Blutgeld
anscheinend ohne etwas zu bemerken, und blieb dann stehen. Er holte plötzlich tief Luft und musste niesen.
Al hamdu lillah!
Der Mann war gegen irgendwas allergisch. Er setzte seine Jagd fort, niesend und Zweige beiseiteschiebend. Als er das Ende der Hecke erreicht hatte, bog er um die Ecke und ging stolpernd zu einem anderen Teil des Parks. Lina wartete noch zehn Minuten im Gebüsch und verließ dann wieder den Park durch den Ausgang, durch den sie gekommen war. Das Abenteuer hatte eines bestätigt: Sam irrte sich. Trotz der Versprechungen seines Vaters waren die irakischen Hunde immer noch los.
Madame Jaccard, die die Pension führte, schimpfte mit Lina, als sie endlich eintraf. Wo sie gestern Nacht gewesen sei und warum sie nicht angerufen habe und ob sie eigentlich eine Vorstellung habe, was für Sorgen sie sich gemacht hatte? Dieses plötzliche Verschwinden werde ihr allmählich zu viel! Lina entschuldigte sich und versprach, in jedem Fall anzurufen, wenn sie mal wieder bis spät wegblieb. Die alte Frau nickte kokett, als wolle sie in die Verschwörung mit eingeweiht werden. «Wer ist es?», fragte sie. Lina legte den Finger an die Lippen.
Der PC war noch dort, wo Lina ihn gelassen hatte, neben dem Bett. Ihre übrigen Sachen schienen auch nicht angerührt worden zu sein. Sie duschte ausgiebig, um sich Zeit zum Nachdenken zu geben. Es war ein Kriegsrat mit nur einer Kriegerin. Ihr Ziel war klar: Hammud so viel Schaden zuzufügen, wie sie nur konnte. Aber wie? Was sie jetzt antrieb, war nicht nur das Gelübde, das sie in Bagdad abgelegt hatte. Tatsächlich hatte sie gar keine andere Wahl. Nach London zurückzukehren war keine Alternative, egal wie Sam darüber dachte. Es hieß gewinnen oder sterben. Sie wusste auch, dass sie den Plan, der in ihrem Kopf Gestalt angenommen hatte, nur mit einem weiteren Verbündeten erfolgreich ausführen konnte. Nach ein paar weiteren Minuten des Überlegens und einer Schale Müsli von Madame Jaccard wählte sie Helen Copakens Nummer in London.
«Hallo», sagte sie, als ihre Freundin abnahm. «Weißt du, wer hier ist?»
«Ich glaub schon», brüllte Helen ins Telefon. «Rede mit mir, damit ich weiß, dass du nicht tot bist.»
«Ich bin nicht tot. Ich hab’s in die Schweiz geschafft, und mir geht’s gut, und ich habe ungefähr fünftausend Dollar mit deiner Kreditkarte ausgegeben.»
«Kein Problem wegen der Kreditkarte. Ich werde einfach behaupten, du hättest sie gestohlen. Aber ich muss dir sagen, du wirst von einer Menge Leute gesucht. Ein paar Stunden nachdem du weg warst, kam hier ein unheimlicher Typ vorbei, und am nächsten Tag ist die Polizei aufgetaucht und hat Fragen gestellt. Und da sind auch noch andere Typen gekommen, die ganze Woche lang. Sah übel aus.»
«Was hast du ihnen gesagt?»
«Nichts. Ich habe gesagt, ich hätte keine Ahnung, wovon sie reden. Ich hätte dich seit Wochen nicht mehr gesehen. Aber nervös haben sie mich schon gemacht. Ist wirklich alles in Ordnung?»
«Ja, bestens. Aber ich brauche nochmal etwas Computer-Nachhilfe. Hast du ein paar Minuten Zeit?»
«Sicher. Was brauchst du jetzt für Tipps?»
«Die gleichen wie vorher. Einbruch.»
«Bravo! Wie verlief die letzte Eskapade? Haben meine Tricks alle funktioniert?»
«Vorzüglich. Ich scheine für diese Art von Arbeit sogar eine richtige Begabung zu haben.»
«Herzlichen Glückwunsch. Ich hab doch gewusst, dass es in dir steckt. Und was ist dein nächster Coup?»
«Ich will eine Milliarde Dollar stehlen.»
«Gut so! Halt dich nicht mit halben Sachen auf. Wag es.»
«Das ganze ist natürlich rein hypothetisch.»
«Natürlich. Und ich habe sowieso kein Wort von dem geglaubt, was du mir erzählt hast. Also schieß los.»
«Okay. Angenommen, jemand hat vor, eine Milliarde Dollar telegraphisch zu transferieren. Und angenommen, du kennst den Namen und die Kontonummer der Schweizer Bank, von der das Geld abgehoben wird. Und du kennst den Namen des Supervisors dieser Bank und den Telexanschluss, den sie benutzen, um telegraphische Überweisungen zu tätigen.»
«Alles klar. Bis jetzt kann ich dir folgen.»
«Und sagen wir, du kennst auch die Namen und Kontonummern von acht kleinen Banken in entlegenen Orten, wohin das Geld deiner Vermutung nach überwiesen werden soll. Und du kennst die Telexnummern, die sie für Telexüberweisungen verwenden.»
«Alles klar. Macht Spaß. Weiter.»
«Und sagen wir, du willst – immer noch rein hypothetisch – so viel von dem Geld, das an
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