Blutgeld
sie vorbeikommen könne, kam dann aber zu dem Schluss, dass sie dem Telefon nicht trauen konnte. Sie betrachtete ihr Spiegelbild im Fenster. Sie hatte wie üblich ihren kurzen Rock und den engen Pullover an. Sie wünschte sich jetzt, dass sie etwas Geschäftsmäßigeres angezogen hätte.
14
HOFFMAN ASSOCIATES stand auf dem Schild an der Tür. Lina klopfte zunächst leise, und als sich nichts rührte, drückte sie auf die Klingel. Durch die Tür konnte sie eine Frauenstimme hören. Sie hatte einen karibischen Akzent und sang «I love it when you call me names». Lina hörte genau hin, um sich zu überzeugen, dass es eine Tonbandaufnahme war, und klopfte dann noch einmal fester. Sie war nervös und fragte sich, wo es mit ihr hinging, fast wie ein Käfigvogel, der zu seinem ersten Flug in die Freiheit aufbricht.
«Niemand zu Hause», rief eine Stimme von drinnen.
Vielleicht sollte ich lieber morgen noch einmal vorbeikommen, dachte Lina. Er ist wahrscheinlich mit jemandem zusammen. Aber bei dem Gedanken, ins Büro zurückzugehen, ohne mit Hoffman gesprochen zu haben, spürte sie, wie sich ihr der Magen zusammenzog. «Bitte machen Sie auf», rief sie durch den Briefschlitz. «Es ist wichtig.»
«Moment», brummte die Stimme. Die Tür ging einen Spalt auf, und Hoffman steckte den Kopf hinaus. Er trug eine Jogginghose, ein T-Shirt und eine Baseballmütze, auf der «Havana» stand. Er sah verschlafen und abwesend aus, so als wäre er gerade aufgeweckt worden. Als er Lina erkannte, trat ein überraschter und verlegener Ausdruck auf sein Gesicht.
«Was machen Sie denn hier?», sagte er. «Ich dachte, es ist die Putzfrau.»
«Kann ich reinkommen?» Sie glühte beinahe vor Erwartung – frischer Lippenstift, rote Wangen, nervöses Lächeln. Hoffman zu besuchen war für sie ein Ereignis, eine Art Coming-out.
Hoffman zog die Tür ein paar Zentimeter weiter auf, sodass sie durch den Spalt hineinschlüpfen konnte. Er war jetzt ganz wach, aber nicht weniger verwirrt durch ihre plötzliche Anwesenheit. Er zog seine Mütze ab und kratzte sich am Kopf.
«Mal im Ernst, Lina», sagte er. «Was machen Sie hier? Ist das für Sie nicht gefährlich?»
«Ich war vorsichtig. Ich bin zweimal in der U-Bahn umgestiegen und habe dann ein Taxi genommen.»
«Sehr gut», sagte Hoffman. Er fragte sich immer noch, was sich in den letzten vierundzwanzig Stunden ereignet haben konnte, dass sie ihre Angst überwunden hatte. Sie würde es ihm erklären oder auch nicht. «Setzen Sie sich», sagte er und führte sie zu einer der beiden Sitzgarnituren, die im hinteren Ende des Raumes standen. Sie nahmen beide Platz, dann stand er wieder auf, um die Stereoanlage auszuschalten, aus der immer noch «I love it when you call me names» schallte. Die Stille schien plötzlich sehr laut.
«Kann ich Ihnen irgendwas anbieten?», fragte er, nachdem er sich wieder auf die Couch niedergelassen hatte. «Tut mir leid, hier sieht’s furchtbar aus. Meine Sekretärin ist weg. Genau genommen hat sie gekündigt, vor ein paar Wochen.» In seiner Verwirrung plapperte Hoffman, nur um etwas zu sagen.
«Ich weiß, dass ich zu einer ungünstigen Zeit gekommen bin», sagte Lina, «aber ich musste Sie unbedingt sprechen. Ich hätte mich telefonisch ankündigen sollen.»
«Bloß nicht! Ich bin nur überrascht. Nach dem Zwischenfall gestern im Park dachte ich, Sie würden in Zukunft einen großen Bogen um mich machen. Was ist passiert? Ich meine, was gibt’s?»
Lina entgegnete zunächst nichts darauf. Sie zog ihren Rock zurecht, wobei sie sich wieder wünschte, sie hätte einen längeren an. «Ich sollte Ihnen erklären, wieso ich hier bin. Es ist kein Höflichkeitsbesuch, Mr. Hoffman.»
Sie klang so förmlich, dass Hoffman ein Lächeln unterdrücken musste. «Nicht? Schade. Was ist es dann?»
«Was Geschäftliches.»
«Großartig. Welcher Art?» Er zog an den Beinen seiner Jogginghose, die ihm die Waden hinaufgerutscht war, sodass seine haarigen Beine sichtbar wurden.
«Ich habe darüber nachgedacht, was Sie letztens gesagt haben … dass Mr. Hammud für jeden eine Bedrohung sei, und ich denke, Sie haben recht. Ich möchte Ihnen helfen, irgendwas dagegen zu unternehmen, wenn ich kann.»
Sie redete überstürzt, und ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet. Während sie sprach, beobachtete Hoffman, wie ihre Lippen die Worte formten. Vielleicht lag es daran, dass er gerade von einem Nickerchen aufgewacht war, aber er musste sie immerzu ansehen. Sie hatte ihre kleine
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