft.
«Wer war das denn?», fragte Sam.
«Eleanor Roosevelt. Geh mir nicht auf die Nerven, Kleiner. Sie ist eine Dirne. Kann dir doch egal sein, wer sie ist, oder?»
«Du hast recht. Ist mir egal.» Solange er sich erinnern konnte, hatte Sam Hoffman zugesehen, wie sein Vater hinter jungen Frauen her war. Je billiger und aufgetakelter sie aussahen, desto besser schienen sie ihm zu gefallen. Es hatte fast etwas Heldenhaftes, diese Verfolgung von billigem, gewerblichem Sex. Als Sam klein war, hatte sein Vater ihn in ein Striplokal in Beirut mitgeschleppt und ihn genötigt, sich eine empörende, obszöne Show anzusehen, in der eine Schlange und ein Deutscher Schäferhund auftraten. Sam hatte den größten Teil seiner Pubertät damit verbracht, diese Bilder wieder aus seinem Kopf zu verbannen. Aber sein Vater war immer noch da, in der ersten Reihe, und brüllte «Wuff, wuff!».
Frank goss zwei große Gläser mit Whisky voll. «Soda oder Wasser?», fragte er.
«Nur Eis.»
«Wow. Sehr erwachsen. Sicher, dass du damit fertigwirst?»
«Hör auf, Dad. Ich dachte, du wolltest reden. Sonst können wir’s vergessen.»
«Ich
will
reden. Es fällt mir nur schwer, mich zu entspannen, bevor ich nicht irgendwelche Widerlichkeiten von mir gegeben habe. Aber jetzt geht’s mir gut. Wie geht’s Mama?»
«Gut, aber wir sind nicht hierhergekommen, um über sie zu reden.»
«Okay, zum Teufel mit deiner Mutter.» Frank streifte seine Schuhe ab und legte die Füße auf den Couchtisch. «Reden wir über den Irak. Wir haben ein ernstes Problem, du und ich. Hammuds Jungs sind stinksauer, dass deine Freundin aus Bagdad entwischt ist, und sie sind hochgradig sauer auf dich und deinen saudischen Wichserfreund, weil ihr das arrangiert habt, und auch sauer auf deinen Alten, weil er es zugelassen hat. Wir müssen uns also was einfallen lassen, und zwar schnell.»
Sam sah weg. Er war immer noch erschüttert von den Ereignissen des Tages. «Wie konntest du das tun, Dad?»
«Was tun?»
«Mit diesen Arschlöchern zusammenzuarbeiten. Ich dachte, selbst du würdest vor so was haltmachen.»
«Das ist ein schmutziges Geschäft, mein Junge. Du tust, was du tun musst. Was hast du geglaubt, mit wem ich all die Jahre gearbeitet habe? Mit Tante Mildred?»
«Komm mir nicht damit. Das sagst du immer, als wäre das eine Entschuldigung für alles. Ist es aber nicht. Jedes Geschäft ist nur so schmutzig, wie du es machst.»
«Hört sich schön an, mein Junge, das einzige Problem ist nur, dass du keine Ahnung hast, wovon du redest. Die Gründe, warum ich mit dem Irakkonto zu tun habe, sind völlig einsichtig, wenn du die Geschichte kennen würdest. Was nicht der Fall
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