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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Das gehört irgendwie dazu, wenn man mit meinem Dad redet.»
    «Was sind Männer doch für jämmerliche Geschöpfe», sagte sie. Sie schob ihn sanft aus dem Hof zur Straße. Er wandte sich nach links, zum See und zum Hotel am anderen Ufer. Als Sam verschwunden war, ging Lina nach rechts, in Richtung Güterbahnhof, zu ihrem kleinen Zimmer und zu ihrem PC .

40
    In Genf wimmelte es von nachmittäglichen Spaziergängern, die in Grüppchen, zu zweit oder zu dritt durch die Stadt schlenderten, sodass eine Frau allein in ihren Schatten fast verschwinden konnte. Lina ging ihren Weg durch die Stadt im Zickzack. An jeder neuen Kreuzung spähte sie um die Steinfassade und hielt nach den irakischen Agenten Ausschau, die, wie sie wusste, immer noch da draußen waren und sie suchten, egal was Sams Vater versprochen hatte. Sie vermutete, dass sie wieder vor Crédit Mercier gewartet hatten, genau wie letztes Mal. Jetzt würden sie ihre Späher auf die Straße schicken. Es war nicht Sams Schuld, sagte sie sich. Erst wenn man dieser Bestie ins Gesicht gesehen hatte, konnte man sie verstehen, vorher nicht. Vorher verstand man gar nichts.
    Sie hielt an jeder Biegung nach dunkelgesichtigen Männern in Bluejeans, in Regenmänteln oder grünen Gabardine-Anzügen Ausschau oder nach glatzköpfigen Männern in Tweedjacken, nach Männern, die so taten, als würden sie Zeitung lesen. Sie hatte keine Ahnung, wie sie tatsächlich aussehen würde, diese nächste Serie von Verfolgern. Sie würden sich erst bei der Verfolgung zu erkennen geben. Als sie zu einer großen Einkaufsstraße kam, die Boulevard Helvétique hieß, blieb sie stehen. Es war eine belebte Durchgangsstraße mit vielen Bussen und Taxis, ein naheliegender Platz für eine Überwachung. Sie überlegte sich, ob sie ein Taxi nehmen sollte, beschloss dann aber, weiter zu Fuß zu gehen. Sie hielt sich dicht hinter zwei deutschen Geschäftsleuten, die sich angeregt unterhielten. Sie hatte vor, den Boulevard weiter hinunterzugehen, über den Fluss L’Arve bis zu ihrer Pension in der Nähe des Güterbahnhofs. Plötzlich registrierte sie etwas am äußeren Rand ihres Gesichtsfeldes. Es war eine rasche Bewegung, wie ein Vogel, der schnell in Deckung geht. In einem Café, an dem sie gerade vorbeigegangen war, war ein Mann aufgestanden und holte schnell hinter ihr auf. Sie drehte sich nach ihm um. Er war kurz und stämmig und hatte einen ausgebeulten Anzug an. Er sah weg, als sich ihre Blicke trafen.
    Sie bog schnell rechts in eine kleine Straße ein, die Rue Senebier hieß. Als der kleine Mann in dem braunen Anzug hinter ihr um die Ecke kam, begann sie zu rennen. Sie hörte hinter sich seine Schritte auf dem Kopfsteinpflaster hallen. Am Ende der Straße war ein großer Park, der an die Universität von Genf grenzte. An einer Ecke stand ein Polizist. Sie dachte kurz daran, ihn zu Hilfe zu rufen, wie sie es schon einmal am See getan hatte, aber dann fiel ihr Merciers Drohung ein, sie der Schweizer Polizei zu übergeben.
    Glänzende BMW und Mercedes verstopften die Kreuzung. Lina schlängelte sich durch den Verkehr und rannte weiter Richtung Park. Ihr Beschatter folgte ihr, ohne an Distanz zu verlieren, achtete aber darauf, ihr nicht zu nahe zu kommen, um keine Szene zu provozieren. Das waren die Genfer Regeln. Keine Waffen, keine groben Geschichten in der Öffentlichkeit, nichts, was die Schweizer Behörden veranlassen könnte, gegen die arabischen Geheimdienste vorzugehen, die sich in der Stadt niedergelassen hatten. Lina sah sich um. Er war auch noch langsam. Langsam und dick. Sie wusste, sie würde ihm entkommen können. Es war, als sei bei ihr der Angstschalter ausgeknipst.
    Sie passierte das Eingangstor zum Park. Ein Stück vor ihr war eine Laubwand. Sie rannte über den grünen Rasen und bog hinter eine große Tanne. Dahinter befand sich eine dichte Hecke. Sie war vielleicht dreißig Meter lang, säumte eine Gartenanlage und bot das beste Versteck, das sie hier finden konnte. Lina rannte darauf zu und schob sich hinein, bog die dicken Äste weg. Als sie die Mitte der Hecke erreicht hatte, kauerte sie sich hin. Der kleine Mann war um die Tanne herumgekommen und suchte sie. Sie sah den braunen Stoff seines Anzugs, als er auf die Hecke zukam. Er arbeitete sich zu ihr vor, spähte in die Hecke, schüttelte die Äste.
    Lina saß reglos da und hielt den Atem an. Der Mann in dem braunen Anzug war jetzt auf gleicher Höhe mit ihr und fingerte keuchend an der Hecke herum. Er ging vorbei,

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